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Der widerspenstige Planet

Der widerspenstige Planet

Titel: Der widerspenstige Planet
Autoren: Robert Sheckley
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werden Tausende, Tausende werden zu Millionen, aus denen Billionen, Trillionen, Quadrillionen werden. Verstehst du jetzt endlich?«
    »Ich habe kapiert«, antwortete Gleister. »Und wo bleiben diese Gleister-Heere?«

    »Sie kommen über kurz oder lang alle hierher«, erklärte Mingus. »Es gibt wirklich keinen anderen Ort, an dem sie bleiben könnten.«
    »Und wo bringst du sie unter?«
    »Bisher habe ich etwa zwölf Millionen über das ganze Reich verteilt ansiedeln können. Aber das Imperium schafft es bald nicht mehr, sie zu versorgen. Unsere Ressourcen sind erschöpft. Und der Zustrom nimmt von Tag zu Tag zu.«
    »Gibt es denn gar keine Möglichkeit, dagegen anzugehen?«
    Mingus schüttelte den Kopf. »Selbst wenn die Armee sie sofort erschießen würde, sobald sie in Sicht kommen, könnten wir die Vermehrung nicht aufhalten. Bald wird es nichts anderes mehr geben als Gleister – die Erde wird in Gleistern ertrinken und ständig wird dieser riesige Gleister-Ozean neue Zuflüsse bekommen. Der Imperator ist wirklich der Sklave der Zeit.«
    »Was hast du getan, um aus diesem Alptraum herauszukommen?«
    »Alles, was du dir nur vorstellen kannst, doch ohne Erfolg. Wenn du eine Idee hast – ich bin für jeden Vorschlag dankbar.«
    »Mir fällt da nur eine Sache ein«, sagte Hieronymus stirnrunzelnd. »Wir müssen den Ur-Gleister töten, bevor er die Zeitmaschine erfinden kann.«
    »Das ist nicht möglich. Viele von uns haben es versucht, aber wir können nicht weit genug zurück in die Vergangenheit gehen. Wir können Gleister erst nach der Erfindung erreichen, davor gab es ja keine Zeitreise. Und jeder Gleister, der sich zu einem vergeblichen Attentatsversuch in die Vergangenheit begibt, trägt zur Vervielfachung der anderen bei.«
    »Das verstehe ich.«
    »Hast du sonst keine Einfälle?«
    »Nur einen, und der gefällt mir nicht besonders.«

    Mingus wartete. Endlich raffte Hieronymus sich auf: »Wie es aussieht, ist die Gleister-Reihe eine unendliche Folge. Deshalb muss eine Begrenzung eingeführt werden, um der Reihe einen Endpunkt zu geben.«
    »Was für eine Begrenzung?«
    »Der Tod ist die einzige natürliche Begrenzung jedes Gleisters«, erklärte Hieronymus. »Diese Begrenzung muss so früh wie möglich in die Gleister-Reihe eingefügt werden, so dass sie sich in der Folge simultan ausdehnt und ihr einen Faktor der Selbstbegrenzung mitgibt, der schließlich zur Selbstauflösung führt.«
    »Viele von uns sind schon gestorben«, wandte Mingus ein, »ohne damit die Vervielfachung gebremst zu haben.«
    »Das stimmt. Denn alle bisherigen Gleister-Tode waren nur die normalen Endpunkte individueller Zeitspuren. Was wir brauchen, ist ein früher Tod außerhalb der natürlichen Entwicklung – einen Selbst -Mord.«
    »Um damit einen beständig wiederkehrenden Todesfaktor einzuführen«, setzte Mingus fort. »Selbstmord … Ja, das wird mein letzter imperialer Akt sein.«
    »Nicht deiner, meiner«, korrigierte ihn Hieronymus.
    »Aber ich bin noch immer der Imperator«, sagte Mingus. »Ich trage schließlich die Verantwortung.«
    »Zunächst einmal bist du schon entschieden zu alt«, erklärte ihm Hieronymus. »Ein Gleister muss so früh wie möglich in seiner Zeitspur sterben.«
    »Dann sollten wir unter den jüngeren Gleistern losen.«
    Hieronymus schüttelte den Kopf. »So geht es auch nicht, da gibt es nämlich noch etwas. Ich fürchte, ich muss es selbst tun.«
    »Macht es dir etwas aus, mir das zu erklären?«
    »Es ist nur ein Gefühl. Aber ich bin überzeugt, dass ich der Ur-Gleister bin, das Original. Und nur mein Selbstmord kann beenden, was ich selbst begonnen habe.«

    »Ein Gefühl ist ein bisschen wenig, findest du nicht?«
    »Sicher, aber es ist besser als nichts. Oder hast du auch manchmal dieses Gefühl?«
    »Nein, das kann ich wirklich nicht behaupten«, erwiderte Mingus. »Aber ich glaube deshalb trotzdem nicht, dass ich nicht wirklich bin.«
    »Du bist ja auch wirklich«, versicherte Hieronymus. »Wir sind alle gleich real. Ich bin nur der Erste, das ist alles.«
    »Ja, dann … aber das ist jetzt auch nicht wichtig, scheint mir. Ich hoffe, dass du Recht hast.«
    »Danke«, sagte Hieronymus schlicht und justierte seine Zeitmaschine. »Hast du eigentlich noch diese Laserpistole?« Mingus überreichte ihm die Waffe. »Danke. Wir sehen uns noch.«
    »Das dürfte unwahrscheinlich sein.«
    »Wenn meine Vermutungen sich bestätigen«, sagte Hieronymus, »dann wirst du mich noch einmal sehen
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