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Die Boten des Todes

Die Boten des Todes

Titel: Die Boten des Todes
Autoren: Hans Gruhl
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bedankte sich beim Patron und
zahlte mit unauffälliger Eleganz.
     
    Der große, englische Wagen roch
angenehm nach Leder und Holz. Herr Adrian fuhr gemächlich am Rand der Berge auf
der Uferstraße, und der See glitzerte neben ihnen. Nach behaglichen zwanzig
Minuten schwang die Straße vom See ab. Sie gerieten in einen Mischwald von
Eßkastanien, Zedern und Akazien. Dann tauchte zur Rechten eine Mauer auf,
mannshoch und aus beworfenen Steinen. Adrian fuhr langsam. Knapp hundert Meter
weiter endete die Mauer mit einem schmiedeeisernen Tor. Adrian stoppte. Ada sah
hinaus. Ein Klingelzug mit einem birnenförmigen Griff hing rechts neben der
Einfahrt. Darunter hielten große kupferne Nägel eine Marmortafel. »Casa Sasso
quadrato«.
    Ada schmiegte sich an Adrian. Er küßte
sie sanft auf die Wange, stieg dann aus und öffnete das Tor. Der Weg gabelte
sich.
    Adrian fuhr geradeaus bis zur Garage.
Es war ein würfelförmiger Bau mit zwei Stahltoren, die nach oben schwangen. Im
Inneren stand ein kleinerer, offener Sportwagen, beige mit roten Polstern,
Adrians Hochzeitsgeschenk vom Privatkonto.
    Man wandelte den Weg entlang, der im
rechten Winkel weiterführte, vorbei an Eukalyptusbäumen und Palmen, bis er sich
mit dem Abzweig wieder vereinigte und auf einem halbrunden Plateau endete. Sie
standen vor dem Haus.
    »Liebe Ada, meine Herrschaften«, sprach
Herr van Noringen nicht ohne Rührung, »mit Absicht habe ich mit dem
Willkommensgruß gewartet, bis wir an diesem Orte stehen. Ich möchte ihn euch
hier entbieten in der festen Hoffnung, dich, liebste Ada, in diesem Hause immer
glücklich zu sehen, und euch, liebe Freunde, immer meine treuesten Gäste nennen
zu dürfen!«
    Das Haus war rechteckig, breiter als
hoch, mit einem Walmdach. Sechs Fenster lagen in zwei Reihen übereinander. Die
zweiflügelige Eingangstür schied sie in genauer Symmetrie und über ihr, am Fuße
des Daches und niedriger als der First, ragte ein kleiner Turm mit einer Uhr.
Sie hatte verschnörkelte Zeiger und Ziffern und eine lateinische Inschrift.
    »Ist die apart«, sagte Irmela. »Was
steht dort?«
    »Mors certa, hora incerta,
Verehrteste«, erklärte Doktor Cigaglia beflissen: »Der Tod ist sicher, die
Stunde ungewiß.«
    »Sehr sinnig.«
    »Leider wahr«, sagte Adrian. »Ich
schlage vor, daß wir zuerst das Grundstück ansehen.«
    Die Herren boten den Damen ihren Arm.
Das Haus lag inmitten eines Gartens von Rasen und Beeten. Herr van Noringen
führte seine Frau bedachtsam durch blühende Rosen, Stiefmütterchen, Narzissen
und Napoleonröschen.
    Die rechte Seite des Hauses zeigte die
gleichen Fensterreihen wie die Vorderfront, nur dichter beieinander. Man
gelangte an die Seeseite. Ada klatschte in die Hände und stieß einen Laut des
Entzückens aus. Vor einer mächtigen, gläsernen Tür breitete sich eine Terrasse
aus. Ihre weiße Kiesfläche war umsäumt von einem dichten Glycinienteppich. Eine
Gruppe von Gartenmöbeln aus unbehauenen Stämmen füllte einen Winkel der
Terrasse. Herr Adrian deutete zum See.
    »Dort rechts Brissago — von dort sind
wir gekommen.«
    »Ah — die Artischocken.« Irmela leckte
sich die Lippen und glich erschreckend einem Gaul, dem man Zucker gegeben hat.
    »Das Glaspulver«, lächelte Doktor
Carlo.
    Herrn Adrians Hand wanderte nach links.
»Diese beiden kleinen Inseln sind die Isole di Brissago. Der Berg uns gegenüber
ist der Gamborogno. Ganz links auf der Landzunge sehen wir Ascona. Genug der
Erdkunde. Ich bitte mir zu folgen.«
    Er schritt vorsichtig weiter nach vorn.
Nach einem schmalen Baumstreifen fiel das Ufer unvermittelt steil ab. Herr
Adrian wandte sich nach links. Die Steilküste bog rechtwinklig zum Haus hin um
und fiel jetzt senkrecht in die Tiefe. Leises Wasserrauschen klang herauf.
    »Von der anderen Seite sieht man es
besser«, erläuterte Adrian. »Diese Fläche ist aus völlig glattem Fels und
nahezu quadratisch. Von ihr hat das Haus seinen Namen. Sie reicht unmittelbar
an die rechte hintere Ecke des Gebäudes heran.«
    Noringen wies nach oben. In Höhe des
Erdgeschosses ragte an der linken Front ein fast völlig verglaster,
erkerartiger Vorbau heraus. Er hing frei über der quadratischen Felsplatte.
    »Das dort, liebe Freunde, ist die Bar.
Ich bekenne, daß mich ihre Anordnung wesentlich zum Kauf des Hauses veranlaßt
hat, wobei ich den Hinweis meines Freundes Cigaglia nicht unerwähnt lassen
möchte.« Er verbeugte sich leicht gegen den Doktor, und dieser erwiderte die
Verneigung.
    »Man trinkt
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