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Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Titel: Kalte Macht: Thriller (German Edition)
Autoren: Jan Faber
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PROLOG

    D a s Haus war leer. Und doch konnte Henrik ihre Gegenwart in jedem Zimmer spüren. Es war ihr Duft, der ihm begegnete, gleich, ob er im Flur stand oder im Arbeitszimmer, wo die Bäume vor dem Fenster ein strenges Muster bildeten: schwarze Stämme, die sich scharf gegen die weiße Landschaft abhoben. Er hatte sich zuerst im Erdgeschoss umgesehen und war dann nach oben gegangen. Gegenüber der Treppe lag das Arbeitszimmer. Am Schreibtisch brannte Licht, sie musste bis vor kurzem noch hier gewesen sein.
    Henrik Eusterbeck trat ins Schlafzimmer nebenan, wo er ihr Bett benutzt und nicht gemacht vorfand. Die andere Seite war unberührt. Er bemerkte, dass der Schrank offen stand. Instinktiv trat er näher. Hinter der zur Seite geschobenen Kleidung starrte ihn die verschlossene Tür des Safes an. Ungewöhnlich, dass Natascha so wenig Wert auf Ordnung legte. Es musste etwas Außergewöhnliches geschehen sein. Er ging in die Hocke und tippte eine vierstellige Nummer ein. Ob sie den Code geändert hatte?
    Während die Maschine leise ratterte, lauschte er, ob sich im Haus etwas tat. Doch er war allein. Lautlos schwang die Tür des Safes auf und gab den Blick auf einen Stapel Dokumente preis. Sonst war nichts in dem Tresor. Er zögerte nur einen Augenblick, dann nahm er die Papiere heraus und ging damit wieder hinüber ins Arbeitszimmer, wo er sich an den Schreibtisch setzte. Wie er aus dem Augenwinkel feststellte, blinkte das Telefon. »Neue Nachrichten«. Gewohnheitsmäßig drückte er auf die Abfrage und betrachtete die Liste: mehrmals Rufnummern in Berlin, die sich nur durch ihre Endungen unterschieden. Und einige Anrufe von »Unbekannt«. Keinen hatte sie entgegengenommen. Auch das war sehr ungewöhnlich für sie. Henrik Eusterbeck legte das Telefon beiseite und schlug die Mappe auf, die ganz oben lag. »Nofretete 061 08«.
    061, dachte er. Das interne Aktenzeichen des Kanzleramts für Geheimschutz. 08 stand für Indiskretionen. Er blätterte ein wenig in den darunterliegenden Unterlagen. Notizen, Artikel, Bilder. Einiges davon hatte er besorgt. Doch offenbar hatte sie noch andere Quellen gehabt. Gute Quellen. Die Materialien wirkten unschuldig wie ein Fotoalbum aus alten Zeiten. Und doch waren sie gefährlicher als alles, was er jemals in Händen gehalten hatte. Jetzt, da er dieses Kompendium vor sich sah, wurde ihm klar, dass in den zurückliegenden Wochen etwas Entscheidendes geschehen war: Natascha hatte eine Entdeckung gemacht, die sie nie hätte machen dürfen. Und er stand im Begriff, diese Entdeckung zu teilen. Mit angehaltenem Atem las er die ersten Zeilen. Er spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten. »Oh Gott, Natascha«, stöhnte er und schüttelte ungläubig den Kopf. »In was bist du da bloß hineingeraten?«

Königstein/Taunus, Herrnwaldstraße, 31.10.1989, 8:33:12 Uhr.
    Der Konvoi, bestehend aus drei identischen Fahrzeugen der Marke Mercedes Benz 500, fährt vor dem privaten Wohnhaus des Vorstandssprechers der Nationalbank AG , Dr. rer. pol. Albert Ritter, vor. Im Obergeschoss bewegt sich ein Vorhang, das elektrische Tor gleitet auf, die Wagen legen die letzten vierzig Meter bis zur Eingangstür zurück, vorbei am beinahe noch sommerlich grünen, perfekt getrimmten Rasen. Das mittlere Fahrzeug hält in dem Augenblick, in dem sich die Tür öffnet und Dr. Ritter heraustritt. Er trägt einen dunkelgrauen Anzug, maßgeschneidert, von Boxton & Lampertz/Savile Row, London, dazu eine tiefblaue Krawatte und ein weißes Einstecktuch. Nichts an ihm lässt auf die Anspannung der letzten Tage schließen, nichts vermuten, welche weitreichenden Pläne er gefasst hat. Sein Fahrer Eck, der ihm seit fast zwanzig Jahren treu verbunden ist, springt aus dem Wagen, umrundet ihn und reißt den Schlag mit gewohnter Präzision auf, als Ritter die wenigen Stufen zur ebenen Erde herabgekommen ist. »Guten Morgen, Herr Dr. Ritter.«
    »Guten Morgen, Eck. Alles im grünen Bereich?«
    »Alles im grünen Bereich, Herr Dr. Ritter.«
    Albert Ritter zögert einen Augenblick. »Ein Konvoi nützt nichts, wenn die Wagen immer in der gleichen Reihenfolge fahren. Können wir nach der Einfahrt bitte umsortieren.« Keine Frage. Eine klare Anweisung, wie immer mit einem freundlichen Lächeln.
    »Gern, Herr Dr. Ritter. Ich sage den anderen rasch Bescheid.«
    Eck schließt die Tür des Fonds und eilt dann zum vorderen Wagen, beugt sich kurz zum Fahrer hinab, dann spricht er mit dem des hinteren Wagens. Schließlich noch einmal mit
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