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Die Boten des Todes

Die Boten des Todes

Titel: Die Boten des Todes
Autoren: Hans Gruhl
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sozusagen freischwebend
über dem See. Die Entfernung zum Wasserspiegel beträgt zwanzig Meter.«
    Irmela stöhnte wohlig auf. »Ein
herrlicher Platz für einen Mord! Man könnte eine Falltür einbauen...«
    Herr van Noringen lächelte. »Auch die
Aussicht ist hervorragend. Wir werden nachher Gelegenheit haben, sie zu
genießen. Nun rasch noch den Park und den Badeplatz.«
    Sie gingen von der Terrasse fort,
zurück durch die Blumenbeete. Der Weg führte geschlängelt durch Palmen, Bambus,
Kastanien. Doktor Carlo erläuterte Frau Zirli mit Kennerschaft die Merkmale des
Judasbaumes und des Dogwoods.
    Der Pfad senkte sich jetzt zum Ufer
hinunter. Das Rauschen der Wellen wurde deutlicher, bis die blauflimmernde
Wasserfläche zu erkennen war. Ein ovaler Kiesstrand grenzte an den See.
    Ada lief vor und tauchte ihre Hand ins
Wasser. »Herrlich warm!«
    »Dort ist das Bootshaus«, sagte ihr
Mann und zeigte zur linken Seite hinüber, wo das Wasser um die Pfähle des
kleinen Schuppens schlug. »Ich habe mir erlaubt, uns einen kleinen Outborder zu
besorgen. Bitte, verehrte Frau Zirli, wenn Sie sich schon überlegen wollen, auf
welche Weise man ihn für Ihre Zwecke verwenden könnte.«
    »Ertrinken!« knurrte Irmela.
»Altmodisch.«
    Der Doktor betrachtete interessiert ein
Schild in der Nähe des Ufers.
    » Attenzione Vipere! Vorsicht, Schlangen!«
    »Nur um Fremde abzuschrecken«, sagte
Herr Adrian. »Es nimmt leider überhand mit den Unbefugten.«
    »Gibt es hier Schlangen?« fragte Frau
Ada ängstlich.
    »Leider sehr wenige, mein Herz«,
erwiderte Irmela. »Die Tessiner Bergviper zum Beispiel. Aber sie hat es in
sich.«
    »O Gott! Wie sieht sie aus?«
    »Nun — recht attraktiv. Etwa dreißig
bis vierzig Zentimeter lang. Bis zu fünf Zentimeter Durchmesser, rötlich oder
gelb, äußerst giftig — ein allerliebster kleiner Aal!«
    Frau Ada schüttelte sich.
    Herr van Noringen räusperte sich zart.
»Und nun, meine Lieben, steht mir eine gewisse Anstrengung bevor. Gestattet,
daß ich mich sammle.«
    Man folgte ihm schweigend den Weg
zurück bis zur Terrasse.
    Herr Adrian öffnete weit die
Glaspforte. Er trat auf seine Frau zu und faßte sie liebevoll ins Auge.
    »Ada«, sagte er, »es ist in meinem
Alter nicht mehr ganz einfach. Ich will es dennoch mit Gottes Hilfe versuchen.«
    Bevor sie ein Wort der Abwehr oder des
Erstaunens äußern konnte, hatte sich Herr Adrian niedergebeugt. Er umfaßte sie,
stützte ihre Kniekehlen mit dem linken Arm und hob sie empor. Herr Adrian holte
Luft und schritt steifbeinig auf die Tür zu. Kurz vor der Schwelle geriet er
ins Straucheln. Doktor Carlo Cigaglia wollte hinzuspringen und ihn stützen. Ada
stieß einen leisen Schrei aus. Irmela betrachtete beide mit satanischem
Vergnügen. Aber es gelang Herrn Adrian, sich ohne fremde Hilfe wieder
aufzurichten. Er überstieg die Schwelle mit Ada, verwitweter Jokaster,
verehelichter van Noringen auf den Armen. Behutsam setzte er sie nieder. Sein
Gesicht war rot wie ein gesottener Hummer.
    »Willkommen bei uns, Frauchen!«
    Ada umarmte ihn stürmisch. »Adrian! Du
bist ja ein Jüngling!«
    »Stärke dich, mein Alter!« sagte Carlo.
    Er reichte ihm eine flache
Taschenflasche. Adrian nahm einen kleinen Schluck und hustete. Für einen
Augenblick wurde das Rot seines Gesichtes noch dunkler.
    »Danke dir, alter Freund. Gehen wir
durchs Haus.«
    Man betrat ein weites,
lichtdurchflutetes Vestibül. Ada lauschte verzückt den Worten ihres Mannes.
    »Ich will euch heute nicht mit
langwierigen Erläuterungen aufhalten. Gestattet mir nur den Hinweis, daß die
außerordentlich klare architektonische Gliederung und Aufteilung der Räume mich
begeistert hat. Die erste Tür links führt in den Wintergarten. Rechts gelangen
wir durch das Musikzimmer in die Bar, die ich euch vorhin gezeigt habe. Die
zweite Tür zur Linken führt in die Bibliothek, in der wir allerdings noch
manche Lücken auffüllen müssen. Ich denke hier vor allem an die gesammelten
Schriften unserer verehrten Frau Zirli. Die rechte hintere Tür ist die zum Speisezimmer.
Geradeaus kommen wir in den vorderen Flur und direkt zum Haupteingang.«
    Adrian schritt voran.
    »Von diesem Flur aus erreichen wir
links durch eine kleine Garderobe das Empfangszimmer. Rechts durch einen
Vorraum mit Besenkammer und Kellereingang die Küche und die Speisekammer. Eine
Durchreiche zum Eßzimmer wurde nicht vergessen. Links und rechts vorne noch
zwei kleine WCs. Davor zu beiden Seiten eine Treppe in das erste
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