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Die Chronik des Eisernen Druiden 1: Die Hetzjagd (German Edition)

Die Chronik des Eisernen Druiden 1: Die Hetzjagd (German Edition)

Titel: Die Chronik des Eisernen Druiden 1: Die Hetzjagd (German Edition)
Autoren: Kevin Hearne
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sind mir nicht sonderlich wohlgesonnen, daher versuche ich, mich möglichst an Orten niederzulassen, die für sie nur schwer erreichbar sind. In der Alten Welt haben sie alle möglichen Pforten, um auf die Erde zu gelangen, aber in der Neuen Welt benötigen sie für diese Reise Eiche, Esche und Stechapfel, und diese wachsen in Arizona nur selten an einem Ort. Ich habe einige derartige Stellen entdeckt, oben in den White Mountains an der Grenze zu New Mexiko oder in den Uferauen bei Tucson, aber sie liegen über hundertfünfzig Kilometer von meinem hübsch zubetonierten Wohnviertel nahe der Universität von Tempe entfernt. Ich hielt die Chancen für außerordentlich gering, dass das Feenvolk dort auf die Erde gelangen und anschließend eine baumlose Wüste durchqueren würde, um einen abtrünnigen Druiden aufzuspüren. Als ich diesen Ort in den späten Neunzigern entdeckte, beschlossich zu bleiben, bis die Einheimischen Verdacht schöpfen würden.
    Eine goldrichtige Entscheidung für mehr als ein Jahrzehnt. Ich baute mir eine neue Identität auf, mietete einen Laden an, hängte ein Schild davor mit der Aufschrift DAS DRITTE AUGE – BÜCHER UND KRÄUTER (in Anspielung auf vedische und buddhistische Glaubensvorstellungen, denn ein keltischer Name wäre eine signalrote Flagge für all diejenigen gewesen, die nach mir suchten), und ich legte mir ein kleines Haus zu, das in der Nähe und gut mit dem Fahrrad zu erreichen war.
    Ich verkaufte Kristalle und Tarotkarten an College-Kids (die ihre protestantischen Eltern schockieren wollten), haufenweise alberne Bände mit »Zauberformeln« an naive Wicca-Kult-Anhänger und Kräuterheilmittel an Menschen, die sich vor einem Arztbesuch drücken wollten. Ich hatte sogar umfangreiche Werke über die Magie der Druiden auf Lager, die alle auf viktorianischen Wiedererweckungslehren basierten und allesamt kompletter Humbug waren, die ich aber vor allem dann unterhaltsam fand, wenn ich welche davon verkaufte. Vielleicht einmal im Monat betrat ein ernsthaft an Magie Interessierter den Laden auf der Suche nach einem echten Grimoire – etwas, wovon man besser die Finger lassen sollte oder am besten gar nichts weiß, es sei denn, man ist in diesen Künsten einschlägig bewandert. Die meisten Geschäfte mit seltenen, kostbaren Büchern wickelte ich ohnehin übers Internet ab – eine weitere großartige Errungenschaft der modernen Zeit.
    Leider hatte ich beim Aufbau meiner neuen Identität und meines Geschäftes nicht bedacht, wie leicht es für jemand anderen sein würde, mich durch eine Adressensuche im Internet zu finden. Ich war gar nicht auf die Idee gekommen, dass jemand aus der Alten Welt es auf diese Weise versuchen könnte – ich hatte damit gerechnet, dass sie Kristallkugeln oder andere Divinationstechniken ausprobieren würden, aber niemals das Internet–, daher war ich bei meiner Namenswahl nicht so vorsichtig gewesen, wie ich es eigentlich hätte sein sollen. Besser, ich hätte mir ein Alias wie John Smith zugelegt oder etwas vergleichbar Fantasieloses und Langweiliges, aber mein Stolz hatte nicht zugelassen, einen christlichen Namen zu tragen. Also hatte ich mich für O’Sullivan entschieden, die englische Version meines echten Familiennamens. Für den Alltagsgebrauch nutzte ich den klassischen griechisch-lateinischen Vornamen Atticus. Doch ein vermeintlich einundzwanzigjähriger O’Sullivan, der einen okkulten Buchladen betrieb und extrem seltene Bücher verkaufte, von denen er eigentlich nichts hätte wissen dürfen, das reichte dem Feenvolk an Information, um mich aufzuspüren.
    An einem Freitag drei Wochen vor Samhain fielen sie über mich her, gerade als ich meinen Laden verließ und in die Mittagspause gehen wollte. Eine Klinge zischte unter meinen Knien hindurch, ohne dass ich zuvor auch nur ein »Nimm das!« vernommen hätte, und der Schwung des Schwertarms riss meinen Angreifer aus der Balance, als ich darüber hinwegsprang. Bevor er sich wieder fangen konnte, rammte ich ihm den linken Ellbogen ins Gesicht, womit ein Elf ausgeschaltet war. Blieben noch vier.
    Dank sei den Göttern der Unterwelt für die Paranoia. Für mich war sie ein Überlebensinstinkt und nicht so sehr ein neurotischer Zustand. Sie war die Schneide eines stets bereiten Messers, geschärft über die Jahrhunderte am Schleifstein all derer, die mich hatten töten wollen. Sie sorgte dafür, dass ich um den Hals ein Eisen-Amulett trug und meinen Laden nicht nur mit massiven Eisenträgern, sondern
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