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Der widerspenstige Planet

Der widerspenstige Planet

Titel: Der widerspenstige Planet
Autoren: Robert Sheckley
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wieder um Aufmerksamkeit.
    »Mitglieder der Gleister-Haupt- und Nebenmöglichkeitslinien«, rief Egon, »ich heiße euch willkommen. Einige von euch haben diesen Ort gesucht und schließlich auch gefunden, andere stolperten offenbar durch Zufall hier herein, und wieder andere befanden sich plötzlich hier, obwohl
sie eigentlich auf dem Weg ganz woandershin waren. Dies scheint also eine ausgesprochene Gleister-Sammelstelle zu sein, auch wenn ich nicht so genau weiß, warum das so ist. Nun, lassen wir diese Frage erst einmal auf sich beruhen. Ich glaube, ich spreche in unser aller Sinn, wenn ich den Ort die ›Raum- und Zeit-Widerstandszentrale gegen die Herrschaft des Imperators Mingus‹ nenne. Möglicherweise kennt der Imperator diesen Ort und weiß, was wir vorhaben. Wir sind die einzige ernsthafte Gefahr für sein Regime. Viele von uns haben unerklärliche, beinahe tödliche Unfälle kurz vor der Erfindung unserer Zeitmaschine gehabt, und hinter einigen dürfte mit Sicherheit Mingus stehen. Wir müssen mit weiteren Anschlägen gegen uns rechnen. Das ist alles, was ich im Augenblick zu sagen habe. Ich bitte um Wortmeldungen aus dem Plenum.«
    Ein Mann stand auf und stellte sich als Chalmers Gleister vor. »Hat irgendjemand etwas über die Identität dieses Mingus herausbekommen?«, wollte er wissen.
    »Soweit ich weiß, nein«, antwortete Egon Gleister. »Er hat seine Herkunft sehr wirksam zu verschleiern gewusst. Es gibt nur eine offizielle Biografie, in der angegeben wird, der Imperator sei in Clearwater, Florida, geboren, als einziges Kind der Eheleute Anton und Myra Waldheim.«
    »Hat das jemand überprüft?«, fragte Chalmers.
    Ein anderer Mann stand auf. »Ich heiße Marcos Gleister und bin der Sache nachgegangen. Ich kann nur berichten, dass Clearwater, gut dreißig Jahre bevor Mingus an die Macht kam, zusammen mit dem Sage-Creek-Reaktor in die Luft geflogen ist.«
    »Hast du versucht, Clearwater vor seiner Vernichtung einen Besuch abzustatten?«
    »Das habe ich«, berichtete Marcos. »Aber meine Forschungen verliefen alle negativ. Die Waldheims könnten
zum Zeitpunkt meiner Recherchen noch nicht dort gelebt haben, oder ihre Anwesenheit wurde geschickt kaschiert, oder Mingus wählte Clearwater als besonders schwer überprüfbare falsche Spur.«
    »Ist irgendjemand«, fragte Chalmers weiter, »im Zentralarchiv von Washington oder der Kongressbibliothek oder was es heute an vergleichbaren Einrichtungen gibt gewesen? Wenn alle Waldheim-Eintragungen dort entfernt wurden, ist das ein aufschlussreicher Negativbeleg für Mingus’ Identität.«
    »Bisher ist eine solche Untersuchung nicht erfolgt«, stellte der Vorsitzende Egon Gleister fest, nachdem es keine Meldung aus dem Plenum gegeben hatte. »Vielleicht könntest du dich selbst um diese Aufgabe kümmern?«
    »Ich weiß nicht recht, wo ich anfangen soll«, erwiderte Chalmers.
    »Das weiß keiner von uns. Unsere kollektiven Talente liegen mehr auf anderen Gebieten. Aber jemand muss diese Aufgabe schließlich übernehmen.«
    »Na, gut«, meinte Chalmers widerstrebend. »Ich kann’s ja versuchen.« Dann setzte er sich wieder.
    Es folgte eine längere allgemeine Debatte. Die Gleisters waren über die Zeitreise, ihre Möglichkeiten und ihre Grenzen sowie alle daraus folgenden Konsequenzen völlig verwirrt. Sie hatten auch große Schwierigkeiten, die verschiedenen Arten und Aspekte der Zeit einzuordnen, mit denen sie es inzwischen zu tun bekommen hatten. Es gab subjektive Zeit, objektive Zeit, vergangene Zeit und zukünftige Zeit, von Vergangenheit und Zukunft ganz zu schweigen, diverse Zwischenzeit-Zustände und die in sich widersprüchlichen Kreuzungen und Verdopplungen der verschiedenen Zeitspuren. Was war die Vergangenheit, was die Zukunft? Waren »Vergangenheit«, »Gegenwart« und »Zukunft« am Ende nichts anderes als fiktive Begriffe – die irreführende
Trennung einer Sache, die sich gar nicht trennen ließ? Die Situation schien sich mit der eines verrückten Schachspiels vergleichen zu lassen, bei dem jeder der beiden Spieler zu jedem Zeitpunkt alle vorherigen Züge wieder korrigieren konnte, einem Spiel, das vielleicht schon zu Ende war, bevor es begonnen hatte.
    Hieronymus Gleister – trotz einiger eher technischer Probleme der Unterscheidung und Identifikation noch immer unser eigentlicher Held – schenkte der Debatte keine große Aufmerksamkeit. Stattdessen beobachtete er die Versammlung, denn die anwesenden Gleister schienen ihm fast genauso
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