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Der verlorene Troll

Der verlorene Troll

Titel: Der verlorene Troll
Autoren: Charles Coleman Finlay
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Zweigen der Bäume zeigten sich erste glutrote Knospen. Yvon war dabei gewesen, als Lord Gruethrist die Gegend das erste Mal erkundet hatte. Schon damals hatte Gruethrist das Land mit einer Frau verglichen, die auf dem Rücken lag. Die gedrungenen Hügel auf beiden Seiten der Flußebene waren die Beine. Jenseits der Stelle, wo diese beiden Hügelzüge aufeinandertrafen, wölbte sich das Land wie die weiche Rundung eines weiblichen Bauches. Dahinter lagen die Berge. Gruethrist hatte die Burg für seine Herrin genau zwischen den Beinen der Frau errichtet. Er war einfach ein vulgärer Mann.
    Yvon blieb stehen und lehnte sich einen Moment lang an einen Baum. Er hatte gedacht, weiterlaufen zu können, solange es bergab ging, weil er sich dabei nur nach vorne lehnen musste, ohne hinzufallen. Aber der Marsch über die Flussebene ließ ihn verzagen.
    Bald verließen sie den Wald und erreichten eine weite Fläche grünen Weidelands, dem die ersten winzigen Frühlingsblumen einen roten Schimmer verliehen. Grauer Rauch zog von einem Haus in der Ferne auf.
    Xaragitte überholte ihn, während Claye sich in seinem Tragetuch wand. Beim Anblick des Rauchs blieb sie stehen. »Wird man uns nicht sehen?«
    »Doch«, gab Yvon zu. »Aber ich glaube nicht, dass sie uns verfolgen. Es ist Pflugzeit. Die Bauern werden kaum geneigt sein, wegen einer Familie, die nach Norden wandert, ihre Felder zu verlassen. Sie wundern sich vielleicht, warum wir nicht haltmachen, aber sie werden uns sicher nicht folgen.«
    »Und wenn die Soldaten des Barons uns sehen?«
    Er überlegte. »Auch sie dürften uns keine Beachtung schenken. Wir sind nur eine harmlose Familie. Vergesst das nicht.«
    Sie drückte Claye an sich und schwieg.
    Yvon presste die Faust gegen seinen aufsässigen Magen und marschierte weiter. Sie kamen nun besser voran, da der Weg größtenteils frei und eben vor ihnen lag. Yvon hätte das Tal früher als nur wenig besiedelt beschrieben. Beim Durchqueren sah er nun mehr ummauerte Gehöfte, als er in Erinnerung hatte; das Land war einfach zu fruchtbar, um es nicht zu bewirtschaften, trotz der Dämonen. Einige Bauern winkten ihnen grüßend von ihren Gespannen mit den schäbigen Ochsen zu, und Yvon winkte jedes Mal zurück, ehe er rasch weiterging. Doch meistens gelang es ihm, dass sie unbemerkt blieben. Xaragitte sprach unentwegt mit dem Kind. Yvon genoss den Klang ihrer Stimme; sie half ihm, in Bewegung zu bleiben. Er fürchtete, nicht mehr weiter zu können, wenn sie je doch einmal anhalten sollten.
    Gerade als er gegen einen weiteren Anflug von Magenkrämpfen und Benommenheit ankämpfte, entdeckte er in der Ferne die Umrisse zweier Männer.
    Er schirmte die Augen gegen die Mittagssonne ab und beobachtete sie blinzelnd. Die Männer waren schlank, ihre Arme und Beine nackt, und sie hielten lange Stäbe in den Händen - Speere! Die Kundschafter des Barons waren so gekleidet. Und sie waren immer zu zweit unterwegs. Yvon sah sich hastig um und entdeckte jenseits der Wiesenaue ein kleines Wäldchen. »Da lang!«
    »Was ist?«, fragte Xaragitte.
    Er zeigte auf die Männer. »Die Kundschafter des Barons, möge der eifersüchtige Gott ihre Körper verfaulen lassen. Wir müssen schnell zu diesen Bäumen rennen und sie abschütteln. Schafft Ihr das?«
    Ihr Mund sagte: »Ja«, aber ihre Augen sagten nein.
    Er begriff, dass sie so müde war wie er und ebenso wunde Füße hatte, aber im Moment konnte er nichts dagegen tun. »Gut«, sagte er.
    Mit Hilfe des letzten Quentchens Kraft, das in seinem Körper verblieben war, trabte er in Richtung der Bäume. Sie bemühte sich zu folgen, blieb aber nach zehn Schritten stehen. Yvon drehte sich um und sah, dass sie Schwierigkeiten hatte, Claye zu tragen. »Würde es helfen, wenn ich das Kind nehme, Mylady?«
    Noch ehe er die Frage ausgesprochen hatte, schüttelte sie bereits den Kopf, als hätte sie diese Möglichkeit bereits erwogen und wieder verworfen, ehe er überhaupt gefragt hatte. »Ich muss ihn nur umsetzen.«
    Er wartete, bis sie sich das Tragetuch mit Claye auf den Rücken geschoben hatte, dann setzten sie ihre Flucht fort. Claye beschwerte sich mit lautem Gebrüll, worauf sie nur noch schneller rannte. Yvon schaute sich um. Die Männer des Barons hatten aufgeholt.
    Yvons Hand schloss sich um den Knauf seines Kurzschwerts. Das Kind begann zu weinen. Auch Xaragittes rumpelnder Singsang klang, als wäre sie den Tränen nahe.
    Sie erreichten das Wäldchen. Es war nur eine winzige Baumgruppe, wie Yvon zu
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