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Der verlorene Troll

Der verlorene Troll

Titel: Der verlorene Troll
Autoren: Charles Coleman Finlay
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dem Unkraut wuchsen sogar ein paar Büsche, darunter ein früh blühender Knisterbeerenstrauch, voll mit winzigen Früchten.
    Yvons Magen knurrte laut nach der langen Belagerung. Immer noch war unter den Schatten jenseits des Wassergrabens keine Bewegung zu erkennen. Um zu prüfen, ob seine Ausrüstung vollständig war, tastete er rasch nach dem Messer in seinem Stiefel, dem Dolch an seinem Gürtel und dem kurzen Schwert unter seinem Mantel. Dann strichen seine Finger über seinen Nacken, wo vor kurzem noch sein Zopf gebaumelt hatte. Ohne ihn hatte er keinen Beweis dafür, dass er ein Ritter war, und damit nicht länger das Recht, Stahlklingen bei sich zu tragen.
    Ein gedämpftes Stöhnen erklang über ihm. Große Füße strampelten in dem engen, eckigen Loch. Xaragitte hatte als Einzige während der Belagerung volle Rationen erhalten; nun war sie steckengeblieben.
    Mit jedem Herzschlag alterte Yvon um ein weiteres Jahr. Wenn es so weiterging, würde er zusammenschrumpeln wie ein alter Mann, sterben und die Maden nähren, würden seine Knochen in alle Winde zerstreut werden, ehe die Amme den Boden erreichte. Zittrig vor Hunger pflückte er eine Handvoll der grünen Knisterbeeren und schob sie sich in den Mund. Sie waren so unreif, dass ihm der bittere Geschmack durch und durch ging. Sein Magen krampfte sich zusammen, halb zufriedengestellt, halb protestierend. Er sammelte eine weitere Handvoll und schluckte sie ohne zu kauen hinunter.
    Xaragittes Füße verschwanden und tauchten eine Sekunde später wieder im Loch auf. Ihre bleichen, hübschen Beine zappelten und strampelten, bis ihr rundes Hinterteil durch das Loch glitt und sie wie ein Stein nach unten fiel. Yvon wappnete sich, sie aufzufangen, doch kurz über dem Boden wurde ihr Fall mit einem Ruck gebremst. Sie versuchte, ihren Rock über die Knie zu ziehen, und geriet ins Trudeln.
    »Vorsicht, berührt nicht den Fels, er ist ganz schmutzig«, flüsterte er.
    Trotz seiner Warnung streifte sie das Gestein. Das Seil setzte sich in Bewegung, und wieder sackte sie unvermittelt nach unten. Yvon schlang die Arme um ihren Leib und fing sie auf. Ihr weiches Fleisch presste sich gegen ihn und hinterließ einen brennenden Schmerz, wie eine unerwartete Wunde.
    Hastig setzte er sie ab und tastete nach dem Knoten an ihrer Taille. »Gebt acht, wo Ihr hintretet, Mylady.«
    »Tut doch nicht so, als wäre ich von edler Herkunft, zu fein, um mir die Hände schmutzig zu machen.« Sie wischte die Handflächen an ihrem Rock ab. »Ich habe schon Schlimmeres von Kinderpopos gewischt.«
    Wo… ? »Wo ist der Junge?«
    Sie schaute nach oben. »Wir haben nicht zusammen durch das Loch gepasst.«
    Noch eine Verzögerung! Stimmen drangen vom anderen Ende des Schlosses herüber, vermischt mit dem Knistern des Feuers. Sobald der Knoten gelöst war, riss er am Seil. Wie ein Dämon, der unter Wasser dahinglitt, verschwand es durch das Loch.
    Xaragitte starrte nach oben, und Yvon beobachtete sie. Sie hatte die seltenen roten Haare der Göttin Bwnte. Ihr Liebhaber war ein gewöhnlicher Soldat gewesen, Kady, und noch vor der Belagerung im Kampf gegen die Männer des Barons gestorben, kurz nachdem ihre kleine Tochter der Hustenkrankheit erlegen war. Yvon konnte sein Interesse an ihr nicht offen kundtun, wenn er die Formen des Anstands wahren wollte. Aber wenn er nur etwas Zeit mit ihr verbrachte, würde er ihr seine Gefühle offenbaren können. Sicher, er war zwei Jahrzehnte älter als sie, aber Lord Gruethrist war um genausoviel älter als die neue Herrin, und sie verstanden sich bestens. Das würde Yvon ihr sagen. Es könnte funktionieren. Hoffentlich! Für diese Möglichkeit riskierte er nicht nur sein Leben, sondern alles, was er in seinem Leben je erreicht hatte.
    Über ihnen erschien das Seil, diesmal an einen Korb geknotet.
    Eine Glocke läutete.
    Xaragitte grub ihre Finger in das harte Fleisch von Yvons Arm. »Sie haben uns entdeckt!«
    »Nein«, sagte er, froh, dass sie nicht gemerkt hatte, wie er zusammengezuckt war. »Das ist nur wegen des Feuers. Das ist gut - sollten einige der Soldaten des Barons die riesige Flammensäule aus Blindheit nicht bemerkt haben, werden sie die Glocke hören und nachschauen.«
    Und falls sie aus irgendeinem Grund blind und taub sein sollten, würde er sie eben umbringen müssen, obwohl er sich nach der langen Hungerzeit ganz schwach fühlte.
    Er streckte die Hände weit über den Kopf, um den Korb mit dem Kind aufzufangen.
    »Seid vorsichtig«, warnte
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