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Die Boten des Todes

Die Boten des Todes

Titel: Die Boten des Todes
Autoren: Hans Gruhl
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allgemein
gebräuchlich. Es ist durchaus damit zu rechnen, daß einer von uns zuerst vom
Zeitlichen Abschied nimmt.
    Auch Signor Cigaglia war freundlicher
Laune. Abgesehen davon, daß man seine juristischen Pflichten mustergültig
erfüllt hatte — er. war äußerst befriedigt, daß es ihm zusätzlich gelungen war,
die beiden zu der letztgenannten Klausel des Ehekontraktes zu überreden. Ein
Ehepaar konnte verunglücken. Man wollte es bei Gott nicht hoffen, aber was
dann? Schließlich habe ich den Burschen bei allen möglichen Gelegenheiten
jahrzehntelang unterstützt — nicht immer bei den saubersten. Und mit Frau Zirli
würde man sich arrangieren.
    »Ja, mein lieber Carlo«, sagte Herr van
Noringen, »das hast du wie immer großartig gemacht. Ich bin sehr froh, dich bei
uns zu haben, wenn wir unten sind.«
    »Sie müssen uns immer besuchen«,
hauchte Ada.
    Signor Cigaglia versprach, es so oft
wie möglich zu tun.
    Adrian fragte: »Ist mit Lady
Chisterbeere alles geregelt?«
    »Alles«, antwortete Carlo. »Ihr könnt
in vier Wochen einziehen. In einer Woche zieht sie aus. Wenn wir für die
notwendigen Renovierungen und das Einrichten drei Wochen ansetzen — die
Hochzeitsfeier wird in dem Haus zum viereckigen Felsen stattfinden.«
    Ada ergriff Adrians Arm. Er lächelte
bewegt.
     
    Adrian van Noringens Jawort klang
männlich und fest. An Adas Wimpern hingen ein paar zarte Tränen. Aber auch ihr
Ja klang entschlossen. Das Paar verließ orgelumrauscht die kleine Kirche am See
und nahm die wenigen, aber herzlichen Glückwünsche entgegen. Dann fuhr man zum
Giardino in Brissago, wo ein Tisch für vier Personen bestellt war. Doktor Carlo
Cigaglia saß links neben Frau van Noringen, ihr gegenüber Irmela Zirli, ihre
älteste Freundin.
    Irmela war fast doppelt so groß wie
Ada. Sie hatte einen schweren, knochigen Körper, dessen Grobheit sich in ihrem
Gesicht fortsetzte. Aber ihre Kriminalromane, die von Mord und Leichen strotzten,
brachten ihr genügend Geld, um ihr Äußeres vernachlässigen zu können. Auch zum
heutigen Tage hatte sie ein starrseidenes Kleid herausgesucht, das ihre Figur
umschloß wie ein Küraß und das bedrohlich schillerte. Sie wandte sich an den
Doktor.
    »Ihnen also verdanke ich meine
Altersversorgung, falls ich unser Ehepaar rechtzeitig um bringe?«
    Doktor Carlo nickte zuvorkommend. »Ich
darf mir diese Tat in aller Bescheidenheit anrechnen«, sagte er. »Es schien mir
unbillig, im Falle eines Schicksalsschlages nur an mich zu denken. Deswegen
schlug ich vor, daß auch unsere verehrte gnädige Frau einen Ersatzerben
benennen sollte. Ihre Wahl fiel auf Sie.«
    Signor Cigaglia trank stolz etwas Sekt
mit Orangensaft.
    Interessiert fragte Ada: »Du willst uns
umbringen?«
    »Es ist der einfachste Weg.«
    »Ah.« Adrian nickte neugierig. »Welche
Methoden haben Sie ins Auge gefaßt, Carissima?«
    »Nun — bei Ehepaaren scheidet manches
aus und anderes bietet sich geradezu an. In meinem Roman Stirb schnell,
Geliebter ließ ich ein jungbäuerliches Ehepaar in eine Dreschmaschine
stürzen. Die Unglücklichen. Sie wurden zermahlen. Ein anderes Ehepaar tötete
ich mit Artischocken. In den Böden war feinster Glasstaub, er bohrte sich
langsam durch die Darmwände und führte zu einem qualvollen Ende.«
    »Das finde ich schon besser«, sagte
Ada. Sie verzehrte den Boden ihrer Frucht mit Genuß. »Woher hattest du den
Glasstaub?«
    »Aus den gläsernen Schwänzen der Vögel,
die man zu Weihnachten an die Christbäume steckt.«
    »Hervorragend«, sagte Signor Cigaglia
und wiegte den Eierschädel.
    »Unter diesen Umständen bleiben wir
wohl doch lieber bei Schokoladenkringeln«, sagte Adrian.
    Irmela versuchte zu lächeln. »Keine
Sorge. Für euch wird mir etwas einfallen, was noch nie dagewesen ist. Ich
verspreche es.«
    Das Essen verlief in herzlichster
Harmonie. Mari nahm nach den Artischocken eine Plat du Patron mit
Filetscheiben, zwischen die Gänseleberpastete und Schinken gebettet war, trank
dazu einen Spitzenrose, aß zum Nachtisch flambierte Pfirsiche, die der Koch am
Tisch zubereitete, und fand alles unvergleichlich. Beim Kaffee empfand Doktor
Cigaglia einen gelinden Schweißausbruch, Irmela nichts dergleichen.
    »Laßt uns aufbrechen«, sagte Adrian
nach Kaffee und Kirsch. »Wir wollen uns in aller Muße das Haus ansehen. Danach
ruhen wir ein wenig. Am Abend steht uns noch manche Anstrengung bevor.«
    »Kann ich mir denken«, knurrte Irmela.
Man wußte nicht genau, wie sie es meinte.
    Adrian
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