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Der Wolf aus den Highlands

Der Wolf aus den Highlands

Titel: Der Wolf aus den Highlands
Autoren: Hannah Howell
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vielleicht seltsam vorkam. Doch er musste es wohl oder übel riskieren, als Sonderling zu gelten. Jedenfalls konnte er es sich nicht leisten, dass ihn jemand nackt sah.
    Er öffnete die breite, schwere Tür, die nach draußen führte, und freute sich über das Licht eines ungewöhnlich sonnigen Tages. Der Garten hinter der Küche war bereits bepflanzt, und James sog tief den Duft der feuchten Wäsche ein, die an den Leinen wehte, auf denen sie hing. Solche Dinge hatte er früher kaum bemerkt, doch jetzt erfüllten sie ihn mit einem Gefühl der Heimkehr und bestärkten ihn in seiner Entschlossenheit, Dunncraig Donnell MacKays gierigen Händen zu entreißen. Dunncraig war sein, James’, Heim, und er hätte sich nie daraus vertreiben lassen dürfen.
    »Nun, offenbar genießt Ihr die Annehmlichkeiten Eurer Werkstatt. Einen schönen Arbeitsraum habt Ihr bekommen, findet Ihr nicht auch?«
    James drehte sich langsam zur Besitzerin dieser verdrossenen Stimme um und erstarrte erst einmal vor Angst, erkannt zu werden. Hinter ihm stand Big Marta und funkelte ihn finster an, die dünnen, doch kräftigen Arme vor der schmalen Brust verschränkt. Eigentlich hätte er wissen müssen, dass seine Bewaffneten zwar verschwunden waren, doch nicht alle Dienstboten. Big Marta war eine ausgezeichnete Köchin, es war also kein Wunder, dass MacKay sie behalten hatte. Leider war sie auch die Person, die James am längsten und besten kannte. Er hoffte, dass ihre dunklen Augen schmaler wurden, weil ihr Ärger wuchs, und nicht, weil sie etwas an ihm erkannt hatte.
    »Es war nicht meine Wahl, eh?«, murmelte er schulterzuckend.
    Big Marta verdrehte die Augen. »Na toll! Ihr beherrscht nicht mal unsere Sprache richtig, stimmt’s? Und dabei hatte ich mir gedacht, irgendwas an Euch käme mir bekannt vor. Aber das kann wohl nicht sein, denn ich kenne keine Franzosen. Wollte auch nie welche kennenlernen. Vermutlich kann ich Euch die Wahl dieses Raums nicht vorwerfen«, fuhr sie seufzend fort. »Das ist nur wieder mal was, was dieser Narr getan hat, um uns das Leben noch schwerer zu machen.« Sie verzog das Gesicht. »Könnt Ihr wenigstens ein bisschen mehr von unserer Sprache verstehen, als Ihr sprecht?«
    »Oui.«
    »Da Ihr nickt, heißt das wohl aye. «
    »Aye.«
    »Na ja, Ihr seid ein gut aussehender Bursche, also sag ich Euch, was ich auch den anderen schon gesagt hab: Haltet Euch von den Mädchen fern, die für mich arbeiten. Es ist auch so schon schwer genug, all die Arbeit zu erledigen, ohne dass Ihr oder diese Narren, die MacKay um sich versammelt hat, hinter allen Röcken auf Dunncraig her sind. Denkt daran, wenn ich etwas dergleichen herausfinde, dann bekommt Ihr es mit mir zu tun!«
    James nickte abermals. Dieses Versprechen fiel ihm nicht schwer. Nach über drei Jahren Enthaltsamkeit verlangte es ihn zwar heftig nach einer Frau, aber das Risiko, dass seine Tarnung aufflog, war einfach zu groß. Davor hatte ihn das Risiko, verraten oder überrumpelt zu werden, davon abgehalten, sich eine Geliebte zu nehmen. Nicht einmal eine Schankmaid, die einem Mann für Geld Entspannung schenkte und danach vergessen wurde, hatte ihn in Versuchung geführt. Selbst wenn er die Freiheit besessen hätte, sich gehen zu lassen, hätte er es nicht mit einer Magd getan, die innerhalb der Mauern von Dunncraig arbeitete. Das hatte er nie getan. Es war eine Regel, die seine Pflegeeltern ihm und seinen Pflegebrüdern beigebracht hatten und auf deren Einhaltung sie großen Wert gelegt hatten.
    »Hm. Ich bin mir nicht sicher, ob ich Euch mehr trauen soll als MacKays Spießgesellen, aber wir werden sehen.« Big Marta musterte den Raum. »Und was will der Narr nun von Euch?«
    »Ich soll für ihn schnitzen.« James deutete auf das Holz und die Werkzeuge. »Mein Pokal hat ihm gefallen.«
    »Aha, verstehe. Das ist ja auch ein sehr schöner Pokal, gute Arbeit, sehr gute Arbeit. Hab nie eine bessere gesehen. Noch mehr schöne Sachen für unseren großen Laird. Die Kleinen können sich ruhig heiser schreien vor Hunger, der in ihren kleinen Bäuchen wütet, doch MacKay wird einen schön geschnitzten Stuhl bekommen, auf den er seinen Hintern pflanzen kann, und einen hübschen Pokal, aus dem er Wein in seinen gierigen Schlund schütten kann.« Sie schüttelte den Kopf, und ihr ergrauendes braunes Haar tanzte mit. »Aber haltet Euch von meinen Mädchen fern und seht zu, dass die Unordnung sich auf diesen Raum beschränkt. Ich will keine Holzspäne und Ähnliches in meiner
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