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Nicht ohne meinen Mops

Nicht ohne meinen Mops

Titel: Nicht ohne meinen Mops
Autoren: Silke Porath
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dem Weg zum Herzinfarkt oder Burn-out, aber in direkter Nachbarschaft zum Sitz des Ministerpräsidenten, geschaffen haben. Völlig stressfrei, wie er sagt.
    Zwei Minuten später prangt das Plakat im Aufsteller.
    »Und du gehst jetzt ins Büro und wartest auf Anrufe«, befiehlt Fritz und seine Schweinsäuglein blitzen. Manchmal ist er so – manchmal. Als Chef kann er auch ganz anders, aber wenn er mal Feuer gefangen hat für eine Sache, dann ist er nicht zu bremsen. Durch die als Spiegel getarnte Scheibe (wie bei der Kripo!) habe ich die Theke und den Eingangsbereich im Blick. Fritz meint, wenn mir jemand gar nicht gefällt, dann könne ich das auf den ersten Blick sehen, denn er wettet Stein, Bein und eine Packung Haribo, dass die Leute direkt in der Passage das Handy zücken und mich anrufen. Ich bin da weniger zuversichtlich, aber die Idee, unsympathisch von sympathisch auszusortieren, gefällt mir. Von draußen hole ich mir die neueste ›Schöner Wohnen‹ und schwelge in italienischem Möbeldesign, dass ich mir nie leisten kann. Egal. Heute ist das egal.
    Zehn Minuten sitze ich da. Zwanzig. Eine halbe Stunde. Mit der Zeitung bin ich durch. Im Laden stehen die Kunden in der allmorgendlichen Schlange und decken sich mit Kippen und Zeitungen ein. Fritz kommt ganz schön ins Schwitzen und mein schlechtes Gewissen meldet sich. Ich hab zwar keine Lust dazu, dennoch schnappe ich mir den aktuellen Ordner und den Stapel mit Lieferscheinen, die mein Chef mal wieder seit Tagen auf dem Schreibtisch sammelt. 38 Zentimeter Lieferscheine. Ich fange an, die Blätter nach dem Alphabet zu sortieren. Da bimmelt mein Handy.
    Tatsächlich! Vor dem Laden steht eine Frau, den Rücken zu mir gewandt, das Telefon am Ohr.
    »Ja?«, melde ich mich und starre der Blondine auf den langen geflochtenen Zopf.
    Vom anderen Ende höre ich ein tiefes Räuspern, das so gar nicht zu der zarten Erscheinung passen will. In dem Moment klappt die Blondine das Handy zu und trollt sich. Das Räuspern höre ich noch immer.
    »Ich wollte nur wissen, ob du das Telefon auch eingeschaltet hast.«
    »Ja, Chef, hab ich.«
    »Gut. Und denk dran, die Lieferscheine von Süßwaren-Langer kommen unter ›L‹ in den Ordner, nicht ›S‹.«
    »Jaaaa, Scheffe, is klar, Scheffe.«
    Fritz zieht die Nase kraus und legt auf. Eine Horde Schüler stürmt den Laden. Wahrscheinlich kommt jetzt wieder die Nummer »Ich bin schon 16 und darf rauchen, habe aber leider meinen Ausweis eingebüßt, als ein zwei Meter großer Schäferhund mich angefallen hat.« Ich grinse. Es bimmelt erneut. Ich linse durch die Scheibe. Eine Watschelente im selbst gestrickten Pullover starrt auf das Plakat. Die kurz geschnittenen Haare stehen in alle Richtungen ab. In beiden Ohren steckt mehr Blech, als man für den Bau eines Smart braucht.
    »Tag, die Vanessa hier.«
    »Hallo?«
    »Bin ich da richtig wegen der Wohnung?«
    »Ja, sind Sie.«
    »Ach, sag doch du zu mir.«
    »…«
    »Also, kannst du mir was erzählen über das Zimmer?«
    Ich mache einen virtuellen Rundgang durch die Wohnung, beschreibe Küche, Balkon, Oberlicht. Vanessa leckt sich über die Lippen und ich sehe ein silbernes Zungenpiercing blitzen.
    »Du, ich glaub, das klingt gut für mich.«
    »Schön, und kann ich jetzt was über dich wissen?« Als Vermieterin muss ich ja schließlich wissen, mit wem ich es zu tun habe.
    »Ja, also, ich bin die Vanessa, ich studiere Biologie, eigentlich, aber mir geht’s grade nicht so gut, also psychisch und so, und ich war jetzt ein Semester in Mailand.«
    »Hm«, mache ich. Vanessa hinter der Scheibe knispelt mit den Lippen an ihrem Daumen.
    »Was ich noch sagen wollte«, beginnt sie und ich sehe, wie ihre Wangen rot werden. »Also, ich hab da eine Sammlung, die müsste mit.«
    Ich bin aufgeschlossen. Für alles. Gegen tausend Plastiküberraschungen aus Schokoladeneiern, Enten aus billigem Porzellan oder handgefilzte Ansteckblumen hab ich nichts, solange sie in Vanessas Zimmer bleiben. Das sage ich ihr auch. Prompt hört sie auf zu knispeln und strahlt.
    »Ja super, weißt du, ich bin seit Monaten dran, Ratten und Mäuse zu sezieren für meine Semesterarbeit, und die Kadaver muss ich halt einfrieren, aber wenn dich das nicht stört, die sind ja in Tüten.«
    Meine Fischstäbchen neben geköpften Nagetieren? Niemals.
    »Äh, ja, also, ich würd sagen, ich melde mich«, stottere ich. Vanessa nennt mir ihre Telefonnummer. Ich schreibe nicht mit.
    Fritz steckt den Kopf zur Tür rein. »Die war wohl
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