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Der Wolf aus den Highlands

Der Wolf aus den Highlands

Titel: Der Wolf aus den Highlands
Autoren: Hannah Howell
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sich, und Annora verspürte einen überraschenden Anflug von Mitgefühl. Da sie keine Ahnung hatte, welcher Kummer die harten Linien in sein Gesicht gegraben hatte, verstand sie nicht, warum sie das Bedürfnis verspürte, diese Falten glätten zu wollen. Seine ziemlich vollen Lippen erzeugten eine gewisse Wärme in ihr, was sie beunruhigte. Der Mann hatte eine sehr seltsame Wirkung auf sie, und das behagte ihr ganz und gar nicht.
    Dann bemerkte sie, dass sein Blick auf Meggie ruhte, und legte schnell den Arm um die Schultern der Kleinen. Sein Blick war so eindringlich, dass sie sich fragte, warum sie das nicht stärker beunruhigte. Im nächsten Moment wurde ihr klar, dass in dieser Eindringlichkeit keinerlei Bedrohung oder Abneigung lag, sondern vielmehr eine Sehnsucht, ein Bedürfnis und ein gewisses Leid. Sie fragte sich, ob er ein Kind verloren hatte. Abermals verspürte sie den Drang, ihn zu trösten, doch gleichzeitig auch eine große Unruhe.
    Als sie auf den Pokal sah, den er in seinen eleganten, langfingrigen Händen hielt, keuchte sie leise auf. »Den wollt Ihr dem Laird verkaufen?«, fragte sie verwundert.
    »Aye«, erwiderte der Mann. »Ich heiße Rolf. Rolf Larousse Lavengeance.«
    Annora blinzelte und musste sich auf die Lippe beißen, um nichts zu sagen. Was für ein seltsamer Name – grob übersetzt lautete er Wolf, Rothaariger und Rache. Außerdem war es für einen armen Handwerker seltsam, einen solch langen Namen zu tragen. Hinter diesem Namen steckte bestimmt eine Geschichte. Ihre Neugier war geweckt, doch sie zügelte sie. Schließlich stand es ihr nicht zu, den Mann nach seinem Namen auszufragen. Als unehelich geborenes Kind war sie sich darüber hinaus nur allzu bewusst, wie viel Schmerz und Scham solche Fragen auslösen konnten, und das wollte sie keinem anderen zufügen.
    »Der Pokal ist wunderschön, Master Lavengeance«, sagte sie und streckte die Hand aus. »Kann ich ihn mir genauer ansehen?«
    »Aye.«
    Als sie den Pokal in die Hand nahm, kam sie zu dem Schluss, dass sich der Mann wohl lange genug in Schottland aufgehalten hatte, um ein paar Worte ihrer Sprache aufgeschnappt zu haben. Donnell hingegen sprach kein Wort Französisch und würde sich wahrscheinlich rasch über einen Handwerker aufregen, der Schwierigkeiten hatte, seine, Donnells, Aufträge zu verstehen. Während sie die wundervoll geschnitzten Jagdszenen musterte, wurde ihr klar, dass Donnell erpicht darauf sein würde, diesen Mann mit Arbeiten auf Dunncraig Keep zu beauftragen. Der Gedanke, dass sie ihn dann wahrscheinlich häufiger sehen würde, um Befehle für ihn zu übersetzen, erregte sie, doch gleichzeitig verspürte sie das Bedürfnis, sich von ihm fernzuhalten.
    »Ich glaube, dieses Stück wird meinem Cousin sehr gut gefallen«, sagte sie. »Eure Arbeit ist wundervoll, Master Lavengeance. Der Hirsch auf diesem Pokal sieht verblüffend echt aus. Fast erwartet man, dass er seinen stolzen Kopf nach hinten wirft.«
    James nickte nur und nannte ihr den Preis. Sie bezahlte, ohne mit der Wimper zu zucken, dann schob sie Meggie rasch hinaus. James trat an die Tür und blickte der jungen Frau hinterher, die sein Kind zur Burg hinaufführte, gefolgt von zwei von Donnells Männern. Als er eine Hand auf seinem Arm spürte, sah er zur Seite. Ida war neben ihn getreten, in ihren blauen Augen lag tiefes Mitgefühl.
    »Annora liebt das kleine Mädchen«, meinte Ida.
    »Tut sie das wirklich? Oder ist sie nur ein gutes Kindermädchen?«, fragte James.
    »Nein, sie liebt das Kind. Nur Lady Margaret hält Mistress Annora auf Dunncraig, sonst nichts. Das Kind ist geliebt und gut versorgt worden, während Ihr weg wart, Laird.«
    James nickte, aber er wusste nicht, ob er es wirklich glauben sollte. Meggie hatte gesund und munter gewirkt, aber sie hatte kein Wort gesprochen, und ein Ernst hatte auf ihren Zügen gelegen, der früher nicht da gewesen war. Meggie war so süß und unschuldig gewesen wie ihre Mutter, aber auch sehr lebhaft, was Mary nie gewesen war. Von dieser Lebhaftigkeit hatte er jetzt nichts gesehen, und er fragte sich, wodurch sie der Kleinen abhandengekommen war. Mistress Annora wollte er die Schuld daran noch nicht geben, doch er nahm sich vor, die Frau genau zu beobachten.
    Allerdings würde ihm das auch nicht weiter schwerfallen, musste er sich mit einem schiefen Grinsen eingestehen. Mistress Annora war wunderschön. Ihr schlanker und doch wohlgerundeter Körper fesselte den Blick eines Mannes unweigerlich. Ihr dichtes
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