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Sommermond

Titel: Sommermond
Autoren: M. Hart
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    Langsam kam Ben zu sich. Sofort begann ihm sein Verstand, Fragen zu stellen, die er nicht beantworten konnte. War er tot? Er wusste es nicht. Er fühlte sich wie gelähmt und vermochte es nicht, seine Augen zu öffnen. Die Erinnerung an das, was geschehen war, verblasste immer dann, wenn er sie zulassen wollte. Er hörte nichts. Er roch auch nichts.
    Mit aller Mühe versuchte er sich zu konzentrieren. Irgendwas musste da doch sein. Und tatsächlich. In gleichmäßigen und langsamen Abständen konnte er sein Herz in der Brust schlagen spüren. Das war der Beweis. Er musste es tatsächlich geschafft haben. Jetzt wagte er es auch, die Augen zu öffnen. Vorsichtig schlug er die Augenlider auf. Alles wirkte noch recht verschwommen. Doch ehe er sich besinnen konnte, hörte er plötzlich eine laute Stimme und spürte fast zeitgleich eine Hand an der seinen.
    „Ben? Ben, wie geht’s dir? Wie fühlst du dich?“
    Sein Kopf war wie leer gefegt. Er blickte vor sich neben das Bett und erkannte ein bekanntes Antlitz. Dann neigte er sich weiter zur Seite und entdeckte einen Monitor, auf dem seine messbaren Lebenszeichen in Form von weißen, zackigen Linien kontrolliert wurden.
    „Wo … Wo bin ich?“, brachte er schließlich hervor und klang dabei so heiser, dass er sich selbst kaum verstand.
    „Du bist im Krankenhaus. Du wurdest gestern operiert und hast bis eben geschlafen“, antwortete die Person, die Ben am allerwenigsten neben sich erwartet hätte.
    Es war Nick. Nick, sein Exfreund, den er das letzte Mal vor zwei Wochen in der Villa gesehen hatte. Das Treffen hatte sämtliche Höhen und Tiefen abgedeckt und sich dann relativ radikal von Lust in Streit gewandelt. Schuld daran war Alex gewesen, der die beiden in ihrem Sinnesrausch gestört und Nick daraufhin aus der Villa geworfen hatte.
    „Scheiße …“, murmelte Ben und fasste sich mit der Hand an den Kopf, als ob diese Geste das Aufwachen seines Geistes unterstützen würde. Seine Hand war verbunden, und aus dem weißen Stoff kroch ein durchsichtiger Schlauch, der hinauf zu einem Tropf führte.
    „Deine Eltern sind auch hier. Sie sind gerade frische Luft schnappen“, erklärte Nick.
    Bens Sicht wurde allmählich klarer und auch seine anderen Sinne begannen stückweise zu erwachen. So vernahm er mit einem Mal den krankenhaustypischen, sterilen Geruch. Er schaute zurück in Nicks Richtung. Die grünen Augen wirkten trüb und hatten jeglichen Glanz verloren. Seine Naturhaarfarbe schimmerte am Ansatz braun zwischen den schwarz gefärbten Haaren. Er war blasser als üblich.
    Ben wusste nicht, was er denken sollte. Mit jeder weiteren, wachen Minute drängten sich neue Erinnerungen in seinen Kopf und überfluteten ihn mit Fragen und Emotionen. Er verstand nicht, warum Nick neben ihm saß. Er hätte Alex erwartet und eigentlich wäre das auch das Mindeste, was der Blonde ihm schuldig war.
    „Deine Eltern haben mich mitgenommen“, fuhr Nick fort. „Die waren der Meinung, du würdest dich freuen.“
    Ben lauschte den Worten, schaffte es aber nicht, etwas zu erwidern. Er fühlte sich unwohl in Nicks Gegenwart und wusste nicht, was er mit dem Schwarzhaarigen besprechen könnte. Er hatte geglaubt, dass ihr Treffen in der Villa vorerst das letzte gewesen wäre. Immerhin waren sie sehr wütend auseinandergegangen. Ben hatte Nick beschuldigt, nur auf Sex aus gewesen zu sein und ihn nicht einmal vor Alex in Schutz genommen. Daraufhin war Nick verärgert und angetrunken zurück nach Flensburg gefahren. Außer einer schlichten SMS, ein paar Tage nach diesem Vorfall, hatten die beiden keinen Kontakt mehr gehabt. Ben war das nur recht gewesen und umso fragwürdiger erschien es ihm, dass Nick nun wie ein guter Freund neben ihm saß. Die Dinge passten nicht zusammen.
    Nick schien Bens Angespanntheit zu bemerken und rutschte nervös auf seinem Stuhl vor und zurück.
    „Willst du was trinken?“, fragte er.
    Ben erwiderte nichts. Stattdessen stützte er sich mit seinen Händen ab und versuchte sich aufzurichten. Doch kaum dass er seinen Oberkörper wenige Millimeter angehoben hatte, riss ihn ein stechender Schmerz zurück in die Matratze. Er kniff die Augen zusammen. Sein Gesicht verzog sich schmerzerfüllt.
    „Scheiße …“, fluchte er.
    Angespannt wartete er darauf, dass der Schmerz nachließ. Er war kaum auszuhalten. Der Schmerz vereinte das Gefühl eines heftigen Blutergusses mit dem eines Bruches und einer inneren Verbrennung. Nur sehr langsam klang er wieder ab und
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