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Nicht ohne meinen Mops

Nicht ohne meinen Mops

Titel: Nicht ohne meinen Mops
Autoren: Silke Porath
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auszumalen, mit welcher Entschuldigung ich den Mietvertrag wieder auflösen kann. Plötzliche Allergie gegen Stuckdecken? Jobangebot aus Neuseeland? Fritz schaut herein.
    »Mach mal Pause«, sagt er und drückt mir einen Zehner in die Hand. »Für mich Schinken und Käse.« Ich latsche mit hängenden Schultern zum Metzger und hole belegte Semmeln. Unterwegs überlege ich mir, dass ich auch zurück zu meiner Tante Trude ziehen könnte. Bei ihr bin ich aufgewachsen, nachdem meine Eltern kurz nach ihrem zehnten Hochzeitstag auf dem Heimweg von einer Faschingssparty von einem sturzbesoffenen Teenager aus der Spur verunfallt wurden. Aber Trude wohnt in einem Kaff in der Poritze der Welt. Wo es keine Jobs gibt. Nach der Kneipe und dem mobilen Bäcker, der zweimal die Woche ins Dorf fährt, ist Schluss mit Zivilisation. Aber Hotel Tante kostet keine Miete … und mein ehemaliges Kinderzimmer ist vier Quadratmeter größer als mein jetziges Apartment.
    Zwischen Cola light und einem kräftigen Happen Käsebrot beobachte ich vom Büro aus, wie ein groß gewachsener Mann den Laden betritt. Die blaue Postuniform verbirgt offensichtlich muskulöse Schultern. Als er sich vor dem Regal für Musikzeitschriften hinhockt, spannt sich die Uniformhose über einem perfekten Hintern. Ich seufze und pule die Eierscheibe vom Brötchen. Lecker sieht er aus, mit den grau melierten Haaren und dem Anderthalb-Tage-Bart.
    Der Postler zahlt seine Zeitung, nimmt noch zwei Packungen Camel light mit und überfliegt am Ständer mit den Tageszeitungen rasch die Überschriften. Ich beiße in ein knackiges Gürkchen und blättere die ›Schöner Wohnen‹ auf. Solch ein Metallbett mit Verschnörkelungen am Kopfteil würde theoretisch auch in meine alte Kinderbude passen. Sähe aber unter dem runden Fenster um Klassen besser aus. Ich seufze. In dem Moment vibriert und bimmelt mein Handy.
    »Büddschön?«, nuschele ich mit einem großen Bissen Brötchen im Mund.
    »Hallo?«
    Ich schlucke, ein Krümel kratzt am Zäpfchen. Tränen schießen mir in die Augen, als ich huste und röchele. Ich habe das Gefühl, ich würde mich von innen nach außen umstülpen. Fritz kommt ins Büro gesaust und haut mir mit seiner Pranke zwischen die Schulterblätter. Der Krümel und ein labbrig gekautes Stück Salatblatt fliegen anderthalb Meter weit aus meinem Mund und bleiben am Wandkalender kleben. Genau auf Ostermontag. Das Handy rutscht mir aus der Hand.
    »Besser?« Fritz grinst.
    »Hallo? Hallooooo?« Unter dem Tisch ruft eine Männerstimme aus dem Handy.
    »Besser«, keuche ich und ziehe die Nase hoch. Dann angle ich nach dem Telefon.
    »Ja bitte?« Meine Stimme hat das Timbre von zu viel Whisky-Cola und durchzechter Nacht. Ich räuspere mich.
    »Ich habe eben das Plakat gesehen wegen der Wohnung.« Schon wieder einer, denke ich ohne große Hoffnung. Trotzdem linse ich durch die Spiegelscheibe. Der Postbote!
    »Wäre das Zimmer noch frei?«
    Hach. Er. Ich. Sein Knackarsch. Unter demselben Dach.
    »Ja, jajaja!«, rufe ich in den Hörer. Der Briefbote grinst. Er hat sexy Grübchen.
    »Und ab wann wäre es frei?«
    ›Gleich, sofort, jetzt!‹, will ich rufen. Stattdessen besinne ich mich und sage so professionell und unbeteiligt wie möglich: »Können Sie noch einmal in den Tabakladen kommen? Da sitze ich nämlich gerade.« Oh mein Gott! Er sagt Ja und steuert auf den Eingang zu – und mir bleiben ungefähr zwölf Sekunden, um mein verschmiertes Mascara abzuwischen, die Haare zu taften und Lippenstift aufzulegen. Unmöglich! Hektisch fege ich die Reste der Semmel in den Papierkorb und habe eben noch Zeit, mir die Nase zu schnäuzen, als es schon an der Tür klopft.
    Und dann streckt er den Kopf herein.
    »Hallo!«, piepse ich und wische hastig ein paar Krümel vom Tisch.
    »Ich hoffe, ich störe nicht?« Der Uniformierte schließt die Tür hinter sich und sein würziges Aftershave kommt als lockende Duftwolke bei mir an. Ich starre in Augen, die Richard Gere vor Neid ergrauen lassen würden, wenn der nicht längst seniorenblond wäre.
    »Nein, nein!«
    »Ich hab schon Feierabend, einen Vorteil muss mein Beruf ja haben.«
    Ich nicke stumm und der Postler setzt sich mir gegenüber an den Resopaltisch, der mir mit einem Mal schäbig wie ein abgewetztes Vesperbrett vorkommt.
    »Ich bin Rolf. Rolf Schröder.« Er streckt mir die Hand hin. Seine Finger sind lang und angenehm kühl.
    »Böhm. Tanja Böhm.«
    »Freut mich, Tanja. Du vermietest also ein WG-Zimmer?«
    Keine 20
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