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Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
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räusperte sich vernehmlich. Aller Augen richteten sich auf Sarah, die mit Pema und Azinza in der Tür stand, neben sich das Höhlenmädchen Oola, das ihnen die letzten Tage gefolgt war wie eine wachsame Wildkatze. Oola erblickte Tyler und strahlte ihn an.
    Sarahs rote Pausbacken waren noch röter als sonst, aber obwohl es ihr offenbar peinlich war, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, sprach sie doch fest und klar. »Wenn ihr etwas aufwärmen wollt, ohne dass es anbrennt, solltet ihr vielleicht mit den Leuten reden, die das tagtäglich machen. Die Mädchen und ich werden etwas von diesem sehr praktischen Papier aus gehämmertem Metall nehmen –«
    »Alufolie heißt das«, sagte Azinza mit königlicher Herablassung.
    »– genau, Alufolie, und wir werden das Ei darin einwickeln wie einen fetten Truthahn. Dann legen wir es in den Backofen, wo wir es so lange, wie wir wollen, so heiß machen können, wie wir wollen.« Sie zuckte die Achseln. »Wenn niemand von euch etwas dagegen hat, heißt das.«
    Nach kurzem verdutzten Schweigen lachte Gideon und klatschte in die Hände. »Wunderbar! Sarah, du bist ein Genie! Genau das werden wir tun. Ungefähr vierhundert Grad, würde ich sagen …«
    »Vielleicht dreihundert«, meinte Sarah freundlich. »Das dauert dann länger, ist aber sicherer.«
    »Wie du meinst, wie du meinst.« Gideon erhob sich von seinem Stuhl, die Gabel mit einem Stück Waffel daran schwenkend. »Auf in die Küche!«

    Tyler und Lucinda hatten gepackt, aber mochten nicht an die Abfahrt denken, obwohl der Zeitpunkt näher rückte. Sie hielten sich in der Küche auf wie die meisten Bewohner der Farm, die alle immer neue Ausreden erfanden, um sich möglichst oft vom Fortgang des Experiments zu überzeugen. Selbst Haneb brachte den Mut auf, gucken zu kommen. Zwei Stunden, nachdem sie den silberglänzenden Ball in die Röhre geschoben hatten, machte Sarah die Klappe einen Spaltbreit auf, lugte hinein und verkündete: »Ich glaube, es hat sich was bewegt!«
    Sie und Ragnar zogen Topfhandschuhe an, bugsierten das Ei vorsichtig auf ein Handtuchlager am Boden und zogen die Alufolie ab. Ein spinnwebartiger Riss war entstanden. Unter den gespannten Blicken Lucindas und ihres Bruders wölbte es sich an einer Stelle auf, dann platzte ein Stück Schale ab und fiel auf ein Handtuch. Trotz des allgemeinen Gemurmels hörte Lucinda das Knacken der Schale. Sie fragte sich, ob die Hitze nötig gewesen war, um das Ei so spröde zu machen, dass das Kleine es zerbrechen konnte.
    Noch ein Stück fiel herunter und noch eines, und gleich darauf löste sich die ganze Oberseite des Eis ab und klappte auf wie an einem Scharnier. Ein Kopf schob sich heraus, der nicht größer war als der eines kleinen Hundes, ein winziges Abbild von Meseret, aber mit einer stumpferen Schnauze und bunter gefärbt, mit schwarzgoldenen waagerechten Streifen. Das Drachenjunge arbeitete sich unbeholfen aus den Eierschalentrümmern heraus und machte auf den Flügelspitzen ein paar wacklige Schritte, ehe es sich ausruhen musste. Die Kehle pulste heftig, und es ringelte seinen gestreiften Schwanz um sich. Die goldenen Augen blickten verschwommen in die Runde und richtete sich dann auf Lucinda. Sie meinte, seinen einfachen, wortlosen Gedanken zu fühlen:
    – ? – ? –
    Nein, ich bin nicht deine Mama, versuchte sie dem Neugeborenen mitzuteilen. Du wirst sie bald kennenlernen.
    Jemand legte Lucinda eine Hand auf die Schulter. Es war Gideon, dessen Haare wieder hochstanden, so dass er wie eine vom Wind durchgepustete Vogelscheuche aussah. Seine andere Hand ruhte auf Tyler, und er hatte so einen sonderbaren Ausdruck im Gesicht, dass Lucinda ganz mulmig wurde. »Ich habe euch beide nicht so behandelt, wie ihr es verdient hättet«, sagte er. Alle Gespräche in der Küche verstummten. Gideon räusperte sich und fuhr fort: »Aber dies hier … der junge Drache, den wir längst aufgegeben hatten … durch ihn habe ich erkannt …«
    Als Gideon seinerseits verstummte, hörte man etwas wie ein gequältes Stöhnen. Lucindas Blick fiel auf Colin Needle, der halb im Schatten, halb in der Sonne stand, die durch eines der großen Fenster schien, und zuschaute. Er hatte die Arme fest um sich geschlungen, und selbst quer durch den Raum konnte Lucinda seinen Neid und sein Elend beinahe fühlen.  
    Da holte Tyler tief Luft und sagte: »Onkel Gideon, ich … hätte fast vergessen, dir etwas zu zeigen. Ich habe das in der Bibliothek gefunden.« Er streckte
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