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Die dunkle Seite des Mondes

Die dunkle Seite des Mondes

Titel: Die dunkle Seite des Mondes
Autoren: Martin Suter
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ihn auf Bestellung lieferten. Dieser hier war tannengrün metallisiert, hatte extrabreite Räder und getönte Scheiben.
    Der Wagen überholte ihn mit überhöhter Geschwindigkeit und trotz einer durchgehenden Sicherheitslinie. Blaser, alter Polizist, der er war, notierte sich die Nummer auf dem magnetischen Notizblöckchen auf dem Armaturenbrett.
    Nach der Kurve, auf der langen, übersichtlichen Geraden, war der Pickup verschwunden. Er mußte rechts in den Feldweg eingebogen sein, der zum Rubliholz führte.
    Blaser riß den Zettel des Blocks ab und steckte ihn in die Brusttasche seines Hemdes. Es fing wieder an zu schütten. Er drosselte das Tempo und erhöhte die Frequenz des Scheibenwischers.
    Als er auf dem Posten den Schirm in den Ständer stellte, rief ihn der Kollege, der Schalterdienst hatte. Soeben hatte der Polizeisprecher um einen Rückruf gebeten.
    Blaser ging in sein Büro hinauf und rief zurück.
    »Rolf, ich habe da ein Problem mit deiner Pressesache.«
    »Was für ein Problem?«
    »Der Chef ist dagegen, daß wir es rauslassen. Nach Rücksprache mit der Stadt.«
    »Begründung?«
    »Verhältnismäßigkeit.«
    Blaser bedankte sich und legte auf.
    Die schweren Regentropfen zerplatzten auf dem Blechdach. Blaser kam der Pickup wieder in den Sinn. Bestimmt ein Jäger. Was sonst konnte der bei diesem Wetter in der Gegend suchen? Er erinnerte sich an die Nummer in der Hemdtasche. Er rief den Kollegen im Schalterraum an und bat ihn, sie nachzusehen.
    Kurz darauf rief dieser zurück. »Ist auf eine OTT FINANCING eingetragen.«
    Blaser legte auf. Also Ott. Der weißhaarige Forscher, der sich beim Pilzkontrolleur nach dem Safrangelben Samthäubchen erkundigt hatte. Und wohl auch der Mann, der verhindern wollte, daß die Polizei Blank fand.
    Blaser rief Welti an. »Hast du noch so ein Foto?«
    Dr. Alfred Wenger war stolz darauf, noch nie in seinem Leben das Boulevardblatt gekauft zu haben. Aber als er an diesem Morgen wie immer am Kiosk vor der Praxis seine Tageszeitung holte, sprang er über seinen Schatten. Die Schlagzeile des Boulevardblattes, das unübersehbar auf der Verkaufsauslage lag, lautete: »Vorsicht, Waldmensch!« Das Bild zeigte Urs Blank mit langen Haaren und Bart. Bildlegende: »Versteckt sich im Wald: der totgeglaubte Staranwalt Dr. Urs Blank!«
    Wenger kaufte ein Exemplar und las den Bericht im Sprechzimmer. Er enthielt die Geschichte von Blanks vorgetäuschtem Selbstmord. Dieser stand, wie jetzt zu vermuten sei, in Zusammenhang mit dem Verdacht, Blank habe etwas mit dem Tod von »Pilz-Joe Gasser« zu tun. Es folgten ein paar Stichworte zu Gasser und den Umständen seines Todes und eine rührende Schilderung vom grausamen Tod des treuen Polizeihundes Pascha. Blanks Schlüsselrolle bei mehreren Großfusionen wurde erwähnt und selbstverständlich auch die Kanzlei Geiger, von Berg, Minder & Blank. Sachdienliche Hinweise erbat man sich an die Adresse der Redaktion.
    Wenger hatte Mühe, sich auf seinen ersten Patienten zu konzentrieren. Als er ihn hinausbegleitete, steckte ihm die Praxishilfe zwei dringende Telefonnotizen zu. Eine stammte von Evelyne, die andere von Lucille.
    Er rief beide zurück. Evelyne konnte die Geschichte nicht glauben und ärgerte sich über die Boulevardpresse. Lucille glaubte die Geschichte und fürchtete um ihr Leben. Es gelang ihm bei beiden nicht, sie zu beruhigen.
    Beim Mittagessen im Goldenen erwähnte Herr Foppa die Sache mit keinem Wort. Aber diesmal räumte er das zweite Gedeck ab.
    Bei Geiger, von Berg, Minder & Blank dauerte die Krisensitzung der Partner bereits zwei Stunden. Dr. Geiger hatte sofort nach Erscheinen des Berichts mit Gubler telefoniert. Der redete sich auf eine gezielte Indiskretion der Kollegen der Kantonspolizei heraus. »Die Sache wird intern untersucht, da kannst du dich drauf verlassen«, versicherte der Polizeikommandant.
    »Deine Untersuchung kannst du dir in den Arsch stecken«, beschied ihm Geiger. Seine Partner schauten sich erstaunt an. »An den Hut stecken« war Geiger normalerweise drastisch genug.
    Dr. von Berg telefonierte lange mit dem Verleger, zu dessen Haus auch das Boulevardblatt gehörte. Ein gelegentlicher Golfpartner.
    »Du weißt, ich würde allerhand für dich tun, aber auf einer Redaktion vorstellig werden und eine Geschichte stoppen – tut mir leid.« Er versprach, er werde versuchen, die Leute dahingehend zu beeinflussen, daß sie den Namen der Kanzlei aus dem Spiel ließen.
    Dr. Minder ließ den prominentesten PR
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