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Die 10. Symphonie

Die 10. Symphonie

Titel: Die 10. Symphonie
Autoren: Joseph Gelinek
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Hals aus der Schlinge ziehen kannst, wenn du mit uns zusammenarbeitest. Aber ich habe nicht bedacht, dass ich Susana schon mein Wort gegeben hatte. Ich habe ihr gesagt, dass sie nichts zu bef ürchten hätte, wenn wir meinen Plan minutiös befolgen, weil das Ganze dann niemals herauskommt. Dieses Versprechen habe ich zuerst gegeben und weiß, dass ich es nicht einhalten kann, wenn ich dir das Leben schenke, denn du würdest alles der Polizei erzählen. Ich betrachte also unsere Abmachung als nichtig, weil sie mich daran hindern würde, die vorher getroffene Absprache mit Susana einzuhalten. Das verstehst du doch, oder?«
    Sein nahes Ende vor Augen, fiel Daniel nun nichts anderes mehr ein, als um sein Leben zu schreien. Beim ersten Laut zog der Gerichtsmediziner sofort einen Revolver aus dem Halfter unter seinem Jackett und schlug Daniel mit dem Griff so heftig ins Gesicht, dass die Nasenscheidewand brach und er v öllig benommen war. Er blutete heftig. Pontones nahm ein Taschentuch und eine Rolle Isolierband und knebelte ihn.
    Zu Dona Susana sagte er: »Hol schon mal das Auto aus der Garage. Ich möchte es dir nicht zumuten, das hier ein zweites Mal über dich ergehen zu lassen. Der ist groggy, das bekomm ich alleine hin.«
    Thomas' Enthauptung war der Richterin als die f ürchterlichste, grausamste Erfahrung erschienen, die ein Mensch in seinem Leben machen konnte. Daher ließ sie sich nicht lange bitten, sondern saß wenige Augenblicke später in ihrem 3er-BMW und öffnete das automatische Garagentor. Der Gerichtsmediziner zog einen Metallstift heraus, der an einer kleinen Kette hing und die Halterung des Fallbeils sicherte, und griff nach dem Hebel.
    Er vergewisserte sich, dass Daniels Kopf in der richtigen Position lag. Dann bet ätigte er, ohne mit der Wimper zu zucken, den Hebel, der das schwere Fallbeil der Guillotine aus seiner Halterung löste.

61
    Aus dem get önten Fenster des Observationsfahrzeugs beobachteten Mateos und Aguilar, wie sich das Garagentor öffnete und diskret ein blauer BMW herausglitt, in dem außer dem Fahrer niemand saß. »Was machen wir jetzt, Chef? Sie fliehen.« »Ist der Durchsuchungsbefehl angekommen?« »Noch nicht.«
    »Okay, die Herrschaften Richter und ihre Strafprozessordnung können mich jetzt mal. Schnapp dir dein Eisen - wir gehen rein.«
    Das Auto der Richterin stand mit laufendem Motor vor dem Eingang zur Villa. Sie sa ß da und wartete darauf, dass der Gerichtsmediziner seine finstere Tat vollbrachte. Doch dann sah sie die zwei Polizisten mit gezogener Waffe auf das Haus zulaufen und begriff, dass alles verloren war. Sie trat aufs Gaspedal, dass die Reifen quietschten, und raste die Straße hinunter.
    Drinnen hatte der Gerichtsmediziner das ohrenbet äubende Geräusch gehört. Irgendetwas lief falsch. Er gab sich jedoch nicht die Mühe, herauszufinden, was es war, denn im Augenblick musste er sich um Wichtigeres kümmern: Während des Unwetters am Vortag war so viel Feuchtigkeit in den schlecht isolierten Dachboden gelangt, dass das Holz der selbstgebauten Guillotine aufgequollen war und sich gew ölbt hatte und das Fallbeil deshalb nicht durch die Schienen gleiten konnte. Pontones - immer nervöser, weil Daniel langsam das Bewusstsein wiedererlangte - brachte den Hebel wieder in die Ausgangsposition und betätigte ihn erneut mit ganzer Kraft. Der gesamte Apparat erzitterte. Doch das Fallbeil glitt nur ungefähr zehn Zentimeter herab und blieb dann wie ein störrischer Esel stehen. Für einen dritten Versuch blieb dem Gerichtsmediziner keine Zeit mehr, denn unten öffnete Aguilar das Türschloss mit zwei Schüssen, und die beiden Polizisten stürmten das Haus: »Keine Bewegung! Polizei!« Obwohl Pontones bewaffnet war und ihnen vielleicht Widerstand hätte leisten können, entschied er sich zu fliehen. Dies war vom Dachboden aus recht einfach zu bewerkstelligen: Eins der schrägen Fenster war schon halb geöffnet - deswegen war es auf dem Dachboden so feucht -, so dass Pontones nur ein paar schwere Kisten aufeinanderstapeln und über diese improvisierte Treppe auf das Dach klettern musste.
    Daniel war indessen wieder zu sich gekommen. Unten h örte er unruhiges Getrappel und Mateos, der seinen Namen rief. Doch er konnte nicht antworten, weil er immer noch den Knebel im Mund hatte. Außerdem wagte er nicht, die Aufmerksamkeit der Polizisten auf sich zu lenken, indem er mit den Füßen trampelte - aus Angst, mit der kleinsten Bewegung den Fall des Beils auszulösen. Für
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