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Ewig sollst du bueßen

Ewig sollst du bueßen

Titel: Ewig sollst du bueßen
Autoren: Allison Leotta
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verachtete Beschäftigung bei der Bundesstaatsanwaltschaft, eine Aufgabe, zu der
nur die unerfahrensten Staatsanwälte herangezogen wurden. Anna würde
Kriminalakten für die Festnahmen der letzten vierundzwanzig Stunden anlegen
müssen: Informationen in den Computer eingeben, Papierkram der Polizei einsortieren,
ganze Lebensgeschichten voller Gewalt in dünnen braunen Schnellheftern ablegen.
Die Langeweile wurde nur unterbrochen, wenn ein Opfer persönlich vorbeikam und
seine traurige Geschichte selbst erzählte. Und am Valentinstag passierte
üblicherweise die meiste häusliche Gewalt. Menschen waren sich untreu,
beachteten die Mutter ihres unehelichen Kindes mehr als ihre Ehefrau oder
vergaßen einfach eine Karte zu besorgen. Es war erstaunlich, wie oft der Streit
von Liebespaaren im Gefängnis endete.
    Â»Ich habe erst im Januar angefangen«, erklärte Anna, »und kann
deshalb noch schikaniert werden.«
    Â»Na, wir sollten uns auf jeden Fall mal treffen.«
    Â»Klar«, antwortete sie, als sie um eine Ecke bogen. Der Flur vor dem
Erfassungsraum war voll mit Polizisten. Es würde ein langer Tag werden.
    Â»Wollen wir heute Abend zusammen essen gehen?«, fragte Nick.
    Â»Ich weiß nicht.« Anna blickte ihn von der Seite an, ohne langsamer
zu laufen. Trotz des schlechten Timings war es ein verlockendes Angebot. Sie
hatte Heimweh und in der neuen Stadt noch keinen Anschluss gefunden. Es wäre
nett, mit einem alten Bekannten von der Uni zu plaudern. Sie blieb vor dem
Erfassungsraum stehen und gab ihm ihre Visitenkarte. »Ruf mich später an. Dann
weiß ich, ob es klappt.«
    Â»Das werde ich tun.«
    Er lächelte sie an: warm und strahlend. Ganz gegen ihre Natur fühlte
sie sich zu ihm hingezogen. Vielleicht würde der Tag nach Valentin doch nicht
ganz so schlimm werden.
    Der Gedanke verflüchtigte sich jedoch, als sie in den Erfassungsraum
kam.
    Eine zierliche Frau saß an einem der zwei sich vor Unterlagen
biegenden Schreibtische zwischen Grace und einem Polizisten in Uniform. Blut
war durch ihre weiße Bluse gesickert und auf das graue Linoleum unter ihren
Füßen getropft. Ein paar rote Flecken waren sogar unten an der mintgrünen
Betonziegelwand zu sehen. Zwei völlig zugeschwollene Augen entstellten ihr
hübsches braunes Gesicht, und rote Abschürfungen verliefen kreuz und quer über
ihre linke Wange. Sie hielt ein mit Blut bespritztes Blatt Papier unter ihre
Nase, wiegte sich vor und zurück und stöhnte leise.
    Obwohl Anna in letzter Zeit viele Polizeiberichte gelesen hatte, in
denen entsetzliche Verletzungen beschrieben wurden, hatte sie eine so
schrecklich zugerichtete Frau seit ihrer Kindheit nicht mehr gesehen. Eine
Welle von Erinnerungen, Schuld und Wut ließ sie für einen Moment wie betäubt
innehalten, doch heute musste sie sich um die Fälle kümmern, und dieses Opfer
fiel unter ihre Verantwortung. Sie biss die Zähne zusammen, ging auf die Frau
zu und streckte ihr die Servietten entgegen. »Hier«, sagte sie sanft, »nehmen
Sie die.«
    Die Frau tauschte sie dankbar gegen das Blatt Papier unter ihrer
Nase aus.
    Â»Ich bin Anna Curtis, Staatsanwältin bei der
US-Bundesstaatsanwaltschaft. Ich werde mich um Ihren Fall kümmern.«
    Â»Laprea Johnson«, sagte die Frau. Ihre Stimme war so leise, dass sie
kaum zu hören war.
    Plötzlich keuchte Laprea. Ihr vorher schmerzverzogenes Gesicht wurde
zu einer wütenden Maske. Zuerst fragte sich Anna, ob sie etwas gesagt hatte,
das die Frau so verärgerte.
    Doch sie blickte an Anna vorbei – auf
Nick, der immer noch in der Tür stand. Sein Gesicht war aschgrau geworden. Die
verletzte Frau spuckte ihm ihre Worte entgegen: »Was zum Teufel machen Sie denn hier?«

KAPITEL 2
    Laprea Johnson konnte nicht fassen, wer da in der Tür
stand. War sie den ganzen Weg hierhergekommen, nur um ihn zu sehen? Was war das denn für ein kranker Scherz?
    Â»Laprea – oh nein.« Nick stöhnte und trat in das Büro. »War es …«
    Â»D’marco?« Laprea erhob sich und ging auf Nick zu. »Du weißt das.«
    Â»So ein Mist, Laprea, es tut mir so leid.«
    Â»Das sollte dir auch leidtun!« Sie stellte sich auf Zehenspitzen so
nah an Nick, dass ihre Nase fast sein Kinn berührte. Sie war kurz davor, ihm
ins Gesicht zu schlagen.
    Der Polizist legte Laprea eine Hand auf ihren Arm und zog sie ein
paar
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