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Bushido

Bushido

Titel: Bushido
Autoren: Michael Fuchs-Gamboeck , Georg Rackow
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Intro
    Es begann alles mit einer Idee, einem Stift und einem leeren Blatt Papier. Eines Abends setzte ich mich an meinen Schreibtisch und fing an, meine Gedanken aufzuschreiben. In diesem Moment war das für mich nichts Besonderes. Im Gegenteil. Es fühlte sich ganz natürlich an. Wer hätte schon ahnen können, dass diese paar Zeilen mein ganzes Leben verändern würden?
    Wenn ich mich heute umsehe – meine Villa, meine Autos, die Frauen, meine Klamotten, mein Bankkonto, mein Schmuck, der Ruhm –, dann habe ich das einzig und allein dieser einen Idee zu verdanken. Ich denke oft darüber nach, warum ich derjenige bin, der angehimmelt wird, und nicht mein dämlicher Nachbar oder Paolo, der Pizzabäcker von der Oranienstraße. Ich habe aber keine Erklärung gefunden. Es ist ein Phänomen.
    Jedes Mal, wenn ich auf meine Uhr sehe und mir meine 6000-Euro-Breitling entgegenfunkelt, werde ich daran erinnert: Alles, was ich habe, kommt von meinen Fans. Sie bezahlen das alles. Sie kaufen meine CDs, Konzerttickets, Klingeltöne, T-Shirts, DVDs – und was mache ich? Ich krieche nachmittags aus meinem Bett, koche Espresso, setze mich in Jogginghose und Unterhemd vor meinen Computer und beobachte, wie mein Bankkonto immer dicker wird. »Wieso kaufen sich die Leute das alles?«, frage ich mich. Ich bin doch nur ein ganz normaler Junge.
    Es sind aber nicht nur die materiellen Dinge, die mich immer wieder ins Grübeln bringen. Vielmehr sind es die Emotionen, die ich bei den Menschen erwecke. Auf meinen Konzerten stehen 16-jährige Mädchen in der ersten Reihe und können jede Textzeile mitsingen, sogar von meinen alten, nicht so bekannten Songs. Ich beobachte sie von der Bühne aus sehr genau, wie sie mir kreischend zujubeln, Heulkrämpfe bekommen und sogar in Ohnmacht fallen. Dann schaue ich auf diese riesige Menschenmasse und denke mir: Genauso fühlt sich also Robbie Williams! Nur dass ich cooler bin als er.
    Ich muss mich noch nicht einmal besonders anstrengen. Es reicht schon, mit tief heruntergezogener Kapuze auf die Bühne zu gehen und einfach nur bewegungslos dazustehen. Die Leute drehen trotzdem durch. Wenn ich dann noch langsam die Kapuze abnehme und sie mein Gesicht erkennen, schreien sie sich die Lunge aus dem Leib. Verrückt, oder?
    Absurd ist auch, dass Rap für mich nicht einmal Arbeit ist. Ich gehe einfach auf die Bühne und ziehe meine Show durch. Obwohl ich nicht sonderlich kreativ bin, weiß ich, dass mindestens die Hälfte der Leute wieder zu einem meiner nächsten Konzerte kommen werden. Was ich bei meinen Fans so krass finde, ist diese unendliche Dankbarkeit, die sie mir entgegenbringen. Man muss sich das mal vorstellen: Die geben 30 Euro für ein Konzertticket aus, erleben ihren Star für zweieinhalb Stunden und sind einfach nur dankbar, dabei gewesen zu sein. Obwohl sie schon 40 Euro für eine CD und ein T-Shirt ausgegeben haben und am nächsten Tag zu spät zur Arbeit kommen, weil sie bis morgens um fünf Uhr am Bahnhof auf den nächsten Zug warten müssen, würden sie es immer wieder tun. Um sich die Wartezeit in der Kälte zu verkürzen, laden sie sich aus Langeweile auch noch neue Klingeltöne von mir herunter. Nicht illegal bei irgendeinem russischen Billiganbieter, sondern ganz offiziell bei »Jamba!«, weil sie sich denken: Scheiß auf die drei Euro, ist ja für Bushido!
    Sie geben mir alles und erwarten als Gegenleistung lediglich, dass ich ihnen ein paar Stunden meiner Zeit widme. Und was mache ich, ich Vollidiot? Ich komme mit einer dämlichen roten Sportjacke und ohne Haargel auf die Bühne, pople in der Nase, schnicke den Eumel zur Seite, schnappe mir das Mikrofon und sage: »Magdeburg, ich glaube, ich habe einen Popel in der Nase.« Was passiert? Die Halle tobt! Ich lasse mir wirklich den bescheuertsten Unsinn einfallen, nur um zu sehen, wo die Grenze liegt. So, wie ein kleines Kind Eltern austestet, wie weit es gehen kann. Wirklich! »Die Typen aus meiner Band sind alles Streber«, sage ich dann, oder: »Runzheimer, mein Bassist, sieht aus wie Brad Pitt.« Ganz egal, was ich sage, die Leute drehen durch. Selbst die Mädchen lachen bei meinen schlechten Frauenwitzen, die schon in den 90ern nicht mehr lustig waren. Ich wundere mich ja fast schon selbst, dass sich noch nie jemand darüber beschwert hat. Sie lieben mich einfach, wie ich bin. So etwas nennt man wohl Loyalität. Es mag sich lächerlich anhören, aber für sie bin ich ein Held. Und Helden haben nun mal keine Fehler.
    Wenn ich auf
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