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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige
Autoren: Oliver Pötzsch
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den Wind warf. Die Schnipsel trieben davon wie Schneeflocken und verschwanden schließlich hinter der Kuppel des Doms.
    Dann nahm sie Mathis’ Hand, und gemeinsam gingen sie die Galerie entlang bis zum östlichen Ende, wo die Sonne als leuchtender Ball über dem Rhein stand und einen neuen Tag verkündete.
    Agnes lächelte. Es würde der erste schöne Tag seit langem werden.

KAPITEL 25
    Am Grenzfluss Bidasoa,
    17. März, Anno Domini 1526
    ebel hing in dicken Schwaden über dem Wasser und verwischte die Grenze zwischen Himmel und Fluss. Der Morgen graute, und aus irgendeinem der vielen Bergklöster in der Nähe waren leise Glockenklänge zu vernehmen, die sich mit dem Gemurmel der kaiserlichen Leibgarde vermischten. Plätschernd schlug die Strömung gegen das sandige Ufer auf spanischer Seite.
    Der Kaiser saß auf einem eigens für ihn herbeigeschafften Schemel mit Samtpolsterung und beobachtete von dort aus den kleinen Kahn, der von französischer Seite durch die trüben Fluten stach und auf einen Holzponton in der Mitte des Flusses zuhielt. Karl fröstelte, ein leichter Regen fiel auf sein mit Goldborten verziertes Barett, trotzdem hatte er es sich nicht nehmen lassen, die Übergabe persönlich zu überwachen. Drei Dutzend seiner treuesten Soldaten warteten im Unterholz auf seine Befehle. Nicht weit von ihm ging König Franz I. unruhig hin und her, der Umhang schmutzig und nass vom feuchten Ufersand; immer wieder starrte der französische Herrscher hinüber zu der Barke, die sich mit klatschenden Ruderschlägen der künstlichen Insel näherte.
    »Hat Euch Spanien so wenig gefallen, dass Ihr jetzt gar nicht schnell genug zurück nach Paris kommt?«, fragte der Kaiser mit argloser Miene. »Ich hoffe doch, Ihr habt unsere Gastfreundschaft wenigstens ein bisschen genossen.«
    Franz schnaubte und trat mit dem Stiefel in den Sand, dass die Körner aufspritzten. »Ein Käfig bleibt ein Käfig, auch wenn er golden ist«, erwiderte er barsch. »Ihr habt mich zu einer Unterschrift gezwungen, Majestät. Erwartet nicht, dass ich nun in diesen letzten Augenblicken dem höfischen Zeremoniell Genüge tue und auch noch Süßholz raspele.«
    Der Kaiser lächelte. Er mochte die manchmal ruppige Art des französischen Königs und würde ihn wirklich vermissen. Im Grunde waren sie so etwas wie Brüder.
    Brüder der Macht , dachte Karl. Und daher Todfeinde.
    Seit der Gefangennahme nach der Schlacht in Pavia war über ein Jahr vergangen. Nach seiner Gefangenschaft in der Festung Pizzighettone war Franz I. auf eigenes Bitten hin zuerst nach Barcelona, dann nach Valencia und schließlich in den Alcázar von Madrid gebracht worden. Vor zwei Monaten schließlich hatte er dort einen Vertrag unterzeichnet, in dem er die Herzogtümer Mailand, Flandern, Artois und Burgund an das Deutsche Reich abtrat. Außerdem verpflichtete der König sich, Karls ältere Schwester Eleonore zu heiraten, um das Bündnis zwischen Frankreich und den Habsburgern weiter zu festigen. Erst dann hatte man den Gefangenenaustausch vereinbart. Franz I. durfte zurück nach Frankreich gehen, seine beiden kleinen Söhne hingegen sollten im Gegenzug als Geiseln in Spanien bleiben.
    Karl nickte zufrieden. Er hatte auf ganzer Linie gewonnen.
    Dabei hatte es durchaus Momente gegeben, wo er sich seines Sieges nicht mehr sicher gewesen war. Wenn Franz tatsächlich diese Staufernachfahrin gefunden hätte, wer weiß, wie sich das Schicksal Europas dann entwickelt hätte? Neugierig sah der Kaiser hinüber zum französischen König, der in seinem unruhigen Marschieren innegehalten hatte und nun nachdenklich auf das sich kräuselnde Wasser starrte. Ob ihm gerade dieselben Gedanken durch den Kopf gingen?
    »Ich habe Euch nie danach gefragt, was Euer Agent eigentlich damals in der Pfalz herausgefunden hat«, sagte Karl schließlich, während er gelangweilt an seinem Wams zupfte. »War er erfolgreich?«
    Franz drehte sich überrascht zu ihm um. »Welcher Agent?«
    »Nun tut nicht so scheinheilig. Damals während Eurer ­Gefangenschaft habe ich Euch schon einmal darauf angesprochen. Es gibt nun keinen Grund mehr, es abzustreiten. Hättet Ihr dieses Mädchen wirklich gefunden, glaubt mir, ich wüsste längst davon.« Karl seufzte. »Außerdem glaubt Ihr doch nicht im Ernst, dass eine Heirat mit einer Stauferin Eure Chancen auf den Thron des Reichs erhöht hätten.«
    »Nicht?« Franz schmunzelte und wandte sich nun in­ter­essiert dem Kaiser zu. »Nun, offenbar war Euch die
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