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Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Titel: Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)
Autoren: Eric T. Hansen
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Intro
Wir sind anders
    W arum glaubt der Ami 1 bloß, dass alles sich um ihn dreht?
    Wie kommt er eigentlich auf die Idee, den Weltpolizisten zu spielen und zu erwarten, dass jedermann nach seiner Pfeife tanzt?
    Weshalb lehnt er soziale Gerechtigkeit ab, duldet im reichsten Land der Welt so viel Armut und verweigert bedürftigen Mitbürgern so grundlegende Dinge wie eine Krankenversicherung?
    Und wieso ist er so dick, so dumm und so dreist?
    Die Deutschen können sich nicht entscheiden, ob sie Amerika lieben oder hassen, bewundern oder verachten, sich davon angezogen fühlen oder schreiend wegrennen wollen. Einerseits sind da die Hollywood-Filme, Jazz und Pop, die weite, wilde Landschaft, das Gefühl, dass alles möglich ist; andererseits diese Arroganz, die Brutalität, die … Andersartigkeit.
    Ich lebe als Amerikaner nun seit über 25 Jahren in Deutschland und habe lange nicht verstanden, wieso man hier solch zwiespältige Gefühle meinem Land gegenüber hegt. Die leicht genervte Haltung der Deutschen fand ich rätselhaft. Nur langsam begriff ich: Wir wirken auf sie zugleich ähnlich und fremd, und das macht uns so verwirrend.
    Wenn ein Deutscher nach Afrika reist und dort seltsame Bräuche, Einstellungen und Mentalitäten beobachtet, tut er es als Ethnologe: »Interessant, was es alles auf der Welt gibt«, sagt er, und wundert sich nicht, dass die Menschen dort so anders sind. Er erwartet, dass sie anders sind.
    Reist er jedoch in die USA , sieht er Menschen, die fast so aussehen wie Europäer. Sie sprechen eine europäische Sprache, sie gehen meist in Kirchen, die indirekt aus Rom oder Wittenberg stammen, sie leben in einer Demokratie, fahren VW s, trinken Weißbier, essen Gummibärchen und gehen gern zum Oktoberfest. Da erwartet man doch, dass sie sich auch wie Deutsche bzw. Europäer verhalten. Aber wir Amis denken nicht daran.
    Darauf können sich die Deutschen keinen anderen Reim machen, als dass wir wohl dumm oder durchgeknallt sein müssen – oder einfach gern Europäer verarschen.
    Es handelt sich um ein riesiges Missverständnis: Wir Amerikaner haben so wenig mit Europäern gemein wie die Afrikaner. Man merkt das nur nicht gleich. In Wirklichkeit aber leben wir tatsächlich auf einem anderen Planeten. Wer das verstehen will, muss seine Erwartungen über Bord werfen und, ganz Ethnologe, die Amerikaner wie wilde Tiere, wie eine andere Spezies oder gar wie Aliens von einem anderen Planeten betrachten.
    Anfangs habe ich es auch nicht verstanden. Selbst wer in Hawaii aufwächst, lernt, dass die amerikanische Kultur zum größten Teil aus Europa stammt. Erst nach und nach fiel mir auf, wie anders Europäer doch sind. Noch als Mormone – lange, bevor ich die Kirche verließ – bemerkte ich, dass die Europäer kleinere Kirchen, solche, für die der Staat keine Kirchensteuer eintreibt, als »Sekten« betrachten. Wir nicht. Europäer verorten ihre Regierung »rechts« oder »links«; wir beurteilen unseren Staat danach, ob er sich »einmischt« oder eben nicht. Europäer setzen »Gleichheit« mit »sozialer Gerechtigkeit« gleich; wir Amis halten soziale Ungerechtigkeit für stinknormal und »Gleichheit« für das Recht, mit denjenigen konkurrieren zu können, die über uns stehen.
    Bald begann ich, über die Deutschen aus amerikanischer Sicht zu schreiben, in Büchern wie Planet Germany . Das Einzige, worum ich einen großen Bogen machte, war die Betrachtung Amerikas aus europäischer Sicht.
    Dabei wurde ich täglich Zeuge davon. In deutschen Zeitungen erscheinen oft genug Artikel über Amerika, in denen sich der Autor über unsere exotischen Verrücktheiten auslässt, selten aber die Gründe dahinter beleuchtet. Einmal schlug ich einer Redakteurin eines angesehenen deutschen Polit-Magazins eine Kolumne vor, in der ich solche Hintergründe erklären würde. Sie machte mir klar: »Die Leute wollen die Hintergründe nicht kennen, nur die skurrilen Geschichten lesen.«
    Dabei hatte sie nur eines übersehen: Die Hintergründe sind oft genauso skurril!
    In diesem Buch widme ich mich nun hemmungslos solch größeren Zusammenhängen. Vieles davon war, ehrlich gesagt, mir selbst neu: Ich wusste, dass wir anders ticken, aber woher das kommt … Als ich es endlich verstand, hat es mich selber überrascht.
    Ich gehe auf eine virtuelle Erkundungsreise, um mein Land noch einmal – aus der deutschen Perspektive – neu zu betrachten. All unseren Rätseln, Seltsamkeiten und Eigenarten, die bei den Deutschen so oft
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