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Der Wolf aus den Highlands

Der Wolf aus den Highlands

Titel: Der Wolf aus den Highlands
Autoren: Hannah Howell
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abgefunden, doch dann hatte sie die kleine Meggie kennengelernt, ein Kind von zwei Jahren mit großen braunen Augen und dicken goldblonden Locken. Obwohl Annora Donnell für einen brutalen Mann hielt, sogar ein wenig fürchtete, und einige Zweifel an seinem Besitzanspruch auf Dunncraig hatte, weilte sie drei Jahre später noch immer auf Dunncraig, und nicht nur, weil sie keine andere Zuflucht hatte. Sie blieb wegen der kleinen Meggie, einem Kind, das sie vom ersten Tag an ins Herz geschlossen hatte.
    »Samen sind kostbar«, sagte Meggie.
    »Richtig, sehr kostbar«, pflichtete Annora ihr bei. »Manche Pflanzen wachsen allerdings jedes Frühjahr von allein«, fuhr sie fort.
    »Verfluchtes Unkraut.«
    Annora senkte den Kopf, um ein Grinsen zu verbergen, und meinte still: »Junge Damen sollten nicht fluchen.« Auch Damen mit vierundzwanzig sollten das nicht, dachte sie, denn ihr war klar, woher Meggie solche Worte kannte. »Aber es stimmt, Unkraut wächst von allein dort, wo man es nicht haben will. Doch manche Pflanzen können den Winter nicht überstehen, und wir müssen die Samen oder Wurzeln sammeln und sie an geeigneten Plätzen lagern, damit wir sie einbringen können, wenn es wieder warm genug dafür ist.«
    »Es ist aber noch nicht warm.«
    Annora sah hoch und stellte fest, dass Meggie den Himmel böse ansah. »Warm genug, um die Samen in die Erde zu legen, Schätzchen.«
    »Meinst du nicht, dass wir sie vorher in eine kleine Decke hüllen sollten?«
    »Die Erde ist ihre Decke.«
    »Annora! Der Laird will, dass Ihr ins Dorf geht und Euch anseht, wie gut dieser neue Holzschnitzer Pokale fertigt.«
    Als sich Annora umdrehte, um auf den barschen Befehl des jungen Ian zu antworten, war der Junge bereits auf dem Weg zurück in den Keep. Seufzend sammelte sie die kleinen Säckchen mit den Samen ein, die sie an diesem Nachmittag hatte aussäen wollen. Ian berichtete Donnell wahrscheinlich bereits, dass Annora ins Dorf sei, und natürlich würde sie folgsam sein. Niemand lehnte die Ausführung eines Befehls von Donnell ab. Sie nahm Meggie bei der Hand und eilte mit ihr in den Keep, wo sie sich, bevor sie ins Dorf gingen, noch rasch die Hände waschen wollten.
    Auf ihrem Weg hinaus trat Donnell aus der Großen Halle und fing sie ab. Annora verspannte sich, und sie spürte, wie sich Meggie an ihre Röcke presste. Sie kämpfte dagegen an, sich zu entschuldigen, weil sie nicht auf der Stelle ins Dorf geeilt war, und begegnete seinem finsteren Blick mit einem schwachen, fragenden Lächeln.
    Ihr Cousin war an und für sich ein sehr gut aussehender Mann, dachte Annora. Er hatte dichtes dunkles Haar und schöne dunkle Augen. Seine Züge waren männlich, aber nicht grob, und er hatte sogar eine schöne Haut und keine sichtbaren Narben. Doch seine ständig mürrische oder zornige Miene entstellte sein gutes Aussehen. Es war, als würde alles Schlechte in diesem Mann sein Aussehen zeichnen. Und so, wie Donnell jetzt aussah, fand ihn bestimmt keine einzige Frau attraktiv.
    »Warum gehst Ihr nicht ins Dorf?«, bellte er.
    »Wir sind schon unterwegs, Cousin«, erwiderte sie und strengte sich an, süß und gehorsam zu klingen. »Wir mussten uns nur die Hände waschen, die bei der Gartenarbeit schmutzig geworden sind.«
    »Ihr sollt nicht im Garten arbeiten wie irgendeine dahergelaufene Schlampe. Ihr seid zwar ein Bastard, aber Ihr seid von edlem Geblüt. Und Margaret solltet Ihr solche Dinge auch nicht beibringen.«
    »Eines Tages wird sie die Herrin eines Landguts oder einer Burg sein und einen Haushalt befehligen. Das wird sie viel besser können, wenn sie weiß, wie viel Arbeit es bedarf, ihre Anordnungen umzusetzen.«
    An der Art, wie sich Donnells Augen verengten, merkte Annora, dass er überlegte, ob sie soeben Kritik an ihm geübt hatte. Das hatte sie tatsächlich, denn sie wusste nur allzu gut, wie wenig Donnell von der Arbeit verstand, die er den Leuten auftrug, und wie wenig er sich darum kümmerte. Er verschwendete nie einen Gedanken daran, wie seine Wünsche und Bedürfnisse erfüllt wurden, außer, dass er diejenigen brutal bestrafte, die seiner Meinung nach nicht taten, was ihnen befohlen war.
    Annora strengte sich an, möglichst viel Unschuld in ihren Blick zu legen, während sie seinem Argwohn begegnete, und atmete erleichtert auf, als er ganz offenkundig beschloss, dass sie nicht schlau genug war, ihre Kritik so geschickt zu verpacken.
    »Dann macht, dass Ihr fortkommt«, sagte er. »Mir kam zu Ohren, dass dieser neue
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