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Galaxis Science Fiction Bd. 13

Galaxis Science Fiction Bd. 13

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 13
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
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DAS OBSERVATORIUM….
 
    Lothar Heinecke
 
    Die erste Invasion vom Mars hat schon stattgefunden!
    Ja, Sie haben recht gelesen – eine Invasion der Erde durch Marsmenschen, furchterregenden polypenartigen Ungeheuern, unverletzbar und unangreifbar in ihren riesigen Kampfmaschinen, die mit ihren Hitzestrahlern alles niedersengten, was sich ihnen in den Weg stellte.
    Schauplatz der Invasion: New York und Umgebung; Zeit: Abend und Nacht des 30. Oktober 1938. Schuld an dem Unglück waren der Hörspielautor Howard Koch, der später durch seinen Film Der dritte Mann weltberühmt gewordene Schauspieler Orson Welles und das Ensemble seines Mercury-Theaters und die Hörspielabteilung der amerikanischen Rundfunkstation Columbia Broadcasting System.
    Aha, sagen Sie – also ein Science-Fiction-Hörspiel! Ja, aber ein Hörspiel mit unglaublichen Folgen. Die älteren Leser unter Ihnen werden sich vielleicht noch an den Vorfall erinnern – die ganze Welt lachte damals über die Leichtgläubigkeit der Amerikaner, aber für die Millionen Hörer der Sendung an jenem Abend im Oktober 1938 war die Sache nicht im mindesten spaßig.
    Die Geschichte fing ganz harmlos an. Mr. Koch hatte das Buch des Engländers H. G. Wells Krieg der Welten für den Funk bearbeitet und dar ms ein Hörspiel gemacht – allerdings auf eine ganz neuartige und raffinierte Weise. Das Stück begann wie jedes andere auch – es wurde angekündigt, dann gab ein Sprecher eine kurze Einleitung. Nichtsahnende Hörer, die nach dieser Einleitung ihr Gerät anstellten, mußten dann jedoch glauben, daß das, was aus dem Lautsprecher kam, ein ganz normales Radioprogramm war. Es folgte der Wetterbericht, dann eine Zeitlang Tanzmusik, unterbrochen von einigen Durchsagen über die Beobachtung seltsamer Explosionen auf dem Mars, später über den Einschlag eines großen Meteors in der Nähe eines Ortes in New Jersey. Und dazwischen immer wieder die Tanzmusiksendung. Der Meteor stellte sich natürlich als marsianisches Raumschiff heraus, und Tausende, ja Hunderttausende der Zuhörer nahmen den Bericht für bare Münze. Während das Radio fortfuhr, von angreifenden Marsianern, Hitzestrahlen, niedergemetzelten Menschen und brennenden Städten zu berichten, brach eine Panik aus.
    Rückschauend erscheint das heute vielleicht als höchst amüsant, für die Leute von New York und Umgebung war das damals blutiger Ernst. In dem Städtchen Concrete, Washington, versagte gerade in dem Augenblick das elektrische Licht, als das Radio ankündigte, Monster aus dem Weltraum wären auf amerikanischem Boden gelandet, und die entsetzten Einwohner dachten, ihr letztes Stündlein hätte geschlagen. Frauen fielen in Ohnmacht, Kinder brüllten, und die Männer trafen Vorbereitungen, mit ihren Familien – nur mit dem Allernotwendigsten versehen – in die nahen Berge zu flüchten. In Harlem, New Yorks Negerviertel, verbrachten Hunderte von Menschen im gemeinsamen Gebet die Nacht auf der Straße, während andere sich in ihren Wohnungen verbarrikadierten und Türen und Fenster mit Möbeln verrammelten In der schwachen Hoffnung, dadurch die marsianischen Hitzestrahlen abhalten zu können.
    Meines Wissens kam es damals zwar zu keinen Todesfällen, aber die Zahl der Verletzten und der Schaden an Hab und Gut war beträchtlich. Die Situation wurde auch nicht durch die plötzlich überall aus dem Nichts auftauchenden Gerüchte verbessert. Marsianer und Robotsoldaten wurden von Leuten beschrieben, die sie ›tatsächlich‹ gesehen hatten, und Fälle von Männern sind bekannt, die allen Ernstes behaupteten, sie hätten zugesehen, wie ihre Angehörigen sich unter dem marsianischen Hitzestrahl in Asche verwandelt hätten. Sobald natürlich die Rundfunkanstalt merkte, was sie mit ihrem Hörspiel angerich
    tet hatte, versuchte sie über alle verfügbaren Sender die Hörer aufzuklären, aber es dauerte doch bis zum frühen Morgen des nächsten Tages, bis überall wieder Ruhe und Frieden eingetreten war.
    (Ein ähnlicher Fall, wiederum verursacht durch eine Hörspielfassung von Wells Krieg der Welten , ereignete sich im Februar 1949 in Quito, Ecuador. Hierbei waren sogar fünfzehn Tote zu beklagen, und das Rundfunkgebäude wurde von der wütenden Menge in Brand gesetzt.)
    Wie konnte es zu einer solchen Panik kommen? CBS trifft wohl nur einen gewissen Teil der Schuld. Die Hörspielabteilung hatte zwar ihre Hörer falsch eingeschätzt, aber die Ansage hatte immerhin keinen Zweifel daran gelassen, daß es sich hier
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