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Der Winter tut den Fischen gut (German Edition)

Der Winter tut den Fischen gut (German Edition)

Titel: Der Winter tut den Fischen gut (German Edition)
Autoren: Anna Weidenholzer
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nicht mehr falten lässt, bis er so klein ist, dass er in ihre geballte Hand passt. Sie lässt den Brief auf den Boden fallen, sie sieht, wie er aufkommt und zur Seite fällt. Ich habe vergessen, wie ich es machen soll. Maria überlegt, Veronika anzurufen, sie zu fragen: Wie oft soll ich den Satz sagen, wie bestelle ich richtig beim Universum, wie machst du das. Aber Maria erinnert sich an das Buch, das sie noch nicht zu Ende gelesen hat, und sie möchte Veronika nicht enttäuschen, möchte nicht, dass Veronika fragt, hast du das Buch schon gelesen, du weißt doch, was auf Seite einhundertdreizehn steht. Wenn du etwas wirklich möchtest, bekommst du es, hat Veronika an einem Montag gesagt, vielleicht bist du noch nicht bereit, vielleicht brauchst du noch Zeit, um zu dir zu finden. Vielleicht musst du durch diese schwere Zeit, um stark daraus hervorzugehen, das Leben gibt einem Prüfungen auf, und wenn man diese Prüfungen besteht, tritt man in eine neue Dimension ein, nur wenn man wirklich möchte, kann man die nächste Stufe erklimmen. Das Wort
erklimmen
betonte Veronika, dann ordnete sie die neuen Kleidungsstücke ein, die aus der Warensortierung gekommen waren. Schau, sagte sie, ein schöner Pelzmantel.
    Von Prüfungen sprach Veronika, aber sie sagte nicht, welche Prüfungen sie bestanden hatte. Veronika sagte: Ich arbeite seit drei Jahren mit Bestellungen beim Universum. Wenn ich einen Parkplatz suche, bitte ich das Universum darum, und schon wird einer frei. Wenn ich einen Arzttermin habe, bitte ich das Universum, gesund zu sein, und ich bin gesund. Ich bestelle klar und deutlich, sage, dass der Wunsch zum Wohl aller Beteiligten sein soll, ich lasse meinen Wunsch los. Man muss negative Glaubenssätze neutralisieren. Wenn man im Hinterkopf denkt, ich bin schon zu alt, ich bin wertlos, dann wirkt das wie eine Rücknahme der Bestellung. Man muss schauen, was einen daran gehindert hat, zu glauben, dass es funktioniert, und man muss seine Wünsche positiv formulieren, sagte Veronika, das Universum versteht dich sonst nicht. Wenn ich mir keinen Krebs wünsche, bekomme ich Krebs, weil das Universum das Wort
kein
nicht versteht. Man muss sagen: Ich möchte gesund bleiben, nur so kommt die Botschaft an. Es ist ganz einfach, du musst dich an die Regeln halten. Warum hört das Universum nicht richtig zu, wollte Maria fragen. Sie sagte: Das erklärt Einiges.
    Ich werde nur noch Gutes in mein Leben lassen, denkt Maria und schiebt den Vorhang zur Seite. Der alte Mann vom Haus gegenüber schaut aus dem Fenster, und Maria hebt die Hand und winkt, aber sie ist nicht sicher, ob der Mann sie gesehen hat, weil er nicht zurückwinkt und weil der Mann immer winkt, wenn er jemanden im Haus gegenüber oder auf der Straße sieht. Und sind es Kinder, die er sieht, verschwindet er kurz und wirft wenig später Süßigkeiten vom Fenster auf die Straße hinunter. Den Zuckerlmann nennen die Kinder ihn, und manchmal schreien die Kinder, wenn der alte Mann schlecht zielt.

49 Rückwärts
    Spring doch, sagte ich. Spring doch, bleib nicht sitzen.

48 Der Berater
    Der Berater sagt: Frau Beerenberger, meine Kollegin ist in Karenz, es wird ein Mädchen, endlich ein Mädchen, aber was erzähle ich Ihnen. Frau Beerenberger, haben Sie nachgedacht. Frau Beerenberger, bitte schreiben Sie drei Bewerbungen pro Woche, ich gebe Ihnen fünf Stellenausschreibungen mit. Frau Beerenberger, können Sie sich vorstellen, in einer anderen Stadt, in einem anderen Bundesland zu arbeiten. Frau Beerenberger, wir sehen einander in einem Monat wieder, bis zum nächsten Mal möchte ich, dass Sie über die Möglichkeit einer Umschulung nachgedacht haben.

47 Die Zärtlichkeit der Bärenmädchen
    Im Altersheim ist es ruhig, ist es dunkel, ist es warm. Ein kleiner Fernseher hängt in der rechten Ecke des Aufenthaltsraums, an ihm muss Maria vorüber, wenn sie zu Isolde möchte. Maria kommt spät, um halb fünf wird das Abendessen gebracht, ein paar Bewohnerinnen sitzen schon an ihren Tischen. Als sie Maria kommen sehen, wenden sie den Blick nicht von ihr ab, auch wenn sie ihnen lange entgegenschaut und grüßt. Die Alten im Aufenthaltsraum sind das Empfangskomitee, an ihnen muss vorbei, wer das Stockwerk betritt, denn der Aufzug führt direkt zu ihnen. Ihre Zimmer sind mit Fotos gekennzeichnet. Merkt man sich ein Gesicht länger als den Namen, fragte Maria die Pflegerin bei ihrem ersten Besuch. Wissen Sie, für uns ist es einfacher, antwortete die Pflegerin. Ich suche Frau
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