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Der verlorene Troll

Der verlorene Troll

Titel: Der verlorene Troll
Autoren: Charles Coleman Finlay
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sei taub. Nicht, dass er sich dazu groß verstellen musste. »Ich habe Euch nicht gehört.«
    »Warum seid Ihr nicht stehengeblieben?«
    Die glaubwürdigste Lüge begann immer mit einer offensichtlichen Wahrheit. »Weil wir das Dorf verlassen«, entgegnete Yvon.
    »Dann seid Ihr dem Baron nicht treu ergeben?« Das war eine schwere Anschuldigung, die jedoch nicht sehr überzeugend vorgebracht wurde. Der Welpe löste sein Schwert in der Scheide.
    »Natürlich bin ich dem Baron treu ergeben.« Yvon deutete mit dem Kopf auf die brennende Burg. »Aber diese Funken werden bald auf die Dächer fallen, und dann brennt das ganze Dorf. Und wir haben gewiss nicht vor, in diesem Feuer zu schmoren!«
    Er hatte die Hand schon am Dolch und war bereit, den Ritter zu packen und zu erstechen, da brach das Dach der Burg zusammen. Ein lautes Krachen ertönte, gefolgt von einer riesigen Fontäne aus Funken und Asche. Sie schraken zusammen, und Yvon verpasste die Gelegenheit.
    Der Ritter zeigte auf ein Lagerfeuer weiter weg. »Ha! Ihr könntet recht haben. Kommt mit zum Feuer, damit ich Euch besser sehen kann.«
    »Aber gerne«, sagte Yvon, obwohl es das letzte war, was er wollte. Wenn seine nassen Hosen bemerkt wurden, flog der ganze Schwindel auf. Aber der vermaledeite Welpe achtete die ganze Zeit über auf seine Deckung und wandte ihnen keine Sekunde lang den Rücken zu. Zum Glück war niemand sonst am Lagerfeuer.
    Im flackernden Schein der Flammen spähte der junge Ritter in Yvons Gesicht. »Ich habe dich noch nie bei den Arbeitskolonnen gesehen. Wer bürgt für dich?«
    »Die Tempelpriesterin kennt mich, und zwar gut. Sie wird sich gerne für den alten Bors verbürgen«, sagte er, irgendeinen Namen wählend. Die Priesterin war die beste Empfehlung, die er geben konnte. Sie hatte Baron Culufres Männer willkommen geheißen und ihnen alle mögliche Unterstützung gewährt.
    Der Ritter zeigte auf Xaragitte. »Und wer ist sie?«
    »Meine Tochter. Wer sollte sie denn sonst sein?«
    »Mir missfällt dein Ton. Und deine Manieren dazu, Großväterchen.«
    »Mylord.« Das Wort brannte auf Yvons Zunge.
    »Schon besser. Ich möchte sie mir mal ansehen. Tut mir leid, Mylady, aber Ihr solltet besser nicht aus dem… He! Was ist das? Von einem Kind habt Ihr mir nichts gesagt!«
    »Wieso denn auch?«, brummte Yvon. »Da liegt es doch, direkt vor Euren Augen. Ein hübsches, kleines Mädchen, das später einmal den Namen seiner Mutter tragen wird.«
    Yvon schaute zu Xaragitte, die schützend die Arme um den Säugling schlang. Ihre Angst übertrug sich auf Claye. Er zappelte unruhig und kämpfte gegen das Schlafmittel an, um aufzuwachen.
    Der junge Ritter wich einen Schritt zurück, die Hände auf die Hüften gestützt. »Wir haben Befehle, was Kinder angeht. Tut mir leid, Mylady, aber Ihr werdet mit mir zum Hauptmann kommen müssen.«
    Also hatte man den Befehl ausgegeben, nach Lady Gruethrists Erben Ausschau zu halten. Clayes Tod würde viele Probleme lösen, auch wenn er nur ein Junge war.
    Yvon ließ den Sack von seiner Schulter rutschen, packte Xaragitte am Arm und zerrte sie ins Licht. »Dazu gibt es keinen Grund! Schaut her. Selbst Ihr werdet ja wohl einen Jungen von einem Mädchen unterscheiden können!«
    Mit der linken Hand zerrte er an Clayes Decke, in der Rechten verbarg er seinen Dolch. Xaragitte riss sich von ihm los, und Claye begann zu weinen.
    »He, tut ihr nicht weh!«, bellte der Welpe und trat zwischen sie.
    Yvon schoss herum, packte den junge Ritter an der Kehle und stach zu. Dieser bekam jedoch Yvons Handgelenk noch im Stoß zu fassen, wehrte die Klinge ab und zerrte an Yvons Würgegriff um seinen Hals.
    Das Kind fing laut an zu brüllen.
    Die beiden Männer schwankten eine Sekunde lang hin und her, ohne dass einer die Oberhand gewann. Yvon spuckte dem Ritter ins Auge, doch der Welpe brachte ihn mit einem Stoß aus dem Gleichgewicht. Im Fallen drehte Yvon den Dolch und trieb den eisernen Heftknauf in das Gesicht des jungen Mannes. Der stumpfe Knauf krachte gegen den harten Knochen neben dem Auge. Yvon musste seinen Klammergriff lösen, schaffte es aber dafür, den Dolchgriff ein weiteres Mal in das Gesicht des Ritters zu hämmern.
    »Aua! Hör auf damit, du Frechdachs.«
    Yvon schaute zu der zitternden Stimme hinüber. Xaragitte hatte die Bluse aufgeknöpft und stillte den Jungen, der sich beim Saugen mit seiner kleinen Faust in das weiche Fleisch ihrer Brust krallte. Der junge Ritter krümmte sich am Boden und griff sich an sein
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