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Nicht ohne meinen Mops

Nicht ohne meinen Mops

Titel: Nicht ohne meinen Mops
Autoren: Silke Porath
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1. Abschnitt
    Die Wohnung mit einer Frau zu teilen, kommt Kamikaze gleich. Du kannst in Bergen von Schuhen versinken. Du kannst die eigene Schweißausdünstung nicht mehr riechen, weil deine Mitbewohnerin ihre krallengleichen Fingernägel mit stinkendem Lack bearbeitet. Du wirst nie wieder das kochen dürfen, worauf du Lust hast – keine blutigen Steaks, keine gebratene Leber. Wenn sie sich erst einmal eingenistet hat, dann ist das Leben vorbei. Ich weiß, wovon ich spreche. Ich bin eine Frau.
    Und genau deswegen kommt mir keine über die Schwelle. Dabei sah es anfangs noch ganz anders aus …
     
    Das Paradies passt in 100 Quadratmeter Altbau: Zweiter Stock. Fünf Zimmer, Balkon mit Blick auf einen grünen Innenhof. Und nur zwei Nachteile: Die Dusche steht mitten in der Küche, und ich kann mir die Wohnung nicht leisten. Aber ich will sie: Ich. will. diese! Wohnung!!!
    Okay, es gibt noch einen dritten Nachteil. Aber die Schallschutzfenster halten den Autolärm von der Olgastraße draußen. Zählt also nicht. Außerdem kann man vom vorderen Zimmer aus den Leuten in die Cabrios schauen, wenn sie an der Ampel halten müssen.
    »Haben Sie sich jetzt entschieden? Ich hab da noch andere Interessenten auf der Liste.« Der Vermieter räuspert sich und wedelt mit dem Mietvertrag vor meiner Nase rum. Sein Aftershave schafft es nicht, den Schweißgeruch zu übertünchen, und ich frage mich, wie viele Schnitzelreste unter seiner Prothese verfaulen.
    »Ist ja alles frisch renoviert, also, da komm ich Ihnen schon entgegen, in Stuttgart finden sie so was zu dem Preis nicht wieder.« Herr Baumann bleckt die gelblichen Dritten. »Und dann die Lage …«
    Ich kenne die Lage. Die der Wohnung (nur zwei Straßen weiter beginnt das Bohnenviertel, meine Lieblingskneipe ist quasi um die Ecke und einen Aldi gibt’s hier auch) und die auf meinem Konto. Vor allem aber schwirrt mir in diesem Moment die Lage meiner bisherigen Behausung durch den Kopf. Anderthalb Zimmer, ein Bad, das man nur betreten kann, wenn man unter 70 Kilo wiegt, schönster 60er-Jahre-Betonstil in Bad Cannstatt. Also quasi im Nirwana. Szenetechnisch betrachtet. Und direkt nebenan Frau Klose, die wandelnde Kehrwochenwächterin. Erst gestern hat sie mir mit vorwurfsvoller Miene die nicht ordnungsgemäß ausgeschlackerte Fußmatte hochkant vor die Wohnungstür gestellt.
    »Ich nehm sie«, sage ich schneller, als mein Bankberater ausrasten kann. Herr Baumann formt mit seinen trockenen Lippen ein zufriedenes Grinsen und drückt mir den Mietvertrag in die Hand.
    »Sie tragen mir dann noch den Namen von Ihrem Mann ein, gell?«
    Mann? Ich? Wahrscheinlich mache ich ein ähnlich intelligentes Gesicht wie ein Goldfisch, den man nach dem Weg zum Hauptbahnhof fragt. Ich bin seit sieben Monaten unbemannt.
    »Sie wollen doch die große Wohnung nicht alleine mieten? Ich vermiete nur an Paare.« Herr Baumann stülpt die Lippen nach vorne. Klar. Die Schwaben sind da korrekt.
    »Nein, natürlich, ja«, stottere ich. Ehrlich sein. In die Defensive gehen. »Also, verheiratet bin ich nicht.«
    »Na, dann schreiben Sie eben rein, wie Ihr Verlobter heißt.« Herr Baumann schlenkert demonstrativ den linken Arm, bis die schwere goldene Uhr unter der Cordjacke nach vorne rutscht. »Ich muss dann auch weiter«, sagt er, drückt mir den Schlüsselbund in die Hand und dreht sich um.
    »Also, verlobt … naja, da wäre noch …«, piepse ich. Herr Baumann fährt herum und blitzt mich an. Die Wohnungsschlüssel brennen in meiner Hand.
    »Ja sagen Sie doch gleich, dass Sie eine WG wollen, das ist auch kein Problem, Hauptsache, die Miete kommt pünktlich.« Baumann schüttelt mit dem Kopf und nuschelt was von »junge Weiber« und »unentschieden«.
    Dann knallt die Tür und ich bin allein. Hier. In 100 Quadratmeter Altbau. Mit Stuckrosen an der Decke und französischen Balkonen vor den bodentiefen Fenstern. Und ohne Ahnung, wie ich die Miete für diese Bleibe mit meinem Gehalt bezahlen soll. Seit in den Kneipen nicht mehr geraucht werden darf, sinkt der Umsatz im Tabakladen im Einkaufszentrum beim Killesberg stetig. Und je weniger Leute qualmen, desto lauter jammert mein Arbeitgeber Wilhelm Fritz, genannt ›Onkel Fritz‹. Das Manko in der Kasse können auch die rasant gestiegenen Umsätze bei Kaugummis und Pfefferminzbonbons nicht auffangen. Mit einer Gehaltserhöhung brauche ich also gar nicht erst zu kommen.
    Ich lege die Schlüssel und den Mietvertrag auf das frisch polierte Fensterbrett und gehe in
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