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Der Wolf aus den Highlands

Der Wolf aus den Highlands

Titel: Der Wolf aus den Highlands
Autoren: Hannah Howell
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Wahrheit vor Wut schäumte, hatte sie völlig aus der Fassung gebracht. Ihre ruckartige Bewegung hatte sie wohl verraten. Leider wurde nun sie das Ziel von Donnells Aufmerksamkeit und Reizbarkeit, obgleich sie im Allgemeinen alles tat, um das zu vermeiden. Wenn man Donnell reizte, führte das meist zu einer Menge blauer Flecke.
    »Verzeiht, Cousin«, sagte sie und trat einen Schritt zurück, um den Anfang von etwas zu machen, was hoffentlich nicht wie eine schmachvolle Flucht aussah. »Ich habe Stimmen gehört und gesehen, dass Eure Tür offen stand. Da Ihr Euch gewöhnlich um diese Zeit nicht in Eurem Schlafgemach aufhaltet, sah ich mich veranlasst, der Sache auf den Grund zu gehen.«
    »Das Einzige, wozu Ihr Euch veranlasst sehen solltet, ist das, weshalb Ihr hier seid – auf Margaret aufzupassen. Alles andere auf Dunncraig geht Euch nichts an, abgesehen von den Dingen, die Euch aufgetragen werden.«
    »Selbstverständlich, Cousin.«
    Vor Rolf Lavengeance derart herablassend behandelt zu werden, schmerzte mehr, als es sollte. Schließlich sprang Donnell stets so mit ihr um, sie hatte gedacht, dass sie inzwischen daran gewöhnt sei. Doch diesmal kostete es sie ihre gesamte Willenskraft, die Schamesröte zu unterdrücken – und wäre es nur deshalb, um Donnell nicht zu zeigen, wie sehr er sie verletzt hatte. Diese Genugtuung wollte sie ihm nicht gönnen. Nach drei Jahren auf Dunncraig war ihr Stolz zwar reichlich angeschlagen, aber er war noch vorhanden.
    »Margaret ist nicht bei Euch, oder? Warum nicht?«
    »Sie wartet in der Großen Halle auf mich. Ich wollte nur noch rasch zu Mary, um ihren Umhang abzuholen, den sie ihr gestern abgenommen hat, um ihn zu säubern.«
    »Es kostet offenbar eine Menge Zeit, dieses Kind und seine Kleider sauber zu halten. Wenn es Euch so schwerfällt, Euch ordentlich um sie zu kümmern, sollte ich mich vielleicht nach einem besseren, fähigeren Kindermädchen umsehen.«
    Donnells Stimme klang gefährlich leise, und er beobachtete Annora genau. Ihr lief ein Schauder über den Rücken. Bislang hatte Donnell diese Schwäche nie genutzt, um ihr eins auszuwischen. Sie hatte gedacht, dass sie ihre Liebe zu Meggie gut versteckt hatte, aber auf Dauer offensichtlich nicht gut genug. Vielleicht hatte er ja sogar die ganze Zeit davon gewusst und nur den günstigsten Moment abgewartet, um zuzuschlagen und ihre Gefühle für Meggie ebenso zu benutzen wie seine Fäuste – als Möglichkeit, sie einzuschüchtern. Und das gelang ihm auch bestens. Meggie war ihre einzige Freude, selbst der Gedanke, von ihr getrennt zu werden, machte ihr Angst.
    »Ich werde mich bemühen, es besser zu machen«, sagte sie und hoffte inständig, dass sie gefügig genug klang und dennoch nichts von der Angst zeigte, die sie ergriff.
    »Das solltet Ihr auch.«
    Annora machte einen Knicks und ging. Am liebsten wäre sie in die Große Halle hinabgestürmt, hätte Meggie gepackt und wäre aus Dunncraig geflohen. Der Drang war so stark, dass sie zitterte, während sie sich zwang, mit festen, gleichmäßigen Schritten davonzugehen. Doch ihr blieb wohl nichts anderes übrig, als sich nach Möglichkeit noch weniger blicken zu lassen, noch stiller und bescheidener zu sein, wenn Donnell zugegen war, und noch stärker zu verbergen, wie gern sie mit Meggie zusammen war.
    »Ich dachte schon, du hast dich verlaufen.«
    Die süße, hohe Stimme riss Annora aus ihren Gedanken. Sie blickte zu Meggie, während die Kleine sanft an dem Umhang zog, den Annora in der Hand hielt. Sie ging in die Hocke und half Meggie, den Umhang anzulegen. Eingehend musterte sie jede weiche Linie des süßen Kindergesichts. Es erstaunte sie immer wieder, dass Donnell so ein hübsches, reizendes Kind gezeugt haben sollte – und das war einer der Gründe, warum sie seine Ansprüche bezweifelte.
    Meggie war zum Mittelpunkt ihres Lebens geworden, ihre einzige Freude. Das musste ihr Cousin gemerkt haben; und dass er es gemerkt hatte, war nicht weiter verwunderlich, weil ihre Gefühle für das Kind so stark waren. Solch tiefempfundenen Gefühle ließen sich nie vollständig verbergen. Vielleicht hatte Donnell ja auch nur bemerkt, wie oft sie Meggie vor seinem Zorn und seiner Brutalität schützte, und wollte sie das wissen lassen. Sie wusste, dass sie damit nie aufhören würde, aber vielleicht ließ sich ein Weg finden, es weniger offenkundig zu tun. Wenn sie sich in ein rückgratloses Gespenst verwandeln musste, das sich nur noch in den Schatten von Dunncraig
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