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Der widerspenstige Planet

Der widerspenstige Planet

Titel: Der widerspenstige Planet
Autoren: Robert Sheckley
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»Wie immer man die Zustände auch sehen mag, es ist nicht deine Zeit, die du manipulieren willst, Mingus. Sie gehört den Menschen, die in ihr geboren sind. Du kamst aus dem glücklichen und erleuchteten zwanzigsten Jahrhundert dorthin und zwingst ihnen nun deine überflüssigen politischen Vorstellungen auf. In Wahrheit tust du nichts anderes als alle anderen Kolonisator auch.«
    Mingus schien tief getroffen. »Ich muss über deine Worte nachdenken …« Er schüttelte irritiert den Kopf. »Es ist seltsam, dass wir alle hier nur eine einzige Person sind, während wir so völlig unterschiedliche Ansichten entwickelt haben.«
    »So seltsam ist das gar nicht«, wandte Egon ein. »Selbst unter normalen Umständen vereinigen sich in einer einzigen Person viele verschiedene Persönlichkeiten.«

    »Vielleicht sollten wir abstimmen, was werden soll«, schlug Hieronymus vor, »wenn wir uns für zivilisiert genug für einen solchen demokratischen Akt halten.«
    »Macht zu übernehmen, erfordert einen hohen Grad von Verantwortung«, wandte Mingus ein. »Aber das gilt auch für einen Rücktritt von dieser Macht. Ich muss mir deshalb sorgfältig überlegen, ob ich die Verantwortung dafür übernehmen kann.«
    »Vielleicht brauchst du das gar nicht«, meinte Egon. »Vielleicht brauchst du dir keinen einzigen Gedanken mehr darüber zu machen.«
    »Wie soll ich das verstehen?«
    Der Vorsitzende lächelte und erklärte: »Ich glaube, da liegt eine fatale Fehleinschätzung der Abfolge von Begebenheiten vor. Indem du hierherkamst, hast du aufgehört, der Imperator zu sein. Deshalb gibt es für dich auch nichts mehr, über das du unbedingt eine Entscheidung fällen müsstest.«
    »Das musst du mir erklären«, verlangte Mingus. »Wer ist denn jetzt der wahre Imperator?«
    »Es gibt keinen ›wahren‹ Imperator«, versicherte Egon. »Es gibt nur einen Gleister, der in die Zukunft ging und dort die Macht über die Erde an sich riss. Er ernannte sich zum Imperator und musste entdecken, dass es eine Widerstandsorganisation gab. Deshalb ging er zurück in die Vergangenheit, um diese Organisation zu übernehmen. Dabei wurde er getötet.«
    »Sei vorsichtig mit deinen Worten«, warnte Mingus.
    »Es gibt keinen Grund, warum ich vorsichtig sein sollte«, entgegnete Egon. »Wir alle wissen, dass die Zeitreise notwendigerweise zu einer Verdoppelung der beteiligten Person führt. Wir kennen ein einziges Gesetz, das mit Sicherheit die Zeitreise und all ihre Konsequenzen beherrscht: Nichts passiert ein einziges Mal. Du, mein lieber Mordecai,
hast die Ehre gehabt, der erste Imperator gewesen zu sein. Aber dabei kann es nicht bleiben. Denn da wir es mit Zeitreisen zu tun haben, muss es bald einen zweiten Imperator der Imperator-Zeitlinie geben.«
    »Und du glaubst, der erste Imperator stirbt?«, fragte Mingus nervös.
    »Oder setzt sich irgendwo zur Ruhe«, sagte Egon. »Gib mir jetzt die Laserpistole.«
    »Du willst wohl jetzt der Imperator sein?«
    »Warum nicht? Ich bin ein Gleister und damit legitimer Erbe der herrschenden Linie. Gib mir die Waffe und ich lasse dich in Frieden ziehen.«
    Hieronymus drängte Mordecai-Mingus: »Tu es! Gib ihm die Waffe. Er hat Recht – Zeitreisen führen oft zu unerwarteten Entwicklungen. Es muss einen zweiten Imperator geben.«
    »Na gut«, erklärte Modecai-Mingus. »Ich werde dir die Pistole geben. Und da du ja bereits der zukünftige Imperator bist, wird es dir nichts ausmachen, welches Ende davon du zuerst bekommst.«
    Er richtete die Pistole auf Egon und drückte ab. Doch dann verzog sich sein Gesicht erstaunt und erschreckt zugleich. Er erstarrte in der Bewegung und stürzte schwer zu Boden. Die Pistole entglitt seiner Hand und fiel polternd auf das Podium, wo sie vor Hieronymus’ Füßen liegen blieb.
    Hieronymus hob sie auf. Er beugte sich über Mordecai und untersuchte ihn kurz, dann sah er Egon an. »Er ist tot.«
    Egon zuckte mit den Schultern. »Sieht aus, als hätten wir einen neuen Imperator.«
    »Den haben wir in der Tat«, meinte Hieronymus und händigte Egon die Waffe aus, aber mit dem Griff zuerst.

Zweite Imperatorlinie Gleister:
    »Das ist sehr nett von dir, Cousin«, sagte Egon, als er die Waffe ergriff. »Du hast also keine Führungsambitionen?«
    »Nein, ich habe zwar Ambitionen, aber andere. Ich habe eine schlimme Vorahnung, Egon.«
    »Ich bin jetzt nicht mehr Egon«, verkündete der Vorsitzende. »Um die Symmetrie zu wahren, muss ich mich nun Mingus nennen … Wie war das mit der
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