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Taeter wie wir

Taeter wie wir

Titel: Taeter wie wir
Autoren: Kim Fupz Aakeson
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Man kann mit Jorgen anfangen. Denn früher oder später arbeitet man bei Jorgen. So war es zumindest in den alten Zeiten oder wie man es nennen soll. Damals, als alles noch so aussah, wie es aussehen soll. Jorgen war der Chef des großen Supermarkts Rema 100 und wir waren alle mal Pfandflaschenjungs bei ihm. Man kriegte 63 Kronen die Stunde bis 18 Uhr und einen Zehner extra danach. Am Wochenende gab’s noch einen Zehner dazu, und das Gleiche bei Frühschichten. Wenn man zum Ladenschluss noch da war, konnte man Brot mit nach Hause nehmen, Kopenhagener und Gebäck, alles, was nicht verkauft worden war. Wir haben im Laufe der Zeit so einiges an Kuchen gegessen.
    Jorgen war mit seinem Supermarkt verheiratet, er machte bestimmt nie Urlaub und er war nie krank. Rema-Jorgen, so nannten wir ihn. Oder Jorgen 1000. Und als die Gerüchte aufkamen, da nannten ihn einige auch Jorgen Tausendpimmel.
    Wenn er herumlief, rasselte er immer mit seinen Schlüsseln, und wir haben nie herausgefunden, ob er nun hinter uns Jungen her war oder nicht. Vielleicht ein bisschen. Vielleicht war er auch nurfreundlich. Also, er schnauzte uns oft an, aber er klopfte uns auch gern auf die Schulter und boxte uns auf die Oberarme. Und er hatte eine Frisur, die ein bisschen weibisch war, so ein bisschen zu lang und gelockt. Und er fuhr einen Suzuki Alto, schon ein ziemlich kleines Auto für einen Mann, der einen großen Supermarkt leitet.
    Wenn er zum Beispiel zu einem kam und sagte: »Diese Palette muss abgeräumt werden«, bekam man ein Schulterklopfen oder wurde geboxt oder er fuhr einem über den Nacken. Aber wir dachten uns nichts dabei, bis einer sagte, dass die Leute glaubten, Jorgen hätte etwas mit kleinen Jungs. Danach dachte man natürlich darüber nach. Wozu dieses ganze Angefasse gut sein sollte. Er war auch nicht verheiratet.
    Aber wir haben es nie herausgekriegt. Er machte nie etwas anderes als anfassen und man kann seinem Chef ja nicht sagen, er soll seine Pfoten wegnehmen, das ist klar. Übrigens war er verdammt gut mit dem Pfandflaschenautomaten, den kriegte er immer wieder hin, jedes Mal, wenn der muckte, kam Jorgen, öffnete ihn und wühlte darin herum, und dann brachte er ihn wieder zum Laufen.
    Und als es einen Überfall gab, da war er richtig cool. Es gab nur ein Mal einen Überfall bei Rema 1000 , mit zwei Räubern, Henk hat es gesehen, denn er war gerade dabei, Einkaufswagen vom Parkplatzhereinzuholen. Jorgen selbst stand an der Kasse, die sie ausraubten, denn jemand war krank geworden.
    »Money«, sagte der eine Räuber und warf Jorgen eine Plastiktüte zu, sie hatten Halstücher vor dem Mund. Die Tüte fiel zu weit, auf den Boden hinter der Kasse. Jorgen bückte sich nach ihr, er nahm sich dafür unglaublich viel Zeit, bewegte sich so langsam wie möglich.
    »Hurry!«, sagte der Dieb und zeigte auf die Kasse. Der andere Dieb machte nichts, er stand nur da und glotzte. Und da kam die Ravnsborg vom Sportverein an die Kasse und sie begriff gar nicht, was da los war, fing einfach an, ihre Sachen auf das Band zu legen.
    »Wir werden gerade überfallen«, sagte Jorgen ihr.
    »Ach«, sagte die Ravnsborg und hörte auf, ihr Zeug hinzulegen. Sie stand einfach mit ihrem Korb in der Hand da. Henk stand mit den Einkaufswagen auch einfach nur da. Und der andere Räuber stand da. Und Jorgen Tausendpimmel legte die Scheine in die Tüte, ganz, ganz langsam, so langsam, dass es dem Dieb zum Schluss reichte und er über das Band griff und sich die letzten Scheine selbst nahm.
    »Ich rufe eben die Polizei an und dann kassiere ich bei Ihnen ab«, erklärte Jorgen der Ravnsborg, nachdem die Räuber abgehauen waren.
    »In Ordnung«, sagte die Ravnsborg.
    Die Diebe kamen nicht sehr weit, denn sie fuhren einen lächerlichen Lieferwagen, der gleich hinterm Bauhaus zusammenbrach.
    Später fragte die Polizei, ob Henk mit einem Psychologen reden wollte.
    »Worüber denn?«, fragte Henk. Das war der Überfall.
    Wenn jemand achtzehn wurde, flog er raus, dann wurde er zu teuer im Stundenlohn. Das hatten wir oft miterlebt. Aber wenn Jorgen die Leute entließ, dann gab er ihnen nur die Hand und bedankte sich für die Arbeit, sie wurden nicht umarmt oder so.
    Und am letzten Samstag im Mai war jedes Jahr das Stadtfest. Dann schleppten alle Geschäfte ihren Mist auf die Straße und boten das an, was sie nicht losgeworden waren. Das nannten sie Flohmarkt. Das Gleiche fand unten im Einkaufszentrum statt, Flohmarkt, überall Flohmarkt. Die Pizzabude im Zentrum
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