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Night World - Gefährten des Zwielichts - Smith, L: Night World - Gefährten des Zwielichts - Night World - Soulmate

Titel: Night World - Gefährten des Zwielichts - Smith, L: Night World - Gefährten des Zwielichts - Night World - Soulmate
Autoren: Lisa J. Smith
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KAPITEL EINS
    Die Werwölfe kamen, als Hannah Snow in der Praxis des Psychologen war.
    Sie war aus einem naheliegenden Grund dort. »Ich denke, ich verliere den Verstand«, sagte sie leise, sobald sie Platz genommen hatte.
    »Und was bringt dich auf diese Idee?« Die Stimme des Psychologen war neutral und besänftigend.
    Hannah schluckte.
    Okay, dachte sie. Raus mit der Sprache. Sie würde das paranoide Gefühl überspringen, verfolgt zu werden, und das ultraparanoide Gefühl, dass jemand sie zu töten versuchte, sie würde die Träume ignorieren, aus denen sie schreiend erwachte. Sie würde direkt auf die wirklich unheimlichen Sachen zu sprechen kommen.
    »Ich mache Notizen«, erklärte sie energisch.
    »Notizen.« Der Therapeut nickte und tippte sich mit einem Bleistift auf die Lippen. Als das Schweigen sich in die Länge zog, fragte er: »Ähm, und das macht dir zu schaffen?«
    »Ja.« In atemloser Eile fügte sie hinzu: »Früher war alles so perfekt. Ich meine, ich hatte mein ganzes Leben völlig im Griff. Ich bin Oberstufenschülerin an der
Sacajawea-Highschool. Ich habe nette Freunde; ich habe gute Noten. Für nächstes Jahr habe ich bereits ein Stipendium der Utah State University in der Tasche. Und jetzt bricht alles zusammen … meinetwegen. Weil ich verrückt werde.«
    »Weil du Notizen machst?«, fragte der Psychologe verwirrt. »Ähm, schreibst du Drohbriefe, notierst du dir zwanghaft irgendwelche Dinge …?«
    »Notizen wie diese hier.« Hannah beugte sich auf ihrem Stuhl vor und legte eine Handvoll zerknitterter Papierfetzen auf seinen Schreibtisch. Dann wandte sie kläglich den Blick ab, während er sie las.
    Er schien ein netter Kerl zu sein – überraschend jung für einen Psychofritzen, dachte sie. Sein Name war Paul Winfield. »Nenn mich Paul«, hatte er gesagt – und er hatte rotes Haar und analytische blaue Augen. Er sah aus, als könnte er sowohl Sinn für Humor als auch Temperament haben.
    Und er mag mich, dachte Hannah. Sie hatte ein anerkennendes Aufflackern in seinen Augen gesehen, als er die Haustür geöffnet hatte und sie davorgestanden war, eine Silhouette vor dem typisch flammenden Sonnenuntergang Montanas.
    Und dann hatte sie bemerkt, wie diese Anerkennung in seinem Blick absoluter Leere gewichen war, erschrockener Neutralität, als er nach ihrem Eintreten ihr Gesicht sehen konnte.

    Es spielte keine Rolle. Hannah war es gewöhnt, dass sie die Leute zweimal ansahen, ein Blick für das lange, glatte blonde Haar und die klaren grauen Augen … Und ein zweiter für das Muttermal.
    Es zog sich diagonal unter ihrem linken Wangenknochen hin und war von einer bleichen Erdbeerfarbe, als habe jemand einen Finger in Rouge getaucht und dann damit sanft über Hannahs Gesicht gestrichen. Mit dem Unterschied, dass es für immer war – die Ärzte hatten es zweimal mit Lasern entfernt, und es war beide Male zurückgekommen.
    Plötzlich räusperte Paul sich und schreckte sie auf. Sie sah ihn wieder an. »›Tod vor 17‹«, las er laut vor, während er die Papierfetzen durchblätterte. »›Erinnere dich an die Drei Flüsse – wirf diese Notiz NICHT weg.‹ – ›Der Zyklus kann durchbrochen werden.‹ – ›Es ist fast Mai – du weißt, was dann geschieht.‹« Er griff nach dem letzten Zettel. »Und auf diesem hier steht nur: ›Er kommt.‹«
    Er strich die Zettel glatt und sah Hannah an. »Was bedeuten sie?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Du weißt es nicht?«
    »Ich habe sie nicht geschrieben«, erwiderte Hannah mit zusammengebissenen Zähnen.
    Paul blinzelte und klopfte schneller mit seinem Bleistift. »Aber du hast gesagt, du hättest sie geschrieben …«
    »Es ist meine Handschrift. Das gebe ich zu«, antwortete
Hannah. Jetzt, da sie angefangen hatte, sprudelten die Worte atemlos und unaufhaltsam aus ihr heraus. »Und ich finde sie an Stellen, an denen niemand sonst sie hätte verstecken können … In meiner Sockenschublade, in meinem Kopfkissenbezug. Heute Morgen bin ich aufgewacht und hielt den letzten in der Hand. Aber ich schreibe sie trotzdem nicht. «
    Paul schwenkte triumphierend seinen Bleistift. »Ich verstehe. Du kannst dich nicht daran erinnern, sie geschrieben zu haben.«
    »Ich erinnere mich nicht daran, weil ich es nicht getan habe. Ich würde niemals solche Dinge schreiben. Das ist lauter Unsinn.«
    »Nun.« Klopf. Klopf. » Ich schätze, das kommt drauf an. ›Es ist fast Mai‹ – was geschieht im Mai?«
    »Der erste Mai ist mein Geburtstag.«
    »Das ist, hm, in einer
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