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Die dunkle Seite

Die dunkle Seite

Titel: Die dunkle Seite
Autoren: Frank Schätzing
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in Bewegung. Sein Angst wuchs ins Unermeßliche, aber der Gedanke an Nicole trieb ihn vorwärts, bis er die rostige Klinke heruntergedrückt und die Türe geöffnet hatte.
    Sein erster Eindruck war Schwärze. Kühle Luft wehte ihm entgegen. Es roch nach Schimmel.
    »Komm rein und mach hinter dir zu.«
    Marmann gehorchte. Das Zuschlagen der Tür erzeugte ein Geräusch, dessen Schallwellen sich bis in die entferntesten Winkel des Gebäudekomplexes auszudehnen schienen. Noch bevor er seine Umgebung sah, wußte Marmann, daß der Raum riesig sein mußte.
    Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit.
    Er befand sich in einem fast leeren Lager von beträchtlichen Ausmaßen und einer Deckenhöhe von gut und gerne fünf Metern, abgestützt von diversen Pfeilern. Direkt vor ihm führte eine freischwingende Stahltreppe nach oben und verschwand in einem Schacht. Fenster gab es nur zum Rhein hin. Bis auf einige Regale, die sich matt gegen die schwärzlichen Wände lehnten, war der Raum vollkommen leer. Dazwischen zeichneten sich gewaltige Flü‐
    geltüren in der Finsternis ab.
    Ein Lastenaufzug.
    »Entschuldige, wenn ich es an der nötigen Beleuchtung fehlen lasse«, sagte Lubold. »Kannst du mittlerweile was erkennen?«
    »Ja.«
    »Siehst du den Aufzug?«
    »Ja, ich sehe ihn.«
    »Geh dorthin und warte.«

    Marmann lauschte dem Nachhall seiner Schritte, während er zur hinteren Seite des Raumes ging. Außer den Geräuschen, die er selber machte, war es totenstill.
    Er wartete vor den geschlossenen Türen.
    Hinter ihm raschelte etwas.
    In panischer Angst fuhr er herum und sah undeutlich etwas die Wand entlanghuschen. Sein Herz setzte einen Schlag lang aus und pochte weiter, als wolle es dem Brustkorb entkommen.
    Dann entfuhr ihm ein nervöses Gelächter.
    Ratten.
    Wegen einer Ratte hätte er sich fast...
    Ein Kreischen erfüllte die Luft. Irgendwo sprang ein Aggregat an.
    Über ihm setzte sich etwas in Bewegung. Die Aufzugtüren dröhnten und vibrierten, als die Kabine ihre Fahrt aufnahm und dem Erdgeschoß entgegenratterte.
    Unwillkürlich trat Marmann einen Schritt zurück und hielt die Luft an. Die schmalen Glasschlitze in den Türen schienen von oben vollzulaufen mit Licht.
    Mit einem Rucken kam der Aufzug zum Stehen.
    Lubold? Nicole?
    Die Türen glitten auseinander.

17.51 Uhr. Vera
    Sie verließ die DeTechtei und lief auf die andere Straßenseite, wo wenige Meter weiter der Boxster geparkt stand.
    Im selben Moment sah sie den Polizeiwagen.
    Er kam im hohen Tempo auf sie zugefahren. Vera widerstand dem Impuls, loszulaufen, und ging in gemächlichem Tempo weiter. Der Wagen fuhr an ihr vorbei, ohne daß man ihr Beachtung schenkte.
    Vor der DeTechtei kam er mit quietschenden Reifen zum Stehen.
    Zwei Polizisten sprangen heraus und verschwanden in großer Eile im Innern des Hauses.
    Sekunden später donnerte der Boxster die Schaafenstraße hoch und bog zum Neumarkt ab.
    Vera versuchte, sich zu entspannen. Sie war ihnen knapp entkommen, was immer die Kerle gewollt hatten. Natürlich würde Menemenci innerhalb der nächsten fünf Minuten zur Jagd blasen.
    Viel Zeit blieb ihr nicht. Aber bis zur Werft müßte sie es schaffen.
    Während sie den Boxster Richtung Rheinufer steuerte, zog sie Menemencis Karte hervor und wählte die Nummer des Präsidiums.
    Man sagte ihr, er sei unterwegs.
    Sie unterbrach das Gespräch und gab die zweite Nummer ein. Vor ihr gabelte sich die Straße. Links ging es hoch zur Deutzer Brücke.
    Sie hielt sich rechts und fuhr auf die Rheinuferstraße. Im selben Moment baute sich die Verbindung auf.
    »Menemenci.«
    »Gemini.«
    Einen Augenblick war es still.
    »Sie haben vielleicht Nerven.« Menemenci klang, als wolle er sie fressen. »Wo zum Teufel sind Sie?«
    »Auf dem Weg zu Lubold.«
    »Sie erzählen einen Haufen Scheiße! Wir haben in München ein Feuerzeug verhaftet.«
    »Ich weiß«, sagte sie.

    »Sie wissen wohl alles, was?« knurrte Menemenci. »Wenn Sie keinen Riesenärger wollen, sollten Sie Ihren Arsch jetzt aufs Revier bewegen, und zwar schnell.«
    »Ich bewege meinen Arsch dahin, wo es mir paßt. Menemenci, ich brauche Ihre Hilfe.«
    »Sind Sie übergeschnappt?«
    »Ich brauche Ihre Hilfe!« schnauzte Vera. »Sind Sie schwerhörig?
    Wollen Sie Lubold ans Kreuz nageln oder nicht?«
    Sie hörte, wie Menemenci nach Luft schnappte. Dann sagte er mit erstaunlicher Gelassenheit:
    »Gut. Reden Sie.«
    »Das Feuerzeug war ein Ablenkungsmanöver. Ich glaube, Lubold ist in der Alten Werft
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