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Der widerspenstige Planet

Der widerspenstige Planet

Titel: Der widerspenstige Planet
Autoren: Robert Sheckley
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sinnvoll Gebrauch davon zu machen.
    Ihr glaubt, dass mein Reich wie eine miese afrikanische oder lateinamerikanische Diktatur aus dem zwanzigsten Jahrhundert aussieht. Es ist auch eine, zugegeben. Aber als ich die Macht übernahm, war die Welt ein einziges Chaos. Es herrschte nie Frieden und das einzige Gesetz war das Recht des Stärkeren. Ich gab den Menschen ein gewisses Maß an Sicherheit und Ordnung, ohne das sich keine Zivilisation aufbauen lässt.
    Alle, die wir hier versammelt sind, sind Produkte der amerikanischen Demokratie und ihren Wertvorstellungen. Imperium, Reich und Imperator sind für uns beinahe Schimpfworte. Aber ich muss euch ernsthaft bitten, mein Werk nicht vom politischen Standpunkt aus zu beurteilen. Was hättet ihr an meiner Stelle getan? Den Sklaven und Leibeigenen das Wahlrecht gegeben? Selbst mit der Zeitmaschine wäre ich dann keine Woche lang an der Macht geblieben.
    Sollte ich den Menschen etwa Vorlesungen darüber halten, dass sie alle gleich seien und die gleichen Rechte haben? Die Leute in meinem Reich wissen , dass nicht alle Menschen gleich sind und dass die Rechtsprechung nur den Reichen Recht gibt. Sie sehen in allen gleichmacherischen Ideen eine teuflische Perversion des Denkens, der es bis zum Tode zu widerstehen gilt.
    Demokratie ist kein Naturgesetz. Der Mensch muss zu ihr erzogen werden. Demokratie ist ein schwieriges und sehr fortgeschrittenes Konzept für Menschen, die gewohnt sind, in Wolfsrudeln unter der Herrschaft eines starken Führers zu leben. Eine funktionsfähige Demokratie verlangt Verantwortung und Fairness gegenüber den Mitbürgern. Für die Menschen dieser zukünftigen Erde war dieser Gedanke ungeheuerlich und löste tiefes Misstrauen aus,
denn es gab schlicht keine Mitbürger – es gab nur die anderen , und die waren dazu da, ausgenutzt zu werden.
    Was hätte jemand von euch unter diesen Umständen getan? Hättet ihr euch das Elend und die Unvernunft dieser Welt angesehen und euch von ihr abgewandt, um in die glücklicheren Zeiten unserer Vergangenheit zurückzukehren? Oder wärt ihr geblieben, um dem Volk eine äußerliche Demokratie aufzuzwingen, die sofort wieder abgeschafft worden wäre, sobald ihr nicht mehr die Macht gehabt hättet, ihre Existenz durch die Zeitmaschine zu sichern? Oder hättet ihr auch das getan, wozu ich mich entschlossen habe; die einzige Staatsform aufzubauen, die die Menschen verstehen und respektieren konnten, und dann zu versuchen, sie in diesem Staat zu Freiheit und Verantwortung zu erziehen?
    Ich tat das, wovon ich glaubte, es sei das Beste für sie, nicht für mich. Ich ergriff die Macht. Aber dann begannt ihr Gleister, meine Alter Egos , meine Brüder aus der Vergangenheit, in immer größeren Scharen aufzutauchen, um mich umzubringen. Ich versuchte, einige von euch zu kidnappen und umzuerziehen. Aber es waren zu viele Gleister, die Situation eskalierte und richtete sich gegen mich.
    Ich erfuhr bald von eurer Organisation. Deshalb kam ich jetzt hierher, um sie zu unterwandern und zu bezwingen. Das ist mir gelungen. Sie ist jetzt in meiner Hand.
    Ich habe die Lage so neutral ich konnte dargestellt. Ich muss euch nun von ganzem Herzen bitten, mit mir zusammenzuarbeiten. Steht mir bei, helft mir, eine barbarische und geistig heruntergekommene Erde in die Welt zu verwandeln, von der wir alle gemeinsam träumen.«
    Es folgte langes Schweigen.
    Endlich ergriff der Vorsitzende Egon Gleister das Wort. »Ich glaube, so wie Sie es dargestellt haben, hat die Sache zweifellos ihre Verdienste.«

    »Habt ihr denn alle schon vergessen, was ihr in seiner Zukunft gesehen habt?«, rief Hieronymus dazwischen. »Nur Misstrauen, Verrat und Elend und die allgegenwärtige Polizei!« Er wandte sich an Mingus. »Warum lässt du die Menschen dieser Zukunft nicht einfach in Ruhe? Deine Motive sind im Grunde völlig uninteressant. Hat die Erde denn noch nicht genug Imperatoren, Diktatoren, Führer, Generalissimi, Großkahne, Schahs, Cäsaren, oder wie immer man sie nennen will, gehabt? Einige von ihnen hatten die edelsten Motive – aber sie haben nur einem wirklich geholfen, nämlich sich selbst!«
    »Ich darf deinen Ausführungen entnehmen, dass du einen Zustand der Anarchie vorziehen würdest?«, erkundigte sich Mingus freundlich.
    »Anarchie wäre vielleicht wirklich besser«, erwiderte Hieronymus. »Ihr einziger Nachteil liegt in ihrer leichten Beherrschbarkeit durch Menschen wie dich.«
    Im Plenum war es totenstill. Hieronymus fuhr also fort:
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