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Die Boten des Todes

Die Boten des Todes

Titel: Die Boten des Todes
Autoren: Hans Gruhl
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noch nicht näher, Herr
van Noringen. Aber ich bin sehr glücklich über Ihre Worte. Und was das anlangt,
wovon Sie sprechen — auch ich kann mir nur einen Partner vorstellen, der in
einer Ehe Erfahrungen gemacht hat.«
    Adrian nickte. Erfahrungen hatte er.
    »Ein in allen Ehren ergrauter
Junggeselle wäre wohl doch nicht das Richtige für mich — es soll da manche
unpassende Gewohnheiten geben...«
    »Ich stimme völlig überein, gnädige
Frau.«
    »Deswegen bin ich auch dankbar, bei
diesem etwas — merkwürdigen Versuch gerade und als erstem Ihnen begegnet zu
sein.«
    Adrian ergriff zum zweiten Mal ihre
Hand und berührte sie mit den Lippen. »Ich bin Ihnen verpflichtet für diese
Worte. Es ist ein Segen, daß ich Ihnen heute begegnet bin.« Adrian schmunzelte
leicht. »Nicht früher«, sagte er dann.
    Ada blickte verwundert. »Nicht früher?«
    Das Lächeln von Herrn van Noringen
vertiefte sich. Er hatte jetzt viele lustige Falten und sah aus wie ein
Bratapfel.
    »Ich hoffe, Sie nehmen mir einen
kleinen Scherz nicht übel, den ein alter Freund von mir immer zu machen pflegt,
wenn er eine Witwe sieht. Er sagt: ›Gottlob, daß ich die nicht geheiratet habe!
Sonst wäre ich jetzt tot.‹«
    Ada betrachtete ihn einige Sekunden
lang mit geöffnetem Mund. Wie recht du hast, dachte sie.
    Dann begann sie zu lachen, herzhaft und
laut, ohne Rücksicht auf den Witwenstand und Edgar. Herr van Noringen sah sie
an, atmete erleichtert auf und stimmte in das Gelächter ein.
    »Den Mann muß ich kennenlernen«, sagte
Ada.
     
    Die Gelegenheit dazu fand sich vier
Wochen später, vierzehn Tage nach der Verlobung von Frau Ada Jokaster mit Herrn
Adrian van Noringen.
    Doktor Carlo Cigaglia stammte aus
Ascona und war seit langen Jahren Adrians Rechtsanwalt. Er erledigte alles für
seinen Freund; vorwiegend aber delikate Dinge, die besonderes
Fingerspitzengefühl erforderten.
    Man saß wieder im Erker von Adas Salon.
Der Sherry war kühl und von bewundernswerter Güte. Ein dritter Stuhl war für
den Doktor herangerückt worden. Seine Gestalt war zierlich, sein Schädel
hochgewölbt. Nur einzelne schwarze Haarsträhnen zogen über die Schläfenbeine zu
den gewaltigen Ohren. Er trug einen hellblauen Anzug aus Rohseide und hielt ein
sorgsam gebundenes Aktenstück in seinen Händen.
    »Ich fasse noch einmal zusammen: Aus
dem beiderseitigen Vermögen wird zu gleichen Teilen bei der Banca del Gottardo
ein gemeinsames Konto von fünfhunderttausend Schweizer Franken eingerichtet.
Hiervon wird das Grundstück Casa Sasso quadrato in Ronco erworben, dessen Kauf
von beiden Partnern bereits zugestimmt wurde. Die beiden bisherigen Wohnsitze
werden aufgegeben. Die Testierende Summe des Kontos bei der Banca del Gottardo
bleibt zur Führung des neuen, gemeinsamen Haushaltes. Zudem ist es jedem der
zukünftigen Ehegatten gestattet, ein beliebiges, privates Konto zu führen.
Eingebrachter Schmuck«, er verbeugte sich galant gegen Frau Ada, »Möbel,
Hausrat etc. verbleiben im jeweiligen Besitze dessen, der diese Gegenstände
eingebracht hat.«
    Doktor Carlo Cigaglia machte eine
Pause. Er nippte an seinem Sherryglas. Dann trat ein ernster Ausdruck auf sein
Gesicht, der dem Gegenstand, von dem er jetzt sprechen mußte, angemessen war.
»Im Falle des Ablebens eines der Ehegatten fallen Haus und Grundstück,
gemeinsames Vermögen sowie das der Privatkonten an den überlebenden Teil.«
    Nach einer Pause hob er die Stimme.
    »Da auf beiden Seiten keinerlei
Angehörige oder Erben mehr vorhanden sind, haben wir für den unseligen Fall des
frühen Ablebens beider Ehegatten eine Zusatzbestimmung aufgenommen. Sie regelt
die Erbnachfolge. Das verbliebene Vermögen sowie die Besitzrechte am Grundstück
Sasso quadrato werden halbiert. Frau Jokaster benannte als erbberechtigt ihre
langjährige Freundin Frau Irmela Zirli, Schriftstellerin, wohnhaft in Lugano.
Herr van Noringen hatte die unbeschreibliche Güte, mich zum Erben seiner Hälfte
einzusetzen.«
    Der Anwalt schwieg ergriffen, bevor er
wieder lächelte.
    »Nun — ich hoffe, daß unser Brautpaar mit
langen Jahren vergnüglichen Lebens gesegnet sein möge, in denen es genügend
Gelegenheit findet, das erarbeitete Geld auszugeben.«
    Signor Cigaglia schloß mit leichter
Hand die Akte. Er sah in zufriedene Gesichter.
    Die Klausel mit dem Privatvermögen ist großartig,
dachten Ada und Adrian und hofften, daß der andere die eigenen Gedanken nicht
erriete. Und das Erbrecht des Überlebenden war ganz natürlich und
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