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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige
Autoren: Oliver Pötzsch
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Delegation von Höflingen und Soldaten nahm die beiden mit Geschenken und Ehrerbietungen in Empfang und geleitete sie zu einer nahe gelegenen Kutsche.
    Karl erhob sich von seinem Schemel und begab sich hin­über zu einem prächtigen Zelt, das zwischen einigen verkrüppelten Pinien unweit des Ufers stand. Sein Kanzler Mercurino di Gattinara wartete bereits davor.
    »Verlief alles zu Eurer Zufriedenheit, Majestät?«, fragte der ganz in Schwarz gekleidete oberste Berater und verbeugte sich tief.
    Karl zuckte mit den Schultern. »Er ist ein stolzer Mann, dieser Franz. Wir können nur hoffen, dass er sich an die Abmachungen hält, die wir ihm aufgezwungen haben.«
    »Ihr vergesst, dass wir seine zwei Söhne als Geiseln haben.«
    »Sollen wir die beiden etwa foltern und aufhängen, wenn ihr Vater sein Versprechen bricht?« Der Kaiser schüttelte den Kopf. »Das würden uns die europäischen Fürsten niemals verzeihen, und Franz weiß das. Beten wir also, dass er so bald wie möglich meine Schwester Eleonore heiratet und dann endlich den Platz einnimmt, den die Geschichte für ihn bestimmt hat. Nämlich den des ewig Zweiten.«
    Er schlug einen schweren Teppich beiseite und betrat das Zelt, in dem ein bullernder eiserner Ofen und ein hastig ­zu­sammengezimmerter Tisch mit etlichen Papieren darauf standen. Karl war dafür bekannt, auch auf seinen Reisen viel zu arbeiten. Er beugte sich über eine Karte, die einen Großteil Europas mit seinen jeweiligen Kriegsgebieten zeigte. Die Lombardei, Ungarn, die osmanischen Piraten im Mittelmeer … Die Bauernaufstände in Süddeutschland waren nicht darauf verzeichnet. Dafür waren sie doch zu klein und zu unbedeutend gewesen. Nach anfänglichen Mühen hatte das Heer unter Truchsess Georg von Waldburg-Zeil diesen ungebildeten Bauern schnell den Garaus gemacht, ihre Anführer waren gefoltert und auf möglichst abschreckende Weise hingerichtet worden. Einer der letzten von ihnen war ein ge­wisser Florian Geyer gewesen, ein ehemaliger Ritter, der von zwei gedungenen Schergen auf dem Heimweg zu seinem Schloss erdolcht worden war. Nun konnte sich Karl wieder ganz den wirklich wichtigen Dingen im Reich zuwenden.
    Hinter ihm räusperte sich Mercurino di Gattinara.
    »Was gibt es denn noch?«, wollte der Kaiser wissen.
    »Diese Stauferaffäre …«, begann der Kanzler. »Habt Ihr Franz darauf angesprochen?«
    Karl nickte abwesend. »Das habe ich. Er hielt sich bedeckt. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass die Franzosen dieses Mädchen tatsächlich gefunden haben.«
    »Sollen wir weiter nach ihm Ausschau halten? Ich könnte einen neuen Agenten …«
    »Vergesst es«, unterbrach ihn Karl harsch. »Es ist eine Legende, mehr nicht. Wir hätten uns niemals darauf einlassen sollen.«
    »Und was ist mit der Heiligen Lanze?«, hakte Gattinara nach. »Es gibt alte Dokumente, die belegen, dass die echte Lanze damals von der Stauferin Constanza gestohlen wurde. Vielleicht weiß ja deren Nachfahrin …«
    »Ich sagte, es reicht! Diese Angelegenheit hat schon genug Durcheinander verursacht. Verbrennt die dazugehörigen Akten, damit nicht noch einmal ein solches Malheur passiert.« Karl schüttelte zornig den Kopf. »Die Gräber der deutschen Kaiser zu schänden! Darunter auch das meines verehrten Urahnen Rudolf von Habsburg! Was ist nur in diesen Tan­ningen gefahren? Wenn er noch lebte, würde ich ihn auf einen Scheiterhaufen stellen und eigenhändig anzünden! Und Euch gleich dazu, Gattinara. Wie konntet Ihr mir nur ein solches Chaos anrichten!« Er machte eine ungeduldige Handbewegung. »Und nun lasst mich endlich in Ruhe. Ich habe zu arbeiten.«
    »Wie Ihr wünscht, Eure Majestät.«
    Mit einer letzten Verbeugung zog sich der Kanzler zurück und ließ Karl mit seinen Papieren allein. Noch bis Mittag brütete der Kaiser über den vielen Landkarten, die mit bunten Pfeilen, Strichen und Kreisen vollgekritzelt waren. Karl berechnete die Truppenstärken seiner Landsknechte und die Anzahl von Mörsern, Falkonetten und Arkebusen, er überschlug den Wert der Schiffsladungen, die aus der Neuen Welt fast wöchentlich in den spanischen Häfen eintrafen. Er studierte die Schreiben seines Bruders Ferdinand, die vom Ausbreiten des lutherischen Ketzertums berichteten.
    Nur ein einziges Mal fiel der Blick Seiner Majestät dabei auf eine Karte der Pfalz und auf das kleine Waldstück nördlich der Vogesen, wo einst einmal der Mittelpunkt des Deutschen Reiches gewesen war. Ein winziger Punkt markierte jene Burg,
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