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Die geheimnisvollen Zimmer

Titel: Die geheimnisvollen Zimmer
Autoren: Sven Elvestad
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I
Die Erzählung des Arztes.
    An einem Winterabend vor etwa drei Jahren saß Asbjörn Krag in seinem Arbeitszimmer am Kamin und blätterte in einem dicken Dokumentenstoß, den er soeben von einem seiner Klienten erhalten hatte. Die Lampe warf ein scharfes Licht auf die Akten. Es waren die verschiedensten Papiere, ein paar vergilbte Briefe, etliche Rechnungen, viele Telegramme. Plötzlich horchte der Detektiv auf: die Korridorglocke hatte geläutet.
    Krag legte die Akten beiseite.
    Er vernahm von draußen eine Männerstimme. Sicher ein Klient.
    Rasch stand er auf. Dann drehte er an einem Knopf, und unmittelbar darauf leuchtete die Deckenbeleuchtung auf. – Ein Lichtstrahl ergoß sich besonders hell zur Tür hin.
    In demselben Augenblick klopfte es, auf sein »Herein« wurde die Tür von außen geöffnet, und ein Herr trat ein.
    Es war ein Mann mittleren Alters, ein wenig korpulent, mit kupferrotem Gesicht und einer goldenen Brille. Geblendet von dem grellen Licht, blieb er unschlüssig auf der Schwelle stehen.
    Asbjörn Krag stand außerhalb des Lichtkreises, so daß der Fremde ihn zunächst nicht sah.
    Nun trat er lächelnd hervor, faßte die Hand des Eintretenden und drückte sie warm.
    »Schließe die Tür, alter Freund, du bringst ja den ganzen Winter mit dir herein.«
    Rasch schloß der andere die Tür.
    »Ich sah dich nicht gleich, lieber Krag«, sagte er. »Du benutzt aber auch einen verfluchten Scheinwerfer.«
    Krag lachte wieder.
    »Ich pflege die Gesichter meiner Klienten gern – selbst ungesehen – zu studieren, wenn sie sich das erste Mal an mich wenden«, sagte er. »Seitdem ich eines Winterabends vor fünf Jahren von einem Manne mit falschem Bart überrascht wurde, ohne es sofort zu bemerken, habe ich für eine Vorrichtung Sorge getragen, die mir meine Gäste stets zunächst in vollem Licht vorführt. Aber nun nimm Platz, damit wir gemütlich miteinander plaudern können. Es ist nett von dir, daß du mich mal in meiner Einsamkeit aufsuchst. Wir haben uns lange nicht gesehen.«
    Damit drückte er den Fremden in einen Sessel und setzte sich ihm gegenüber. Das Aktenbündel, mit dem er sich soeben beschäftigt hatte, warf er gleichgültig auf einen Nebentisch.
    »Langweiliger Kram«, murmelte er, »abscheulich sind diese ewigen Geschäftsschwindeleien, mit denen ich mich in dieser öden Zeit leider immer wieder befassen muß. Nun lassen wir sie mal eine Weile ruhen. Darf ich dir eine Zigarre anbieten? Die beste Havanna, die hier in der Stadt aufzutreiben ist.«
    Der Gast zündete sich eine Zigarre an.
    »Du erkanntest mich also sofort?« fragte er. »Das hatte ich gar nicht erwartet.«
    »Ich sollte meinen alten Studienkamerad Karl Rasch nicht erkennen?« meinte Krag. »Wir haben uns allerdings etliche Jahre nicht gesehen, aber wie du weißt, sind meine Polizistenaugen immer in Übung. Und du bist Arzt geworden?«
    »Ja. Ich habe mich als Arzt in Smaalenene niedergelassen.«
    Doktor Rasch warf einen Blick auf das Aktenbündel und fragte unsicher, aber interessiert:
    »Nimmt dich diese Sache hier sehr in Anspruch? Störe ich dich auch nicht?«
    »Eine langweilige Geschichte. Kümmere dich nicht darum. Ich habe reichlich Zeit für dich.«
    »Kannst du sie vielleicht ein paar Tage liegen lassen?«
    Asbjörn Krag wurde aufmerksam. Er stand auf.
    »Du brauchst also meine Hilfe?«
    »Ja«, antwortete der Arzt. »Aufrichtig gestanden komme ich, um deine Hilfe zu erbitten. Es gilt weniger mich selbst als einen meiner Patienten, einen alten Herrn, der im Begriff steht, sich zu verheiraten.«
    »Eine traurige Krankheit«, murmelte Krag in spöttischem Ton.
    »Die Sache ist ernst«, wandte der Arzt ein. »Sie hat mir bereits viele schlaflose Nächte bereitet, aber so sehr ich mir auch den Kopf darüber zerbrach, gelang es mir nicht, eine Lösung dafür zu finden.«
    »Was sagt die Polizei dazu?«
    »Die Polizei darf nicht hineingemischt werden.«
    »Aha!«
    Krags Interesse war erwacht.
    »Selbstverständlich übernehme ich die Sache mit Vergnügen«, sagte er. »Aber nun erzähle mir rasch alles, was du weißt, von Anfang bis zu Ende. Ich liebe keine Andeutungen.«
    Der Arzt sah auf seine Uhr.
    »Du mußt mit mir kommen«, sagte er. »In einer Stunde zwanzig Minuten geht der südwärts fahrende Zug ab. Wir haben also noch Zeit, um uns auszusprechen.«
    Der Detektiv fragte:
    »Für wie lange soll ich mich vorbereiten?«
    »Das weiß ich noch nicht genau, für drei, vier Tage, denke ich.«
    Asbjörn Krag schellte
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