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Die Terranauten TB 06 - Monument der Titanen

Die Terranauten TB 06 - Monument der Titanen

Titel: Die Terranauten TB 06 - Monument der Titanen
Autoren: Andreas Weiler
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Prolog
    Schnee war gefallen in der Nacht, und der östlich des Dorfes aufragende Rücken der Stummen Grate hatte sich mit einer perlweißen Decke überzogen. Das Licht der Tri-Sonne funkelte und glitzerte in den Kristallen. Die Sammler hatten bereits kurz vor Morgendämmerung ihre Bioheime verlassen; sie waren nun dunkle Punkte, die oben an den Graten tanzten. Schatten vor dem Weiß des Schnees. Sie suchten nach Melodiensporen, und wenn sie heute genügend fanden, dann mochten bis zum Abend einige Flüsterschreine in der Nähe der bioelektrischen Produktivzisternen entstehen.
    »Kommt, Kinder!« rief Mirhna, die Geschichtenerzählerin. Sie schritt rasch aus. Lachende Stimmen folgten ihr. Einige kleine Extrasolare sprangen in den Eislachen umher, die sich auch hier im Tal gebildet hatten. Andere winkten den Sammlern oben an den Felsen zu und riefen: »Wir wünschen euch Glück, Sammler. Findet viele Melodiensporen. Dann können wir heute abend ein Fest feiern, ja, ein Fest mit der Musik, des Windes und den zarten Klängen der in den Sporen gefangenen Kühle …«
    Vor ihnen ragte der Doppelpilz des Umarmungsinstituts auf. Er bestand aus weichem Protop und war gehalten in sanften Pastelltönen; der Eingang stand offen, und die Leiterin des Instituts wartete bereits auf sie. Es war eine Mushni, die Angehörige einer posttechnischen Zivilisation.
    Irgend etwas tief im Inneren der Umarmerin regte sich. Sie hatte den Eindruck, nach Hause zurückzukehren und zögerte kurz, bevor sie das Gebäude betrat. Über dem Eingang war das Markenzeichen der Umarmungs-Gesellschaft zu erkennen: zwei Hände, die sich an den Fingerspitzen berührten, die Hand eines Menschen und die eines Extrasolaren. Und darunter stand in einer Bildsymbol-Schrift, die jedes intelligente Geschöpf verstehen konnte:
     
    Liebe ist unteilbar. Liebe ist ein kostbarer Schatz, und wir sind seine Hüter. Liebe ist ein Schild, das alles Üble abwehrt. Liebe verbindet, wo Worte nicht mehr ausreichen.
     
    »Ich grüße euch«, sagte die Mushni. »Es freut mich, euch mit dem vertraut machen zu können, was hier geschieht.«
    Mirhna erwiderte den Gruß mit ausgestreckter Hand und drehte sich dann halb um. Die Schar Kinder – es war ein gutes Dutzend – sah zu dem Symbol der Umarmungs-Gesellschaft auf.
    »Kommt nun«, sagte Mirhna.
    Die Eingangshalle war eine behagliche Höhle, durchtränkt von Wärme und den wispernden Stimmen von Yggdrasilknospen an den Wänden. Aus dem Boden wachsende Blütenkelche bildeten bizarre Muster, und in ihren Knollen schliefen einige Umarmungskinder.
    Die Mushni führte Mirhna und ihre Mündel durch die Räumlichkeiten.
    »Die Umarmungs-Gesellschaft«, erklärte die Institutsleiterin dabei, »ist ein Symbol der Hoffnung nach all dem, was geschah. Wir alle sind Kinder einer Welt, und unsere Eltern sind die Uralten des Prä-Universums, jenes Kosmos, der einst an einer Entropiekatastrophe zerbrach. Wir sind die Erben der Uralten. Und das verbindet alle Völker dieses Universums. Was sind schon körperliche Unterschiede? Was bedeuten schon evolutionäre Andersartigkeiten?«
    Die Mushni lächelte.
    »Die Umarmungs-Gesellschaft hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein verbindendes Glied zu sein zwischen den Völkern der Zweiten Welt. Unsere Saat ist die der Liebe. Eure Geschichtenerzählerin, die Umarmerin Mirhna, ist hier geboren worden. Ihre Eltern waren ein Extrasolarer und eine menschliche Frau. Sie liebten sich, denn Liebe ist ein Geschenk des Geistes. Und wir überbrückten die Kluft, die von ihrem Fleisch gebildet wurde.«
    Andere Institutsangehörige schritten vorbei. Die Mushni führte sie durch Hallen und kleine Kammern, durch gewölbte Gänge mit Mosaikmustern und winzige Kavernen. Hier und da wurden Worte gemurmelt, manche von menschlichen Lippen, andere von Extrasolaren. Schließlich gelangten sie in einen Raum, in dem eine Sitz- und Entspannungslandschaft aus Protop und lebendem Zellgewebe aufgebaut worden war. Ein Schwarm Kleindrachen von Adzharis flog den Kindern entgegen; Piepen und Krächzen ertönte, Lachen.
    Sie nahmen Platz, und bald hatte jedes Kind einen Drachen gefunden.
    »Unsere Aufgabe hier ist es, die Genmuster eines potentiellen Elternpaars so anzupassen, daß die Zeugung von gemeinsamer Leibesfrucht ermöglicht wird.« Die Mushni deutete auf die Bilder an den Wänden, die die Geschichte der Umarmungs-Gesellschaft schilderten. »Die körperliche Erscheinungsform eines intelligenten Geistes bedeutet nichts, der
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