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Die dunkle Seite des Mondes

Die dunkle Seite des Mondes

Titel: Die dunkle Seite des Mondes
Autoren: Martin Suter
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war attraktiv und nicht mehr gut zu sprechen auf Geiger, von Berg, Minder & Blank. Sie hatte Details geliefert über die seltsame Veränderung von Blank und seine Besessenheit mit allem, was mit Wald zu tun hatte. Aber das war zwei Tage her. Die Geschichte lief sich tot.
    Moor ging die neuesten Hinweise durch und markierte sie mit Fähnchen auf der Karte. Eines steckte ganz nahe bei Dellikon.
    Pilz-Joe Gasser war in der Nähe von Dellikon verbrannt. Es kam wieder Leben in die Story.
    Moor fuhr mit einem Fotografen zu Hans Kunz. Erst als er ihn interviewt hatte, informierte er Blaser. Es machte ihn bei diesem nicht beliebter.
    Die Beschreibung, die Kunz vom Verdächtigen abgab, war gut. Er habe ausgesehen wie auf dem Foto, nur zerzauster. Er habe zwar einen Rucksack getragen und sei auch sonst gekleidet gewesen wie ein Tourist. Aber Rucksack und Kleider seien schmutzig gewesen. Er habe gewirkt wie einer, der schon lange kein Bett mehr gesehen habe. Und gestunken habe er wie jemand, der neben dem Feuer schläft.
    Kunz hatte gesehen, daß der Mann Richtung Rotenstein gegangen war. Dort in der Nähe lag, was vom Fichtenhof noch übrig war.
    Blaser rief Welti an. Er hatte am nächsten Morgen keinen Dienst. »Dann komm um sieben. Und bring deinen Rambo mit«, hatte Blaser gesagt.
    Erst gegen acht war es jetzt hell genug, daß Blank seine Inspektion der Pilzplätze beginnen konnte. Er fing bei den Eiben vor der Höhle an und arbeitete sich langsam bis zu den Felsen am Anfang des Tobels zurück. Dort wechselte er auf die andere Seite.
    Gegen Mittag hatte er seine Runde fast beendet und nichts als Grünspanträuschlinge, Bärtige Ritterlinge und Samtfußkremplinge angetroffen. Alles ungenießbare Pilze.
    Aber ganz in der Nähe der Höhle wurde seine Mühe doch noch belohnt. Unter einer Gruppe mehrstämmiger Eiben sah er es schon von weitem gelb leuchten. Es waren zwar keine Safrangelben Samthäubchen, aber immerhin Gelbe Kraterellen, ein hervorragender Speisepilz. Die Schnecken hatten ihnen schon übel mitgespielt, von einigen waren nur noch die Stiele übrig. Blank pflückte alle eßbaren Teile. Er hatte schon lange nichts Anständiges mehr gegessen. Der Bach führte viel Wasser und hatte zwei Reusen mitgenommen. Die beiden anderen waren leer.
    Er legte die Pilze auf den flachen Stein neben der Feuerstelle, der ihm als Brett diente. Er legte Holz auf und blies in die Glut, bis Flammen aus dem Reisig knisterten.
    Als er sich den Pilzen zuwandte, hatte sich ein Stiel blau verfärbt.

19
     
    Pius Ott machte unterwegs in einer Wirtschaft halt. Er wollte einen Tee trinken und sehen, was das Boulevardblatt über »Dr. Waldmensch« berichtete. Die Geschichte war auf die Titelseite zurückgekehrt.
    »Dr. Waldmensch: Zurück zum Tatort?« lautete die Schlagzeile. Der Bericht enthielt das übliche Bild von Blank und ein Foto des Bauern Hans Kunz. Dessen Begegnung mit Blank wurde geschildert. Auch das Detail wurde erwähnt, daß Blank nach Rauch gestunken habe.
    Ott legte leise fluchend die Zeitung weg und ging. Den Tee hatte er nicht angerührt.
    Er verbrachte den ganzen Tag im unwegsamsten Teil des Rubliholzes, einem steilen Hangwald aus Tannen und Buchen, der außer durch einen Seilkran kaum erschlossen war. Ein Wald voller Dickichte, Steine, Felstaschen und anderer Verstecke. Das Gelände ließ es nicht zu, daß er die Bracken am Schweißriemen führte. Sie waren frei und stießen immer wieder auf Wildfährten, von denen sie nur mit Mühe abzubringen waren. Sie verstanden nicht, wonach Ott suchte.
    Ott spürte nichts von der Mühsal. Das Jagdfieber hatte ihn gepackt. Er befand sich in der Trance, in die er fiel, wenn er einem Wild schon lange auf den Fersen war und plötzlich wußte: Es ist hier, ganz in der Nähe.
    Am Himmel hingen schwere Regenwolken. Es begann früh dunkel zu werden. Ott hatte mehr als sein Tagespensum erfüllt. In knapp zwei Tagen würde er das ganze Rubliholz durchsucht haben.
    Auf dem Weg zurück passierte er eine einfache Holzbrücke, die über einen Bach führte. Er kam aus einem Tobel, das laut Karte nicht mehr zum Rubliholz gehörte. Als Ott auf den vom Regen angeschwollenen Bach hinuntersah, sah er ein Bündel Zweige, das zwischen Böschung und Brücke hängengeblieben war. Eine Forelle hatte sich darin verfangen.
    Ott ging zur Böschung hinunter und fischte das Bündel heraus. Es war kein Bündel. Es war eine primitive Reuse.
    Ott beschloß, von seinem Rasterplan abzuweichen und sich am nächsten Tag
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