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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Schlag gegen den Kehlkopf nahm ihm nicht nur endgültig den Atem, sondern ließ ihn auch zurücktaumeln und auf die Knie sinken, und diesmal kostete es ihn all seine Kraft, nicht das Bewusstsein zu verlieren. Er meinte Abu Duns Stimme zu vernehmen, verstand aber nicht, was er schrie. Das Scharren von Metall erklang, und eine helle Frauenstimme schrillte, fast hysterisch.
    Mit einer verzweifelten Willensanstrengung ergriff er das Schwert mit beiden Händen. Süleyman ließ einen lauten Kampfschrei hören und stürmte heran. Andrej rechnete damit, gleichzeitig auch von seinen Soldaten attackiert zu werden, doch Süleymans Befehl schien ernst gemeint gewesen zu sein: Statt ihn anzugreifen, wichen die Männer rasch zurück und bildeten eine lebende Arena. Beinahe hätte Andrejs Überraschung über diese unerwartete Zurückhaltung schon die Entscheidung gebracht: Süleyman, der größer war als er, ein Stück schwerer und fast so muskulös wie Abu Dun, raste wie ein wütender Stier auf ihn zu und schwang den Saif. Irgendwie gelang es Andrej, den Schlag im letzten Moment zu parieren, doch die pure Wucht der aufeinanderprallenden Klingen lähmte seine ohnehin verkrampften Muskeln und ließ ihn zurück- und gegen die Männer stolpern, die sie umgaben. Starke Hände hielten ihn fest, sonst wäre er zusammengebrochen, und einer der Soldaten fing das Schwert auf, das seinen kraftlosen Fingern entglitt.
    »Hört auf!« Er erkannte Muridas Stimme, auch wenn sie sich anhörte, als dränge sie von weit her an sein Ohr. »Vater! Was tust du? Du hast geschworen, dass ihm nichts geschieht!«
    Andrej blinzelte, um seinen Blick zu klären, zwang seine Finger, sich wieder um den Schwertgriff zu schließen-die Waffe schien eine Tonne zu wiegen –, und suchte nach Süleyman, darauf gefasst, ihn erneut heranstürmen zu sehen, um es zu Ende zu bringen. Doch der Sultan stand in drei oder vier Schritten Entfernung da und erwartete in halb geduckter Haltung seinen Angriff. »Das habe ich«, antwortete Süleyman grimmig. »Aber das war, bevor ich begriffen habe, was diese Männer wirklich sind! Und welche Pläne sie tatsächlich verfolgen!« »Du … hast es versprochen«, beharrte Murida. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, brüchig und kraftlos wie die einer uralten Frau, die ein langes Leben voller Entbehrungen und Schmerz hinter sich hatte. Zitternd lehnte sie an der steinernen Türeinfassung. Es war nicht zu erkennen, ob der Mann hinter ihr sie nur stützte oder festhielt. Wahrscheinlich beides, dachte Andrej. Murida zitterte. Ihr Haar war glanzlos und von Fieberschweiß zu unansehnlichen Strähnen verklebt, und im hellen Sonnenlicht hier draußen wirkte ihre Haut beinahe grau und das Gesicht ausgezehrt-als hätte die Unsterblichkeit, die sie sich von Andrej erhofft hatte, sie hundert Jahre ihres Lebens gekostet, statt ihr auch nur ein einziges zu geben.
    Doch etwas in ihrem Blick erschreckte Andrej zutiefst. »Du weißt nicht, wer diese Männer wirklich sind«, rief Süleyman grimmig. »Sie sind nicht einmal Menschen! Und was immer er dir auch versprochen haben mag, es war gelogen! Und jetzt wehr dich, Dämon!« Selbst wenn er seinen Angriff dieses Mal nicht angekündigt hätte, wäre es Andrej leichter gefallen, ihn abzuwehren. Alle seine Muskeln waren steif und schmerzten, jeder Nerv in seinem Körper stand in Flammen, und aus den tiefen Pfeilwunden lief noch immer das Blut aus ihm heraus. Die Pfeile mussten vergiftet gewesen sein – aber er war schon schlimmer verletzt worden und hatte gegen stärkere Gegner gekämpft. Es war genau so, wie er es gerade gesagt hatte: Süleyman hatte keine Ahnung, worauf er sich eingelassen hatte.
    Andrej schlug sein Schwert zur Seite, trat Süleyman einen halben Schritt entgegen und wich dann zur Seite aus, um ihn an sich vorbeistolpern zu lassen. Dann rammte er ihm den Ellbogen in den Rücken; zwar nur mit einem Bruchteil der Kraft, die er hätte aufbringen können, aber dennoch hart genug, dass er mit ausgebreiteten Armen gegen gleich zwei seiner Männer stolperte und sie mit sich zu Boden riss. Was Süleyman nur noch wütender machte. Mit einer für einen Mann seiner Größe unglaublich fließenden Rolle war er wieder auf den Füßen, wirbelte herum und stach aus derselben Bewegung heraus nach Andrejs Hals. Der wich dem Angriff mühelos aus und begriff beinahe zu spät, dass es nur eine Finte gewesen war. Süleyman knickte in einer fast unmöglich erscheinenden Bewegung in der Hüfte ein,
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