Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die 10. Symphonie

Die 10. Symphonie

Titel: Die 10. Symphonie
Autoren: Joseph Gelinek
Vom Netzwerk:
die Luke. »Wo ist das Netzteil von dem verdammten Ding? Mitten beim Suchen hat der Akku schlappgemacht!« »Das muss in dem Korb neben dem Kamin sein«, antwortete die Juristin.
    »So werden wir nie fertig!«, sagte der Gerichtsmediziner hitzig, während er die Leiter wieder hinabstieg. »Und das Konzert, das er bei Marañón gegeben hat?«
    »Ronald arbeitete seit Jahren an einer Rekonstruktion der zehnten Symphonie. Er hat wackere Arbeit geleistet, aber mit mittelmäßigem Ergebnis. Komponieren war nicht seine Stärke. Als er dann die echte Partitur Beethovens in den Händen hielt und noch nicht entschieden hatte, was er letztlich damit tun würde, konnte er der Versuchung nicht wiederstehen, den ersten Satz - dessen Rekonstruktion er bereits angekündigt hatte - bei der Uraufführung als Frucht seines Geistes zu präsentieren. Der Arme war, wie gesagt, kein herausragender Komponist, und dies war seine Form, es allen zu zeigen. Denn bis dahin waren die Uraufführungen seiner zahlreichen eigenen Werke immer vollkommen gleichgültig aufgenommen worden.« »Wie hast du es nur fertiggebracht, ihn kaltblütig zu ermorden?«
    »Felipe hat mich davon überzeugt. Ich hätte nicht die Courage dazu gehabt. Ronald hatte mir gesagt, dass er die Partitur in einem Safe aufbewahrte. Den Code für den Safe habe er sich eintätowieren lassen, damit er ihm niemals abhandenkäme. Du weißt ja, viele Banken sind so diskret, dass die Kunden nicht einmal ihren Namen angeben müssen: Ein Zahlencode und ein Schlüssel genügen.« »Das bedeutet, wenn es mir heute Abend gelingt, den Code zu entziffern, habt ihr damit Zugriff auf das Originalmanuskript?« »So ist es.«
    »Aber wenn ich den Code nun für mich entziffert und versucht hätte, die Symphonie an mich zu bringen, ohne irgendjemandem etwas davon zu sagen?« »Dazu hättest du das hier benötigt.« Dona Susana erhob sich, um ihm den Safeschlüssel zu zeigen.
    »Ronald trug ihn immer um den Hals. Wir haben ihn ihm in der Nacht weggenommen, als wir ihn umbrachten. Ohne diesen Schlüssel ist der Safe nicht zu öffnen.« »Das Perverseste an der ganzen Sache ist, dass du in dem Fall ermittelst, in dem du die Mörderin bist. Ich kann mir nicht erklären, wie du zufällig ...«
    Daniel unterbrach sich selbst, denn pl ötzlich verstand er: »Es war kein Zufall! Du hast den Bereitschaftsdienst auf den Konzerttag gelegt! Als wir neulich im Gericht auf dich gewartet haben, hat Pontones mir erklärt, dass der Richter, der Bereitschaft hat, die Fälle bekommt, die zu dieser Zeit reinkommen.«
    »In Wirklichkeit war es andersherum«, korrigierte ihn Dona Susana. »Wir Richter können einen Dienst nicht so einfach tauschen wie die Ärzte. Sonst könnten sich die Täter mit einem bestechlichen Richter absprechen und die Tat an dem Tag begehen, der am besten passt. Was ich getan habe, war, Ronald dazu zu überreden, das Konzert am Vorabend meines Bereitschaftsdienstes zu geben. Das war nicht weiter schwierig: Ich sagte ihm einfach, dass ich nur an jenem Tag zum Konzert kommen könnte und dass er dafür sorgen solle, dass es dann stattfand.« »Du bist also nicht zu dem Konzert gegangen, weil du Bereitschaftsdienst hattest.«
    »Nein, ich ging nicht hin, damit mich niemand mit Ronald in Verbindung bringen konnte. Mein Dienst begann erst um neun Uhr am nächsten Morgen. Felipe versteckte die Leiche frühmorgens unter etwas Laub und rief einige Stunden später anonym bei der Polizei an, damit sie gefunden würde, während ich Dienst hatte.« Sie grinste schief. Daniel fürchtete, nicht mehr lang durchzuhalten, während er sich Frage um Frage abrang.
    »Wie habt ihr es geschafft, Thomas zu entführen und hierherzubringen?«
    »Das war nicht nötig. Nach dem Konzert rief ich Ronald von einer Telefonzelle aus an, entschuldigte mich, dass ich nicht hatte dabei sein können, und bat ihn, bei mir vorbeizukommen.«
    »Und mit welchem Vorwand hast du ihn hierhergelockt? Sex?«
    »Red keinen Quatsch. Ich behauptete, mit Fieber im Bett zu liegen - allein und ohne Medikamente -, und fragte ihn, ob er an einer Apotheke vorbeifahren und mir welche bringen würde.«
    »Und wenn er nein gesagt hätte?«
    »Seit dem Unfall fühlte sich Ronald mir gegenüber in der Schuld. Ich wusste, dass er nicht nein sagen konnte.« Daniels Situation war vorher schon alptraumartig genug gewesen, doch nach Dona Susanas ausführlichem Bericht erschauerte er. Die Wut packte ihn ob der Grausamkeit und Kaltblütigkeit der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher