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Die Akte

Titel: Die Akte
Autoren: John Grisham
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Minderheiten unbeliebt. Sieben der neun Richter waren von republikanischen Präsidenten ernannt worden. Seit fünfzehn Jahren wartete Rosenberg auf einen Demokraten im Weißen Haus. Er wollte aufhören, musste aufhören, aber den Gedanken, dass ein Stockkonservativer vom Typ Runyans seinen Sitz einnehmen könnte, ertrug er nicht.
    Er konnte warten. Er konnte hier in seinem Rollstuhl sitzen und Sauerstoff atmen und für die Indianer, die Schwarzen, die Frauen, die Armen, die Behinderten und den Umweltschutz eintreten, bis er hundertfünf war. Und kein Mensch auf der Welt konnte auch nur das mindeste dagegen unternehmen, es sei denn, man brachte ihn um. Und das wäre nicht einmal die schlechteste Lösung.
    Sein Kopf schwankte, dann taumelte er und sank auf seine Schulter. Er war eingeschlafen. Kline zog sich leise zurück und machte sich wieder an seine Recherchen in der Bibliothek. Er würde in einer halben Stunde wiederkommen, um den Sauerstoff zu überprüfen und Abe seine Medikamente zu geben.
    Das Büro des Gerichtspräsidenten liegt im Hauptgeschoss und ist größer und besser ausgestattet als die anderen acht. Der äußere Raum wird für kleine Empfänge und formelle Veranstaltungen benutzt; im inneren arbeitet der Präsident.
    Die Tür zum inneren Büro war geschlossen. Im Raum befanden sich der Präsident, seine drei Mitarbeiter, der Chef der Polizei des Obersten Bundesgerichts, drei FBI-Agenten und K. O. Lewis, der stellvertretende Direktor des FBI. Die Stimmung war ernst, alle bemühten sich, den Lärm von der Straße unten zu ignorieren. Es war schwierig. Der Präsident und Lewis erörterten die jüngste Serie von Morddrohungen, und alle anderen hörten zu. Die Mitarbeiter machten sich Notizen.
    In den letzten sechzig Tagen hatte das FBI mehr als zweihundert Drohungen registriert, ein neuer Rekord. Es gab das übliche Sortiment von »Sprengt das Gericht in die Luft«Drohungen, aber viele waren gezielt und bezogen sich auf Namen, Fälle und Urteile.
    Runyan unternahm keinen Versuch, seine Besorgnisse zu verheimlichen. Er las ein vertrauliches FBI-Resümee, in dem die Namen der Organisationen aufgeführt waren, die als Urheber der Drohungen in Frage kamen. Der Ku Klux Klan, die Arier, die Nazis, die Palästinenser, die schwarzen Separatisten, die Abtreibungsgegner, die Homosexuellenhasser. Sogar die IRA. Alle, wie es schien, ausgenommen die Rotarier und die Pfadfinder. Eine vom Iran unterstützte Gruppe im Mittleren Osten hatte mit Blutvergießen auf amerikanischem Boden als Vergeltung für den Tod von zwei Justizbeamten in Teheran gedroht. Es gab absolut keinen Beweis dafür, dass die Vereinigten Staaten irgend etwas mit den Morden zu tun hatten. Eine neue, kürzlich zu Ruhm gelangte inländische Terrororganisation, die sogenannte Underground Army, hatte in Texas einen Bundesrichter mit einer Autobombe umgebracht. Niemand war verhaftet worden, aber die UA behauptete, für den Anschlag verantwortlich zu sein. Sie war auch die Hauptverdächtige bei einem Dutzend Bombenattentaten auf Büros der American Civil Liberties Union, aber man konnte ihr nichts nachweisen.
    »Was ist mit diesen puertoricanischen Terroristen?« fragte Runyan, ohne aufzuschauen.
    »Leichtgewichte. Die machen uns keine Sorgen«, erwiderte Lewis gelassen. »Sie drohen schon seit zwanzig Jahren.«
    »Nun, vielleicht ist jetzt für sie die Zeit gekommen, etwas zu tun. Das Klima ist gerade richtig, meinen Sie nicht?«
    »Die Puertoricaner können Sie vergessen, Chief.« Runyan ließ sich gerne Chief nennen. Nicht Chief Justice, nicht Mr. Chief Justice. Einfach Chief. »Sie drohen nur, weil alle anderen es auch tun.«
    »Sehr komisch«, sagte der Chief, ohne zu lächeln. »Sehr komisch. Ich möchte nicht, dass irgendeine Gruppe außer acht gelassen wird.« Runyan warf das Resümee auf seinen Schreibtisch und rieb sich die Schläfen. »Reden wir über die Sicherheitsvorkehrungen.« Er schloss die Augen.
    K. O. Lewis legte seine Kopie des Resümees gleichfalls auf den Schreibtisch. »Also, der Direktor ist der Ansicht, dass wir jedem Richter vier Agenten zuordnen sollten, zumindest während der nächsten neunzig Tage. Für die Fahrten zum Gericht und zurück werden Limousinen mit Eskorte eingesetzt. Die Polizei des Obersten Bundesgerichts unterstützt uns und bewacht dieses Gebäude.«
    »Was ist mit Reisen?«
    »Keine gute Idee, zumindest im Augenblick. Der Direktor findet, die Richter sollten bis Ende des Jahres hier in Washington
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