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Ewig sollst du bueßen

Ewig sollst du bueßen

Titel: Ewig sollst du bueßen
Autoren: Allison Leotta
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KAPITEL 1
    Der Kaffee im Gericht war schrecklich, aber am Morgen nach
Valentinstag kam keine Staatsanwältin für häusliche Gewaltdelikte ohne Koffein
aus. Anna goss die pechschwarze Brühe in einen Styroporbecher, nahm einen
Schluck und verzog das Gesicht. Kochend heiß und bitter – der richtige Start in
einen Tag, an dem sie sich um die Verbrechen der letzten Nacht kümmern musste.
Wenigstens würde sie Hilfe haben. Anna zog ihr Handy heraus und rief ihre
Bürokollegin an.
    Â»HG, Erfassungsraum«, antwortete Grace in forschem Singsang.
    Â»Hi, ich bin in der Cafeteria. Soll ich dir einen Kaffee
mitbringen?«
    Â»Das wäre großartig.« Dann fügte Grace leise hinzu: »Und nimm einen
Stapel Servietten mit. Hier blutet eine Frau deinen ganzen Stuhl voll.«
    Grace war seit vier Monaten Staatsanwältin, doch auch Anna war noch
nicht so lange dabei, dass diese Information sie nicht aufgeschreckt hätte.
»Sollen wir einen Krankenwagen rufen?«
    Â»Es geht ihr gut. Sie hat einen Haufen Schrammen und Blutergüsse,
und ihre Nase blutet übel. Aber nichts Lebensbedrohliches. Ich kümmere mich,
bis du hier bist. Und kannst du mir noch einen Muffin mitbringen? Ich komme um
vor Hunger.«
    Â»Klar. Bin gleich da.«
    Anna fand Graces Ruhe beeindruckend, schnappte sich einen Muffin und
stellte sich zum Bezahlen an. Drei Leute standen vor ihr: ein großer Typ in
einem dunklen Anzug, ein Mann, der ein Trikot von den Redskins über einem
blauen Hemd trug, und eine dralle Frau mit Netzstrümpfen in einem Minirock aus
Spandex. Bei dem ersten Mann tippte Anna auf Rechtsanwalt. Dann ein Polizist,
der seine Uniform verbarg, damit er vor den Fragen der Gerichtsbesucher sicher
war. Und eine Prostituierte, die gerade mit ihrem Job fertig war und ihren Bewährungshelfer
treffen wollte. Was Anna an dieser schlimmen Cafeteria im Keller des Gerichts
so schätzte, war ihre Demokratie. Der Cop könnte die Prostituierte heute Nacht
verhaften, und der Anwalt könnte den Cop während des Kreuzverhörs in die Mangel
nehmen, aber jeder musste in derselben Schlange auf seinen Teller Cornedbeef
warten.
    Nachdem Anna bezahlt hatte, eilte sie zum Serviettenspender, doch
der große Anwalt vor ihr hatte sich gerade die letzten genommen.
    Sie blickte ihn bestürzt an. »Also, ich brauche die da jetzt
dringend«, sagte sie und nickte zu den Servietten in seiner Hand.
    Irgendwie kamen ihr das dunkle Haar und die schlaksige Figur bekannt
vor, aber hier auch irgendwie fehl am Platze. Sein maßgeschneiderter Anzug und
seine butterweiche Ledermappe waren eigentlich im Bundesgericht ein Haus weiter
üblich und zeigten, dass er ein paar Gehaltsklassen über dem hier im Superior Court
von D.C. verkehrenden Publikum lag. Er gehörte höchstwahrscheinlich einer der
großen Washingtoner Anwaltskanzleien an, hatte einen der hoch bezahlten Jobs,
die sie abgelehnt hatte, um für den Staat zu arbeiten.
    Der Mann blickte auf sie herunter und grinste plötzlich. »Anna
Curtis! Hey! Das ist eine ganze Weile her.«
    Â»Hi, äh …« Sie schüttelte ihren Kopf.
    Â»Nick Wagner. Harvard, juristische Fakultät. Ich hatte einen
lächerlichen Bart. Und Haare bis hierher.« Er zeigte es an seiner Schulter an
und wurde ein wenig rot. »Dein Team hat meins in der letzten Runde von Ames
Moot Court geschlagen. Ihr habt uns ehrlich gesagt ziemlich in den Hintern
getreten.«
    Â»Nick! Du hast im Hark immer freitags zur Happy Hour Gitarre
gespielt.«
    Â»Richtig, genau so ist es.« Sein Lächeln wurde breiter. »Ich habe
das Gefühl, dass du mich mehr beeindruckt hast als ich dich.«
    Â»Es tut mir sehr leid, aber ich habe es ziemlich eilig und brauche
diese Servietten.«
    Nick legte sie feierlich auf ihre Handfläche. »Irgendwas verschüttet
und nun brennt’s?«
    Â»Vielen Dank. Blutende Nase. Misshandlungsopfer im Erfassungsraum.
Also – ich muss los.« Anna machte sich auf den Weg aus der Cafeteria und
blickte mit Bedauern über ihre Schulter zurück. »Es tut mir leid, dass ich
jetzt keine Zeit zum Reden habe.«
    Nick lief neben ihr durch den verwinkelten Keller des Gerichts. »So,
du bist nun also Staatsanwältin – und hast Aktendienst am Tag nach Valentin?
Was hast du denn verbrochen, den Hund vom Bundesstaatsanwalt überfahren?«
    Sie musste lachen. Den Papierkram zu erledigen, war die am
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