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Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
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von ihrem Partner verschleppt worden war, und dass sie wutentbrannt aus dem Krankenstall ausgebrochen war und es sich zurückgeholt hatte. Die Verletzung am Flügelvon dem Hubschrauberrotor war jetzt eine Wunde, die sie sich im Kampf mit Alamu zugezogen hatte.
    Lucinda mochte es nicht, wenn sie lügen musste, schon gar nicht bei so wichtigen Angelegenheiten. Sie konnte Onkel Gideon nicht in die Augen sehen und schaute stattdessen Colin Needle an, der ebenfalls Gideons Blick auswich, vielleicht auch dem Blick seiner Mutter, die zur Rechten von Gideon saß. Auf jeden Fall sah Colin blass und elend aus, und zum ersten Mal, seit Haneb ihr von Colins Rolle beim Diebstahl von Meserets Ei erzählt hatte, tat ihr der ältere Junge leid. Er war dumm und leichtsinnig und arrogant gewesen, aber sie glaubte ihm, dass ihm die Farm wichtig war.
    Gideon blickte abermals den Koffer an, dann das Ei, und schüttelte ungläubig den Kopf. »Meine Güte. Ich komme gar nicht darüber hinweg. Ein Drachenkampf, versuchte Industriespionage, und ich habe alles verschlafen.« Er wandte sich an Ragnar. »Wie geht’s Meseret?«
    Der blondbärtige Mann ließ ein hohles Lachen hören. Er hatte immer noch die schmutzigen, durchgeschwitzten Sachen der Nacht an. »Sie schläft. Wir haben ihr noch etwas Schlafmittel verabreicht. Der Bauunternehmer müsste Lader und Schlepper heute Nachmittag bereit haben – ich komme damit zurück, wenn ich die Kinder zum Bahnhof gebracht habe. Bis zum Abend wird sie wieder im Stall sein.«
    »Und der angerichtete Schaden?«
    »Werden wir alles repariert bekommen, glaube ich.« Bekleidet und fast wieder normal aussehend lehnte Simos Walkwell in der Tür. Nur auf seine ausgestopften Stiefel hatte er verzichtet: Seine Hufe guckten unten aus den Hosenbeinen heraus. »Aber es wird dauern, die Tiermedikamente zu ersetzen und im Krankenstall neue Regale aufzustellen. Die meisten sind kaputt.«
    Gideon lachte unvermittelt auf. »Ich wollte gerade sagen, das wird Geld kosten, das wir nicht haben – aber jetzt haben wir es ja.« Er klopfte auf den Koffer. »Glück gehabt. Ihr könnt euch denken, dass mich das alles außerordentlich überrascht.«
    »Uns alle, Gideon«, sagte Mrs. Needle mit einer Freundlichkeit, bei der es einen fröstelte. »Uns alle!«
    Wieder legte sich ein längeres Schweigen über die Runde. Lucinda fragte sich, wie lange Mrs. Needle wohl brauchen würde, um die ganze Geschichte aus Colin herauszuquetschen. Sie hatte Lucinda etwas eingeflößt und ein bösartiges, widernatürliches Tier auf Tyler gehetzt – wer konnte sagen, wozu sie sonst noch in der Lage war? Und sie war Colins Mutter! Kein Wunder, wenn er sich merkwürdig verhielt. Bei dem Gedanken drehte sich Lucinda der Magen herum.
    »Das einzige, was mich traurig stimmt«, sagte Gideon schließlich, »ist, dass wir zwar das Ei wiederhaben und es untersuchen können, aber dass wir immer noch kein Drachenjunges haben und nicht wissen, woran das liegt.«
    In Lucindas Gedächtnis regte sich etwas, doch sie bekam es nicht zu fassen.
    »Ich wünschte, du würdest es mich einmal versuchen lassen, Gideon«, sagte Mrs. Needle. Ihre Hand legte sich wie eine elfenbeinerne Spinne auf Onkel Gideons Arm. »Immerhin ist es Walkwell und dem Nordmann jetzt schon dreimal nicht gelungen, ein Junges am Leben zu erhalten. Es gibt Zauber, die ich kenne, Kräuter, die ich verabreichen könnte, die gesunden Nachwuchs bei Kühen, Schafen und sogar Hühnern gewährleisten.«
    »An meiner Pflege dieser Tiere ist nichts auszusetzen«, sagte Walkwell in entschiedenem, verärgertem Ton.
    Plötzlich fiel es Lucinda wieder ein. »Moment mal! Vielleicht ist das Junge gar nicht tot!«
    »Was redest du da für einen Unsinn, Kind?«, herrschte Mrs. Needle sie an. »Das darfst du getrost Älteren und Erfahreneren überlassen.«
    »Immer langsam, Patience«, sagte Gideon, während er seinen Arm von ihrem Griff befreite und sich Lucinda zuwandte. »Was meinst du damit?«
    Sie erzählte ihm, wie sie an der Drachin gehangen und das Gefühl gehabt hatte, von deren Gedanken durchströmt zu werden, die meisten davon verworren und fremd, manche aber so klar, dass sie den Sinn zu erfassen meinte. »Sie dachte an das Ei. Sie glaubte nicht, dass es tot war, nur dass es … irgendeine Anregung brauchte, damit es sich bewegte.«
    »Belebung, gewiss«, sagte Mrs. Needle mit kalter Autorität. »Aber was spielt das für eine Rolle? Die Leibesfrucht ist bis jetzt jedes Mal tot gewesen. Es gab
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