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Silberhuf

Silberhuf

Titel: Silberhuf
Autoren: Alan Winnington
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Erstes Kapitel
    Ich habe schon in Büchern über Leute gelesen, die sich wie im siebenten Himmel fühlen, und plötzlich geschieht etwas, und sie stürzen hinab ins Jammertal. Aber was das bedeutet, wußte ich erst in dem Augenblick, als ich den Jeep in Klump gefahren hatte.
    Wir befanden uns sieben Tagereisen vom Himalaja entfernt und mehr oder weniger auf der Hälfte des Weges zum Takla-Gebirge. Auf dem ganzen Weg waren wir keiner einzigen Menschenseele, nicht einmal Spuren von menschlichen Wesen begegnet. Seit wir die nördlichen Ausläufer des Himalaja-Gebirges verlassen hatten, waren wir unentwegt bergauf geklettert. Unsere Meßinstrumente im Jeep zeigten bereits eine Höhe von viertausend Metern über dem Meeresspiegel an, und es ging immer noch höher. In den ersten Nächten konnte ich nur sehr schwer einschlafen, weil mein Herz wie wild in meiner Brust raste. Es versuchte krampfhaft, mehr Blut in meine Lungen zu befördern, um mehr Sauerstoff heranzuschaffen, der in dieser dünnen Luft sehr knapp ist. Langsam gewöhnte es sich jedoch an die neuen Bedingungen, und mein Körper fing an, mehr rote Blutkörperchen zu bilden. So war mein Herz bald weniger geneigt, gegen meine Rippen zu hämmern.
    Obwohl mich ein paar lumpige Schritte bergauf immer noch aus der Puste brachten, fühlte ich mich himmlisch in der reinen Höhenluft, so nah bei der Sonne, dem Mond und den Sternen. In diesem grellen ultra-violetten Licht scheinen alle Farben zu vibrieren und irgendwie viel mehr Leuchtkraft zu besitzen. Unten, dicht über dem Meeresspiegel, kann man sich dieses tiefe Blau oder das strahlende Weiß, das einen da oben erwartet,einfach nicht vorstellen. In dieser Höhe wächst nichts als Gras. Die ganze Landschaft ist ein einziges riesiges Hochland. Soweit das Auge reicht, ragen überall Berge auf — in allen Himmelsrichtungen. Eine Gebirgskette folgt der anderen, immer parallel, immer anders und doch immer gleich. So geht das weiter, bis die Bergriesen am Ende in einen blaugrauen Dunst unendlicher Ferne verschwinden. Und unser Ziel, die ewig mit Schnee bedeckten Berge der Takla-Kette, die wir nach den Schneemenschen durchforschen wollten, schien außerhalb unseres Blickfeldes in den Wolken zu schweben.
    Zwischen den Gebirgsketten breiten sich weite ebene Flächen aus, uralte ausgetrocknete Seebetten, jetzt grasbewachsene Matten. Dort, wo eine aufhört, beginnt die andere, Tal auf Tal, aufgereiht wie die Perlen am Halsband.
    In der Ebene kamen wir schnell voran, aber die Talausgänge zu durchqueren bedeutete oft harte Arbeit. Vor langer, langer Zeit hatte das Wasser diese schmalen Pfade, die ein Tal mit dem anderen verbanden, in die Felsen eingeschnitten. Wir hatten inzwischen die Grasgrenze erreicht, eine Höhe, in der selbst in diesem südlichen Gebiet das Gras aufhört zu wachsen. Daher bestand der Talboden oft mehr aus Steinen als aus Gras. Und die Hügel ringsumher waren nichts als Fels, Geröll und Flugsand.
    In der Nacht vor dem Unglück zelteten wir wie gewöhnlich an einem Felsbach. Dabei ging unser letztes Holz drauf. Wir hatten es von unten mitgeschleppt, um einen Fasan zu grillen, den Vater mit seiner Coltbüchse runtergeholt hatte. Er schoß übrigens nur für den Kochtopf, um unsere Reserven zu schonen.
    Während das Feuer langsam verglomm, lagen wir auf unseren Klappbetten im Jeep und schwatzten.
    Plötzlich erwachte ich, und es war Morgen. Draußen war alles dick mit Rauhreif überzogen. Vater fummelte am Benzinkocher herum, es war Zeit fürs Frühstück — ich mußte jeden Morgen den gleichen Kampf mit mir selber bestehen, wegen des leidigen Waschens! Denn in diesen Gebirgsbächen ist das Wasser so kalt, daß es genausogut Eis sein könnte. Aber schließlich kroch ich doch aus meinem warmen Schlafsack heraus und sauste nackt über die gefrorene Grasdecke zum Bach. Meine Füße erstarrten, als ich sie ins Wasser steckte. Aber ich hielt tapfer aus und benetzte mich von oben bis unten mit Wasser, bevor ich wieder zurückrannte. Ich war jetzt ganz warm, völlig außer Atem und so frisch, daß mich ein angenehmes Glücksgefühl durchrieselte.
    Sobald die Sonne aufging, taute der Rauhreif von unserem Jeep und dem Benzinanhänger ab, und an der Seite kam der Name meines Vaters — Mike Norton — in schwarzen Buchstaben wieder zum Vorschein.
    Ich glaube, es hat noch nie einen Jeep gegeben, der so phantastisch ausgerüstet war wie der unsrige. Ein stattlicher Haufen von wissenschaftlichem Zauber und
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