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Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel

Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel

Titel: Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel
Autoren: Alfred Weidenmann
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Ein Hotelgast sammelt Sonnenaufgänge — und Fritz Treutlein braucht Köpfe zum Üben

    Der Hotelpage blickte noch einmal zur Uhr über der gläsernen Drehtür. Genau in einer Minute war der Weckruf fällig.
    Fridolin schaltete den großen Staubsauger ab und schlenderte durch die leere Halle. Hinter der Portiersloge klemmte er sich zwischen einen alten Ledersessel und den Klappenschrank, nahm den Hörer vom Apparat und steckte einen der vielen Stöpsel in eines der vielen Löcher. Das kleine rote Kontrollicht flammte auf.
    Im Zimmer 112 mußte jetzt das Telefon klingeln.
    Für eine ganze Weile blieb es still in der Leitung, Fridolin wartete.
    Aber schließlich kratzte und klickte es im rechten Ohr des hellblonden Jungen. Anschließend hörte er deutlich, wie jemand tief ein- und dann wieder ausatmete. „Was ist denn?“ fragte jetzt eine ziemlich verschlafene Stimme.
    „Das Hotel zum Kurfürsten wünscht Ihnen einen wunderschönen guten Morgen“, flötete der Page Fridolin Paschulke höflich. „Sie wollten geweckt werden, und jetzt ist es soweit.“
    „O du dicker Vater, ich hab’ noch geschlafen wie ein Nilpferd“, stöhnte die Stimme von 112. Und gleich darauf knurrte sie: „Verdammt noch mal, wo ist denn dieser verflixte Knipser an der Nachttischlampe? Um mich herum ist’s nämlich noch stockduster, weil die Gardinen zugezogen sind. War reine Glückssache, daß ich überhaupt den Telefonhörer erwischt hab’.
    Wie sieht’s denn vor den Fenstern aus? Ich meine, was macht das Wetter?“
    „Wolkenlos und vierundzwanzig Grad Wärme, meint das Radio“, gab Fridolin zur Antwort. Dabei hatte er seinen Kopf in die Richtung der Eingangstür gedreht und blickte zur Straße. „Übrigens scheinen die Wetterfrösche heute mal ausnahmsweise richtig getippt zu haben.“
    „Na, dann muß ich wohl“, seufzte die Stimme am anderen Ende der Leitung und fragte noch: „Weißt du übrigens, daß das Aufstehen die gewaltigste Leistung ist, die der Mensch im Laufe des Tages hinter sich bringen muß? Ein wahnsinnig bekannter Arzt hat das mal festgestellt, und daran ist nicht zu rütteln.“ Aus dem Telefon war kurz darauf ein tiefes Luftholen zu hören und dann das Geräusch einer zum Sprungbrett umfunktionierten Matratze. „Ich hab’ soeben meine Beine zuerst in die Luft und anschließend über die Bettkante geschleudert. Jetzt sitze ich bereits aufrecht neben dem Nachttisch, und meine Füße ruhen sich auf dem Teppich aus“, kommentierte der Hotelgast seine vollbrachte Leistung wie ein Sportreporter im Fernsehen.
    Seine Stimme klang jetzt gar nicht mehr verschlafen. Trotzdem bedauerte er: „Schon bei nur halbwegs trübem Wetter hätte ich mich mit gutem Gewissen noch ein paar Stunden aufs Ohr hauen können!“ Es war deutlich durchs Telefon zu hören, wie er sich neuerlich einen Ruck gab. „Aber das soll nicht sein. Also, besten Dank fürs Klingeln, junger Freund, und bis gleich.“
    „Bis gleich“, echote Fridolin Paschulke, zog den Stöpsel wieder aus dem Klappenschrank und schlenderte zu dem großen Staubsauger zurück. Und weil er zu seiner grasgrünen Uniformhose mit den goldenen Seitenstreifen im Augenblick nur ein dünnes Sporthemd trug, fiel es besonders auf, wie spindeldürr der Hotelpage war.
    Außer ihm und dem Gast von 112, der inzwischen prustend, aber ohne zu mucksen, in der Badewanne seines Zimmers unter einer eiskalten Dusche stand, war im Hotel zum Kurfürsten um diese Zeit keine andere Menschenseele auf den Beinen.
    Das Hotel am Rathausplatz dämmerte vorerst genauso ruhig und friedlich in den neuen Tag hinein wie das übrige Bad Rittershude.
    Eine knappe Viertelstunde später quietschten allerdings schon die ersten Straßenbahnen aus dem Depot am Ende der Wielandstraße, wurde im Elektrizitätswerk die Nachtschicht abgelöst und purzelten bei einem guten Dutzend Bäckereien frische Frühstücksbrötchen aus den Backöfen.
    Draußen im städtischen Freibad beim Kurgarten kippten etwa zur selben Zeit ein paar Männer ein halbes Faß Chlor ins Schwimmbecken. Das war vom Gesundheitsamt nun mal so vorgeschrieben. Aber das mußte man den Bad Rittershuder Bürgern ja nicht unbedingt auf die Nase binden, und so früh am Morgen gab es keine neugierigen Zuschauer. Übrigens rollten inzwischen auch schon die vier knallgelben Sprengwagen der Stadt zum Wasserwerk hinter dem Karlsplatz, um sich ihre leeren Tanks vollpumpen zu lassen.
    Inzwischen ließ sich der telefonisch geweckte Gast von Zimmer 112 aus
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