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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Die Welt ist auch so schon schlimm genug, ohne einen unsterblichen Irren auf dem Thron von Konstantinopel!«
    Süleyman nahm die Beleidigung fast belustigt hin. »Nein, ich kann mir nicht vorstellen, dass du das tust … obwohl ich es mir gewünscht hätte, ganz ehrlich. Und warum eigentlich nicht? Stell es dir nur für einen Moment vor, Andrej: Du mit deinem Wissen um so viele Dinge, von denen niemand sonst weiß, und ich mit meiner Macht und all meinen Soldaten … wir könnten die Welt zu einem besseren Ort machen, als er jemals war. Ich weiß, du hältst mich für ein Ungeheuer, aber das bin ich nicht. Ich weiß nur, dass es manchmal erst schlimmer werden muss, bevor es besser wird.«
    Andrej fand es überflüssig, darauf zu antworten. »Du könntest mein Gewissen sein und darauf achten, dass es nicht zu schlimm wird«, drängte Süleyman. Als er wieder keine Antwort bekam, seufzte er enttäuscht und wechselte die Taktik. »Wenn du es nicht meinetwegen tun willst, oder um noch ein wenig am Leben zu bleiben, dann Murida zuliebe, Andrej. Du hast gesagt, dass sie dir etwas bedeutet. Wenn das keine Lüge war, dann hilf ihr. Du weißt, was auf sie zukommt. Für sie ist das alles neu und erschreckend, und sie wird Fehler machen, vielleicht sogar in Gefahr geraten. Du hast ihr einmal das Leben gerettet. Jetzt hilf ihr auch, mit diesem Leben zurande zu kommen. Das bist du ihr schuldig!«
    »Sie wird alles von selbst herausfinden«, antwortete Andrej.
    »Aber sie wird leiden. Sie wird Fehler machen, vielleicht schlimme Fehler. Sie wird anderen und sich selbst Schaden zufügen! Pass ein wenig auf sie auf, und hilf ihr mit diesem neuen Leben. Das ist alles, was ich von dir verlange.«
    »Und dafür lässt du mich am Leben?«, fragte Andrej. »Und ich bekäme die Gelegenheit, dich vielleicht doch noch zu überzeugen«, fuhr Süleyman unbeeindruckt fort. Andrej schüttelte den Kopf. »Du wirst sterben, Süleyman. Du hast nicht die mindeste Ahnung, worauf du dich da eingelassen hast.« »Dann erklär es mir!«
    »Das wäre vergeudete Zeit«, antwortete Andrej. »Du wirst Konstantinopel nicht wiedersehen. Wenn ich dich nicht töte, dann das, was du in diesen Gräbern geweckt hast. Und wenn nicht das, dann wird Abu Dun es tun.« »Abu Dun?« Süleyman tat so, als sagte der Name ihm nichts. Dann nickte er sehr langsam. »Du meinst diesen Abu Dun?« Er deutete hinter ihn, und Andrej drehte sich herum. Offenbar war es doch Abu Duns Nähe gewesen, die er gespürt hatte.

Kapitel 39
    Gleich vier von Süleymans Soldaten hatten Abu Dun vor sich auf die Knie gestoßen und bedrohten ihn mit gezückten Säbeln, und ein fünfter zielte mit einer langläufigen Muskete auf seinen Nacken. Der Nubier war so übel misshandelt worden, dass er sich kaum noch auf den Knien halten konnte, dennoch aber mit stabilen Ketten gefesselt. Sein Gesicht war blutüberströmt und geschwollen, und seine Augen blickten trüb. Andrej war nicht sicher, ob er ihn überhaupt erkannte.
    »Ich erhöhe mein Angebot«, sagte Süleyman lächelnd. »Um das Leben eines Unsterblichen. Obwohl … bei seiner Größe müsste man ja eigentlich schon von zweien sprechen.«
    Andrej schwieg.
    »Nun gut«, seufzte Süleyman, leise und wie zu sich selbst. »Das war ich mir selbst schuldig … und natürlich meiner Tochter.« Mit einer bedächtigen Bewegung setzte erden Turban ab und gab ihm einem der herbeieilenden Männer, ein anderer nahm ihm den Mantel ab. Erst jetzt sah Andrej, dass er darunter einen prachtvollen Schwertgurt trug, aus dessen Scheide der vergoldete Griff eines ganz besonderen Saif ragte. »Wenn du mich tötest, mache ich dich ganz gewiss nicht unsterblich«, spottete Andrej. »Und wenn ich dich am Leben lasse, tust du es?«, erkundigte sich Süleyman. Andrej verzog nur geringschätzig die Lippen.
    »Ja, das dachte ich mir.« Süleyman zog den Saif und maß Andrej mit einem sehr langen Blick. »Die Sache ist nur die, Andrej, dass ich dich nicht mehr brauche. Ich habe lange überlegt, wie ich dich dazu bringen soll, mich zu einem von euch zu machen. Aber je besser ich dich kennengelernt habe, desto überzeugter war ich, dass es mir nicht gelingen würde. Du bist ein Mann von Ehre und gewissen Prinzipien, habe ich recht? Und ich fürchte, so seltsam es sich auch anhören mag, wenn man ihn sieht, dass dasselbe auch auf deinen Freund zutrifft. Ihr hättet es nie getan.«
    Andrej hob die Schultern und spannte möglichst verstohlen die Unterarmmuskeln. Seine Fesseln
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