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Themsen, V: Elfenzeit 17: Korsar der Sieben Stürme

Themsen, V: Elfenzeit 17: Korsar der Sieben Stürme

Titel: Themsen, V: Elfenzeit 17: Korsar der Sieben Stürme
Autoren: Jana Paradigi
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1 Alles ist im Fluss
    Alles ändert sich, und nichts wird jemals wieder sein wie zuvor
.
    Die Erkenntnis traf Rian nicht zum ersten Mal, doch noch immer erfüllte diese Aussage die Prinzessin der Sidhe Crain mit einer Mischung aus Horror und Faszination. Unvorstellbar lange Zeit war die Anderswelt stabil gewesen, unverrückbar und fest in den Formen, in denen sie entstanden war. Doch nun veränderte sie sich mit einer Geschwindigkeit, die Rian schwindeln ließ. Und sie wusste, dass es Spuren hinterlassen würde, selbst wenn es ihr gelingen sollte, ihre Welt zu heilen. Spuren in der Welt und Spuren in deren Bewohnern. Spuren in ihr.
    Sie hob den Kopf, strich über ihr kurzes blondes Struwwelhaar und sah am Stamm des mächtigen Baumschlosses entlang aufwärts, bis sich ihr Blick zwischen Ästen und Zweigen verlor. Äste und Zweige, die von grünem Laub hätten bedeckt sein müssen. Doch seit Talamhs Entführung durch die Diener der Dunklen Frau Bandorchu war auch das kurze Atemholen vorbei, das ihnen während der Anwesenheit des Säuglings vergönnt gewesen war. Für eine kurze Zeit hatte Davids und Nadjas Sohn das Sterben vergessen lassen, das mit dem Einbruch der Zeit in die Anderswelt begonnen hatte. Inzwischen aber karrten Elfenwesen, die mit jedem Tag ein wenig grauer und gebeugter wirkten, wieder Laub in Schubkarren aus dem Schloss.
    Veränderungen bewirken weitere Veränderungen und können nur mit Veränderungen bekämpft werden. Nichts wird jemals wieder sein, was es war, sosehr die anderen sich das auch wünschen mögen
.
    Sie löste den Blick wieder von ihrem Heim, in dem ihr Vater, der Riese Fanmór, in diesem Moment vielleicht über die Unbotmäßigkeit seiner Kinder und die Hoffnungslosigkeit der Zukunft nachgrübelte. Ihre gänzlich violetten Augen wirkten matt und müde, als sie sich umdrehte und stattdessen den Weg entlangsah. Er führte zwischen die sanften, ehemals mit bunt getupftem Grün bedeckten Hügel hindurch, deren Braun nicht weniger hoffnungslos machte als das fallende Laub.
    Etwas zupfte am Kunstpelzbesatz ihres in der Menschenwelt erstandenen gefütterten weißen Wollmantels, und sie sah hinunter zu dem ihr gerade bis übers Knie reichenden Grogoch. Der Kobold trug nichts als sein langes braunes Körperhaar am Leib und erwiderte ihren Blick aus dunklen Augen.
    »Und was jetzt?«, fragte er. »Wohin gehen wir?«
    »Ja, wohin geht die Reise dieses Mal? Muss ’ne kalte Gegend sein, so, wie du angezogen bist …«, piepste es von der anderen Seite. Der nur halb so große igelige Pirx trippelte ungeduldig von einem Fuß auf den anderen und knetete seine rote Kappe zwischen seinen Händen.
    Rian lächelte schwach.
    »Ich weiß es noch nicht genau«, sagte sie. »Ich weiß nur, dass wir die Suche fortsetzen müssen, damit nicht alles verloren ist. Nur wenn wir den Quell der Unsterblichkeit finden, können wir vielleicht sowohl unser Volk retten als auch Talamh von Bandorchu freikaufen.«
    »Und Nadja und David vermutlich dazu«, murmelte der Grogoch.
    Die Prinzessin verzog das Gesicht. Es gefiel ihr ebenfalls nicht, dass ihr Zwillingsbruder und ihre Freundin zur Herrscherin des Schattenlandes gehen wollten, um mit ihr zu verhandeln. Aber ebenso, wie sie einen eigenen Willen für sich beanspruchte, musste sie ihrem Bruder den seinen lassen. Und falls dieser sie beide nun auseinander führte, war das nur die logische Fortsetzung dessen, was bereits begonnen hatte, kurz nachdem sie aus dem langen Schlaf erwacht waren.
    Alles ist im Fluss. Alles verändert sich. Auch wir. Jeder muss neu lernen, wer er ist. Und wir müssen lernen, uns in der neuen Welt zurechtzufinden und unsere eigenen Wege zu gehen
.
    »Ich hatte vor, die großen Wissenssammlungen der Menschen aufzusuchen, um neue Ideen zu gewinnen, wo wir mit der Suche weitermachen können«, erklärte Rian ihr kleines bisschen Plan. »Dort haben wir gerade Winter, es müsste Dezember sein.« Sie setzte eine pelzbesetzte Mütze auf, holte dann ihre ebenfalls pelzgefütterten Handschuhe aus weichem weißem Leder aus dem Reisesack und zog sie an. »Das Britische Museum in London ist bestimmt ein guter Startpunkt, weil dort Wissen aus vielen Regionen und Zeiten lagert. Mit ein wenig Verhandlungsgeschick kommen wir sicher auch an die endlosen Archive heran, die sie dort haben, und müssen uns nicht auf die wenigen Ausstellungsstücke beschränken. Grog?«
    Der Grogoch hatte sich geräuspert, und Rian wandte sich ihm zu. Ohne die Prinzessin anzusehen,
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