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Die Boten des Todes

Die Boten des Todes

Titel: Die Boten des Todes
Autoren: Hans Gruhl
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Stockwerk.«
    Die Prozession folgte unter
anerkennendem Gemurmel. Ein größerer Flur bildete im Obergeschoß ein nach vorn
geöffnetes Rechteck. Die Treppen führten weiter auf den Boden. Zu beiden Seiten
lagen je zwei Fremdenzimmer, die Baderäume wieder zur Vorderfront hinaus. Der
hintere Teil des Korridors hatte nur zwei auseinanderliegende Türen auf jeder
Seite.
    »Hier, meine liebe Ada«, sagte Adrian,
»hat jeder von uns sein kleines Reich. Schlafzimmer, Bad, Salon beziehungsweise
mein Arbeitszimmer — wiewohl ich kaum im Sinne habe, noch viel zu arbeiten.«
    »Getrennte Schlafzimmer«, murmelte
Irmela. »Ausgezeichnet. Ich könnte es mir nicht vorstellen, mit einem Mann
zusammen zu schlafen.«
    Die anderen vermieden die Bemerkung,
daß auch sie sich das nicht vorstellen könnten. Adrian zeigte seinem Freund die
Räume, die er für sich vorgemerkt hatte. Währenddessen drangen spitze Schreie
der Begeisterung aus Adas Hälfte herüber.
    Als man auf dem Flur wieder
zusammengetroffen war, öffnete Adrian die Tür zu dem Raum, der inmitten des
Rechteckes lag.
    »Und hier das Vermächtnis Lady
Chisterbeeres. Sie hat es mir günstig überlassen. Ein Drawing-room mit Kamin
und einer kleinen Sammlung alter Waffen.«
    Der Raum war ebenfalls rechteckig und
ohne Fenster. Adrian schaltete das Licht ein. Ada stieß einen kleinen Schrei
aus. Direkt neben ihr stand ein eiserner Ritter mit heruntergeschlagenem Visier
und drohend erhobener Streitaxt.
    »Keine Sorge, meine Beste. Er ist
harmlos. Besteht nur aus der Rüstung.«
    An der Wand war ein breiter Kamin
eingelassen, umkränzt von Klubsesseln. An den Wänden standen und hingen
Hellebarden, Schwerter, Morgensterne, altertümliche Flinten und Armbrüste.
    »Ihr könnt euch verteidigen, wenn der
Tessin euch den Krieg erklären sollte«, sagte Doktor Cigaglia und prüfte die
Schneide eines Schwertes. »Du brauchst bloß in diese Rüstung zu schlüpfen.«
    »Ich werde fechtend auf der Burgzinne
fallen. Nun aber genug. Die Bar wartet.«
    Man schritt zurück durch das Vestibül
und durch das Musikzimmer in die Bar. Frau Zirli und Signor Cigaglia nahmen
Platz. Während Ada auf den See hinaussah, mixte Adrian mit fabelhafter
Geschwindigkeit die Cocktails.
    »Die Kellerräume sind uninteressant«,
sagte er, während er den Becher schüttelte. »Vom Boden aus gelangt man noch zum
Werk der Turmuhr. Es liegt im höchsten Raum des Hauses, abgeschlossen und
geschützt. Ein besonderer Genuß, diese Uhr aufzuziehen.«
    Als die Gläser auf dem Tisch standen,
erhob Signor Carlo das seinige.
    »Liebe Familie van Noringen — ich
möchte in aller Kürze von Herzen einen Glückwunsch aussprechen. In jedem Winkel
dieses schönen Hauses soll Freude euch umgeben. Bis an euer Lebensende!«
    Alles nickte behutsam und trank sich
zu.
     
    Spät in der Nacht lag Herr Adrian in
der Badewanne. Er spielte mit den Schaumgipfeln, die sich um ihn herum
aufgetürmt hatten und überdachte die Lage. Er war zufrieden mit der Entwicklung
der Dinge. Alles hatte sich bestens geordnet. Herr Adrian hörte nebenan in Adas
Bad das Wasser rauschen und lächelte. Er würde zu ihr gehen nachher, trotz des
Alters und der Strapazen des Tages. Auch die geschäftlichen Dinge standen zur
Zufriedenheit. Das Haus war bezahlt. Das gemeinsame Konto wies noch einen
stattlichen Überschuß auf. Man konnte spekulieren und das Vermögen vermehren.
Das Privatkonto war in sicherer Hut, völlig unangreifbar. Adas Großzügigkeit
würde sich bewähren, wenn es galt, Zuschüsse locker zu machen. Sie würde ihn
nicht enttäuschen, die Gute.
    An dieser Stelle seiner Erwägungen
glaubte Herr Adrian vom Korridor her ein Geräusch wahrzunehmen. Er hob den Kopf
und lauschte. Das Rauschen nebenan hatte aufgehört, es war vollständig still im
Haus. Herr Adrian wartete noch einen Augenblick.
    Dann wandte er sich lächelnd wieder dem
Badeschaum zu. Es war Ada, die nebenan herumlief. Jetzt vernahm er auch von
neuem leises Geplätscher. Er klopfte an die Wand. Sofort klopfte es leise
zurück. Sie war neben ihm in der Wanne, nur durch fünfzehn Zentimeter Mauerwerk
getrennt. Das liebe Kind. Adrian erhob sich. Er drehte die Brause auf und
duschte sich den Schaum vom Körper. Mit leisem Glucksen lief das Wasser ab.
Beim Abtrocknen vollführte er einige leichte gymnastische Übungen und massierte
danach Kopfhaut und Gesicht mit erfrischenden Essenzen. Er hatte sich noch
einmal rasiert, seine Haut war glatt und rosig. Sorgfältig scheitelte er
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