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Die 10. Symphonie

Die 10. Symphonie

Titel: Die 10. Symphonie
Autoren: Joseph Gelinek
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wenige Sekunden verstummten die Stimmen, und das Hin und Her der beiden Polizeibeamten durch die Räume der Villa hörte auf, denn sie hatten den Dachboden entdeckt und berieten sich nun darüber, wie sie dort hinaufkommen konnten, ohne in einen Hinterhalt zu geraten. In dieser Stille hörte Daniel die Dachziegel knacken, über die Pontones kletterte - vermutlich, um in den Innenhof des Nachbarhauses zu springen.
    Mateos wies seinen Assistenten an, im Bad einen Spiegel zu suchen. Mit dessen Hilfe vergewisserten sich die Polizisten, dass sie auf dem Dachboden keine unangenehme Überraschung erwartete, und stiegen die Leiter hinauf. Oben befreiten sie innerhalb weniger Sekunden Daniels Hals aus den Lünetten und nahmen ihm den Knebel ab. »Er ist über das Dach geflohen«, krächzte dieser als Erstes, nachdem sie ihm das Taschentuch aus dem Mund entfernt hatten. »Und er ist bewaffnet.« Paniaguas blutüberströmtes Gesicht mit der eingeschlagenen Nase erschreckte Mateos. Er befahl Aguilar, unverzüglich einen Krankenwagen zu rufen und Verstärkung anzufordern.
    »Versuch die Blutung zu stillen«, war das Letzte, was er sagte, bevor er durch das Dachbodenfenster verschwand, um sich an Pontones' Fersen zu heften. Aguilar versuchte, Paniaguas Nase mit dem Taschentuch, das zuvor als Knebel gedient hatte, zu verbinden. Doch Daniel brachte seine Schmerzen derart deutlich zum Ausdruck, dass der Subinspector von weiteren Behandlungsversuchen absah.
    »Geht's einigermaßen?«, fragte er ihn. »Sie verlieren viel Blut.«
    »Ich glaube, ich kann es noch aushalten«, antwortete Daniel - und fiel bewusstlos zu Boden.
    Der Aufprall war so heftig, dass das Fallbeil der Guillotine, das bisher nur einige Zentimeter hinabgerutscht war, schwer in den Schienen bebte und dann mit einem Wuuusch, das Aguilar erschauern lie ß, senkrecht nach unten sauste.
    Wenn Pontones keine Schuhe mit Gummisohle getragen h ätte, wäre er auf den feuchten, glitschigen Dachziegeln ernsthaft in Not gewesen - nur zu leicht hätte er einen fatalen Fehltritt machen können.
    Mateos dagegen trug Schuhe mit Ledersohlen und sah, kaum hatte er das Dach betreten, dass ihn die Verfolgung des Gerichtsmediziners das Leben kosten k önnte, wenn er nur einen einzigen falschen Schritt machte. Also zog er sich Schuhe und Strümpfe aus und folgte sehr vorsichtig Pontones' Spur. Dieser war bereits auf der anderen Seite des Dachs angelangt, so dass Mateos ihn selbst nicht sehen konnte. Doch unter seinen Füßen hatten sich die Ziegel gelockert, und so war deutlich zu erkennen, wo er entlanggegangen war.
    Mateos erreichte den Dachfirst in dem Augenblick, als der Gerichtsmediziner auf das Dach der Nachbarvilla sprang, um sich dort am Regenrohr hinunter in den Innenhof zu hangeln. Der Kommissar setzte sich trotz des hohen Risikos auf die Ziegel und nutzte sie als Rutsche zum Vordach. Um ein Haar nur konnte er einen Sturz in die Tiefe vermeiden. Doch als er das Vordach erreicht hatte, sah er von diesem erh öhten Standpunkt aus, wie Pontones - der aus einer Höhe von fünf Metern in den Innenhof gesprungen war - sich elendig mit gebrochenem Schienbein dahinschleppte und eine Tür oder ein Fenster suchte, um aus dieser Mausefalle zu entkommen. Alles war verschlossen - wie die Richterin Paniagua erzählt hatte, stand die Villa leer. Mateos zog seine HK USP Compact 9 mm aus dem Halfter und hielt auf den Gerichtsmediziner, der von dieser Position aus eine ideale Zielscheibe bot. »Halt!«, rief der Inspector. »Hände hoch, oder ich blas dir den Schädel weg.«
    Widerwillig gehorchte Pontones und hob langsam die H ände.
    »Ich weiß, dass du bewaffnet bist, du Scheißkerl - wenn du dich bewegst, schieße ich. Hol jetzt mit der linken Hand ganz langsam die Waffe heraus und leg sie auf den Boden.«
    Der Gerichtsmediziner tat, wie Mateos ihm befohlen hatte. Der traute sich nicht, hinunterzuspringen, um ihm Handschellen anzulegen, denn er f ürchtete, sich bei dem Sprung ebenfalls ein Bein zu brechen. Deshalb setzte er sich hin, hielt die Pistole im Anschlag und wartete auf Verstärkung.
    Nach etwa einer Minute hatte sich Pontones wieder gesammelt und nahm an, Mateos w ürde es nicht wagen, auf einen Unbewaffneten zu schießen. Mit dem rechten Ellbogen zerschlug er ein Fenster und versuchte, in das leerstehende Haus zu gelangen.
    »Halt!«, rief Mateos wieder und feuerte einen Warnschuss ab.
    Dem Gerichtsmediziner war es nicht gelungen, das Fensterglas vollst ändig herauszubrechen. In
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