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Der Wolf aus den Highlands

Der Wolf aus den Highlands

Titel: Der Wolf aus den Highlands
Autoren: Hannah Howell
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Prolog
    Schottland – Frühling 1477
    Sir James Drummond, einst der Laird von Dunncraig und ein Ehemann und liebevoller Vater, kroch aus seinem Versteck in der Tiefe der Highlands und richtete sich langsam auf. In der Luft lag ein Hauch von Frühling, ein Versprechen von Wärme in der feuchten Morgenbrise.
    James atmete ein und kam sich vor wie ein Tier, das aus einem langen Winterschlaf erwacht – aus einem sehr langen Winterschlaf; denn seiner hatte drei harte Jahre gedauert.
    James war zerlumpt, schmutzig und hungrig, aber auch fest entschlossen, nicht eine weitere Jahreszeit von Höhle zu Höhle zu schleichen, dabei Angst zu haben, Freunden oder Verwandten zu nahe zu kommen, weil ihm der Tod auf den Fersen folgte, und Angst zu haben, dass selbst der flüchtigste Gruß einem Mann gelten könnte, der ihn erkannte und tötete.
    Es war an der Zeit, nicht mehr davonzulaufen. Nie mehr würde er davonlaufen.
    Er ballte die Fäuste, als er an seinen Feind dachte – Sir Donnell MacKay.
    Obwohl er den Mann nie gemocht oder ihm voll und ganz vertraut hatte, hatte er Donnell gestattet, Dunncraig zu besuchen, wann immer er wollte, denn er war ein Verwandter von Mary gewesen. Diese schlichte Geste der Höflichkeit und die süße Unschuld seiner Frau Mary, die zu den Menschen gehörte, die nie etwas Böses in einem anderen entdecken können, hatten sie das Leben gekostet. Kaum hatte James seine Frau beerdigt und überlegt, wie er beweisen könnte, dass Donnell sie getötet hatte, da unternahm der Mann seinen nächsten Schritt, und James wurde des Mordes an seiner Frau für schuldig befunden. Bald darauf war er geächtet worden, und dann hatte Donnell beides beansprucht, Dunncraig und die kleine Margaret, das einzige Kind von James und Mary.
    Die wenigen Menschen, die versucht hatten, James zu helfen, wurden kaltblütig ermordet, und an dem Punkt hatte er sein Heil in der Flucht gesucht, hatte begonnen, sich zu verstecken und sich so weit wie möglich von denen fernzuhalten, die ihm am Herzen lagen.
    Doch jetzt war Schluss damit. James schulterte den Sack mit seinen wenigen Habseligkeiten und machte sich daran, den steinigen Abhang hinunterzulaufen. Während er darum gekämpft hatte, den Winter zu überleben – was ihm kaum besser geglückt war als den Tieren, die er gejagt hatte –, hatte er einen Entschluss gefasst: Er musste nach Dunncraig zurück und den Beweis finden, der Donnell MacKay an den Galgen brachte und ihn, James, freisprach.
    Im Dorf von Dunncraig lebte noch ein Mann, dem James voll und ganz vertraute. Dessen Hilfe würde er brauchen, wenn er anfing, auf die Suche nach der Wahrheit und der Gerechtigkeit zu gehen, wonach er sich sehnte. Wenn er beides erreichte, konnte er seinen guten Namen, sein Land und sein Kind wiedergewinnen; andernfalls würde er alles verlieren, auch sein Leben.
    So oder so – er würde vor nichts und niemandem mehr davonlaufen.
    Am Fuß des Hügels hielt er inne und starrte Richtung Dunncraig.
    Es würde eine lange, anstrengende Reise werden, die ihn Wochen kosten würde, weil er kein Pferd hatte, aber er konnte im Geiste die Burg deutlich vor sich sehen. Er konnte auch seine kleine Meggie vor sich sehen, mit ihren dicken goldblonden Locken und den großen braunen Augen, die denen ihrer Mutter so ähnelten. Meggie war inzwischen fünf Jahre alt, und er spürte, wie seine Wut wuchs bei dem Gedanken, was er in dieser Zeit wegen Donnells Gier bei seinem Kind verpasst hatte. Auch quälten ihn Schuldgefühle, weil er vor allem daran gedacht hatte, sein eigenes Leben zu retten, und nicht daran, was seine Tochter unter Donnells Herrschaft womöglich zu leiden hatte.
    »Keine Angst, meine Meggie, bald werde ich heimkommen und uns beide befreien«, flüsterte er in den leichten Wind, straffte dann die Schultern und machte sich an den langen Heimweg.

1
    Dunncraig – Frühsommer 1477
    Drück die Erde über den Samen nur ganz sachte fest, Meggie.«
    Annora lächelte, als das kleine Mädchen die Erde langsam und sorgfältig festklopfte, so wie sie ihren Kater tätschelte. Margaret, die darauf bestand, Meggie genannt zu werden, war alles, was Annora auf Dunncraig hielt. Ihr Cousin Donnell hatte jemanden gebraucht, der sich um das Kind kümmerte, und ihre Familie hatte sie hergeschickt. Das hatte Annora nicht überrascht, da sie arm und unehelich geboren war, eine Last für alle Verwandten, eine Last, die man abschüttelte, sobald sich die Gelegenheit bot. Anfangs hatte sie sich nur damit
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