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Der verlorene Troll

Der verlorene Troll

Titel: Der verlorene Troll
Autoren: Charles Coleman Finlay
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zurück, und Bran sagte: »Mehr wissen wir auch nicht, Herrin. Bauer Rodrey hörte nur, sie sei krank. Eine Frauensache, sagte er. Warum wollt Ihr das wissen?«
    »So sind Frauen eben«, entgegnete Yvon mit einem falschen Lachen, ehe Xaragitte antworten und sie verraten konnte. »Sie wollen immer über die Angelegenheiten der anderen Bescheid wissen, sogar wenn sie sich nicht kennen.«
    Pwyl lächelte über diese Worte, aber Bran verzog keine Miene. Er war eindeutig viel zu schlau. Keinen Moment ließ er Yvons Schwert aus den Augen oder kam ihm nahe genug, dass der Ritter zuschlagen konnte.
    Yvon steckte sein Schwert in die Scheide. »Wißt ihr, wo wir ein Boot finden können?«
    Bran machte das Zeichen zur Fluchabwehr. »Hier gibt’s keine Boote. Der Fluss ist voller Dämonen.« Er trat einen Schritt zurück. »Komm, Pwyl, wir gehen besser, ehe Mutter herausfindet, dass wir ihre Schafe unbewacht zurückgelassen haben.«
    »Aber… «
    »Sofort!«
    »Ich komme ja.« Pwyl ging zu seinem Bruder und winkte Yvon zu. »Lebt wohl, welchen Weg Ihr auch nehmen mögt. Ich sage es dreimal. Lebt wohl.«
    Er sagte die Worte nur zweimal, wie es sich gehörte, um nicht das eifersüchtige Auge des dritten Gottes auf sie zu lenken. »Und dreimal wünsche ich euch Wohlergehen in eurem Haus«, erwiderte Yvon. Sein Rang gegenüber ihrem erforderte es nicht, die Worte zu wiederholen.
    Nachdem die Jungen davongerannt waren, sackte Yvon gegen einen Baum und rutschte langsam zu Boden, wie eine Strohpuppe ohne Halt. Wieder krampfte sich sein Magen zusammen. Selbst die Nachrichten reisten schneller als sie. Aber sie mussten ja auch keine unreifen Knisterbeeren essen oder in fauligen Abwässern versinken oder bekamen Knoten in ihre Eingeweide gehext. Sie verbrachten keine zwei Tage zusammengekauert im Wald, so von Krämpfen geschüttelt, dass sie sich nicht rühren konnten und sich das Gedärm aus dem Leib schissen.
    Außerdem verbreiteten sich schlechte Nachrichten immer in Windeseile, dachte er.
    Claye krabbelte blitzschnell zu Yvon, griff nach seinem Mantel und zog sich daran hoch. Er schaute in Yvons Gesicht.
    »Ma! Ma!«
    Yvon legte die Hand auf Claye, doch ehe er ihn kitzeln konnte, riss Xaragitte das Kind wieder an sich. Sie trat zurück, setzte sich den Jungen auf die Hüfte und rieb sich die Brust, als würde ihr Herz schmerzen. »Glaubt Ihr, die Herrin ist tatsächlich krank?«
    »Bestimmt geht es ihr gut.« Yvon konnte nur vermuten, dass Baron Culufre dieses Gerücht gesät hatte, um Lady Gruethrists Tod zu erklären, sollte die Kaiserin beschließen, sie umbringen zu lassen. Aber er wollte Xaragitte nicht beunruhigen. »Das Beste, was wir für sie tun können, ist, ihren Sohn sicher zu seiner Großmutter, Lady Ambit, zu bringen.«
    »Dann sind wir bald da?«
    Yvon nahm einen Ast und stemmte sich hoch. Er brauchte dringend ein drittes Bein, das sicherer stand als seine eigenen. »Wenn wir heute Abend noch einmal kräftig marschieren, müssten wir morgen ankommen.«
    Sie zog ein langes Gesicht, aber eine andere Möglichkeit, als sich weiter zu quälen, gab es nicht. Das Kind schlief im Tragetuch ein, während sie erschöpft und schweigend über die Pfade trotteten. Der Fluss wand sich in der Ferne, ein langes blaues Band, das langsam die Farbe änderte, während die Sonne es sich auf den westlichen Bergen gemütlich machte. Sie konnten ihn deutlich durch die Bäume sehen und stießen bald darauf auf einen kleinen Nebenfluss. Yvon folgte ihm ein Stück stromaufwärts und suchte nach einer niedrigen Stelle mit schnell fließendem Wasser.
    »Wir müssen hinüberwaten«, sagte er.
    Die Amme biss sich auf die Lippe. »Gibt es keine Brücke?«
    »An den Brücken werden die Soldaten des Barons zuerst ihre Wachposten aufgestellt haben. Außerdem bevorzugen die Flussdämonen tieferes Wasser, und sie sind immer noch träge vom Frühling.« Den großen Hunger der Dämonen nach dem Winter verschwieg er.
    Sie entdeckten eine geeignete Furt mit einem ebenen Schieferbett, höchstens ein oder zwei Fuß tief. Das Wasser war klar und eiskalt.
    Yvon machte sich zuerst auf den Weg. Auf der anderen Seite angekommen winkte er Xaragitte, ihm zu folgen. »Seht her, es ist sicher.«
    Das Wasser perlte durch das Gras, als sie ihren Rock hob und in die gekräuselte Oberfläche der Furt trat. Mitten im Bach zögerte sie, stöhnte laut auf und blieb dann stocksteif stehen. Yvon eilte stolpernd zu ihr und versank dabei bis zur Taille im Wasser. Als er sie
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